Black Cats 01. Was kostet der Tod
nicht gewohnt, so untätig herumzusitzen. Natürlich hatte er schon Observierungsaufträge durchgeführt, die sich als langweilig und unergiebig entpuppt hatten. Aber das hier … zum Teufel, es fühlte sich an, als würde er ein Nickerchen halten, während ein Drache sich auf seinen Sohn stürzte.
»Gerne. Ich bin am Verhungern.«
»Ich auch.«
»Einverstanden mit kalter Pizza?«
Die hatten sie am Dienstagabend bestellt. Und kaum davon gegessen, denn schließlich wollten sie nichts vernaschen als einander. Verdammt, das schien eine Ewigkeit her zu sein.
»Kalte Pizza ist völlig in Ordnung«, antwortete er. Gerade öffnete er noch einmal den Mund, um hinzuzufügen, wie viel besser sie ihm in der Nacht im Bett geschmeckt hatte, als jemand an ihre Haustür klopfte.
Stacey erstarrte und warf einen Blick in Richtung Tür. »Ich erwarte niemanden.«
Es war mitten an einem sonnigen Nachmittag in einer amerikanischen Kleinstadt. Offensichtlich zehrte dieser Fall an ihren Nerven, wenn schon der Gedanke an einen unerwarteten Besucher sie zusammenzucken ließ. Er wünschte sich sehnlichst, sie müsste so etwas in dem sicheren Hafen, in den sie sich vor zwei Jahren zurückgezogen hatte, nie empfinden.
»Vielleicht sind es nur ein paar Kinder, die Kekse verkaufen.«
Sie entspannte sich nicht. Stattdessen näherte sie sich mit leisen, vorsichtigen Schritten der Tür und neigte den Kopf zur Seite, um durch das schmale Fenster neben dem Türrahmen zu schauen.
In dem Moment wurde Dean klar, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Dann fiel ihm der Hund ein. Himmel, kein Wunder, dass sie nervös war! Wie idiotisch von ihm, dass er nicht gleich daran gedacht hatte. Über den Vorfall hatten sie nicht mehr gesprochen, seit sie vorgestern zusammen im Auto gesessen hatten.
»Stacey, warte!«, drängte er. »Lass mich aufmachen!«
Sie hatte schon die Hand auf die Klinke gelegt. »Schon gut«, antwortete sie. »Es ist sowieso nicht für mich. Es ist für dich.«
Sie öffnete die Tür. Draußen standen Mulrooney und Stokes.
Er fragte sie nicht, woher sie wussten, dass er bei Stacey zu Hause war. Oder wie sie die Adresse herausgefunden hatten. Denn beide hatten die Stirn in finstere Falten gelegt. Mulrooneys Anspannung war beinahe greifbar. Sein Jackett spannte über seinen steifen Schultern. Stokes Kinn schien aus Granit gemeißelt.
»Was ist los?«
Mulrooney antwortete: »Sie haben es nicht geschafft.«
»Was haben sie … « Die Wahrheit dämmerte ihm. »Oh, verflucht!«
Neben ihm hob Stacey zitternd die Hand vor den Mund, als auch sie es begriff.
Mulrooney erklärte es dennoch. »Lily und Brandon haben versucht, die Internetseite vom Netz zu nehmen, aber es ist ihnen nicht gelungen.«
»Oh nein!«
»Das ist noch nicht das Schlimmste.«
Dean fragte nicht, was noch schlimmer sein konnte. Er wusste es bereits. »Die Auktion?«
»Sie ist vorbei.«
Vorbei. Wenige Stunden, nachdem sie angekündigt worden war. Nicht einmal eine Woche war seit der letzten vergangen. Entweder war der Täter verrückt, verzweifelt oder lebensmüde. »Das bedeutet, wir haben ungefähr vierundzwanzig Stunden, um diesen Kerl zu finden und ihn daran zu hindern, eine weitere Frau umzubringen«, schlussfolgerte er.
Jackie Stokes schüttelte den Kopf. Zum ersten Mal, seit er sie vor einigen Wochen kennengelernt hatte, wirkte sie nicht hundertprozentig professionell. Ihre Lippen zitterten fast unmerklich.
Das war nicht gut. Ganz und gar nicht.
»Es geht nicht einfach nur um Mord, und es geht nicht um eine Frau«, begann sie. Dann verstummte sie, als könnte sie sich nicht überwinden, den Satz zu beenden.
Stattdessen fuhr Mulrooney fort.
»Es geht um Vergewaltigung, Folter und Mord. Und diesmal ist das Opfer ein Kind.«
Mulrooney und Stokes wollten gleich aufbrechen und Warren Lee befragen. Sie hatten eine Liste der amerikanischen Lieferwagen angefordert, die in der Region gemeldet waren, und diese Liste war lang. Viel zu lang. Aber Warrens Name stand auch darauf.
Andererseits tauchte auch ihr eigener Vater auf der Liste auf. Ihr Bruder. Und Randy.
Dean wollte lieber wieder zu Dicks fahren und versuchen, noch mehr Leute zum Reden zu bringen, indem sie ihre neuen Erkenntnisse über Mitchs Streit mit Lisa verwendeten – und die Tatsache, dass niemand in der Kneipe daran gedacht hatte, ihnen davon zu erzählen.
Stacey hatte andere Pläne. »Wissen Sie noch, wie ich Ihnen erzählt habe, dass mein Vater über zwanzig Jahre lang Sheriff in
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