Black Cats 01. Was kostet der Tod
zurückgelassen worden; einen Leichnam hatte man auf einer Mülldeponie gefunden, einen auf der Toilette eines Rastplatzes. Die Tatorte verteilten sich über vier Bundesstaaten, und die einzige Verbindung zwischen ihnen war das Internet.
Eine gruselige Vorstellung, dass die Fälle vielleicht nie miteinander in Zusammenhang gebracht worden wären, wenn Cole nicht zufällig Satan’s Playground entdeckt hätte.
»Und wenn der Sheriff Lisa Zimmerman als das erste Opfer des Sensenmanns identifiziert … ?«
Wyatt stellte den Motor ab, und die Hitze drang so schnell von außen in die Limousine, als pumpte sie jemand hinein. »Dann werden Sie wohl eine Weile in Hope Valley bleiben.«
Dean stieg aus dem Wagen und wartete, bis ein rostiger Ford an ihm vorbeigekrochen war. Dann überquerte er die Straße, und Wyatt folgte ihm. Er betrat das Revier – keine Türsummer, keine Metalldetektoren – und schaute sich um. In dem leeren Foyer standen drei Klappstühle.
»Fällt Ihnen irgendwas auf?«, fragte Wyatt amüsiert.
Dean nickte. Nicht nur, dass jegliche Sicherheitsvorkehrungen fehlten. Hier war keine Menschenseele zu sehen. Es war so still wie in einer Kirche. Auch der verglaste Empfangsbereich war leer. Der Bürostuhl stand in einigem Abstand zum Schreibtisch und war herumgedreht, als ob sein Besitzer mitten in der Bewegung aufgesprungen wäre.
»Kleine Siesta?«, murmelte Dean.
Als er sich gerade fragte, ob sie sich auf die Jagd nach dem Sheriff würden begeben müssen, hörte er plötzlich laute Stimmen aus einem Zimmer am anderen Ende des Flurs, das die Aufschrift Privat trug.
»Verdammt noch mal, Stacey, wenn du deinen Job nicht besser zu nutzen weißt, dann tritt ihn an jemanden ab, der das kann!«
Dean und Wyatt wechselten einen kurzen Blick – das klang so, als drohte da jemand einem Polizeibeamten! Beide wurden sofort außerordentlich hellhörig.
»Seit wann gehört es zu meiner Arbeit, dir den Arsch zu retten? Ich bin nicht dafür verantwortlich, dafür zu sorgen, dass du nicht gefeuert wirst«, entgegnete eine Frauenstimme, knapp und entschieden. Sie klang ruhig und hatte nichts von der grollenden Wut, die eben in der männlichen Stimme zu hören gewesen war. »Du willst deinen Job nicht verlieren? Dann überzeug deinen Chef davon, dass du nichts mit dem fehlenden Geld in der Kasse zu tun hast. Kriech ihm in den Arsch oder was immer du dafür tun musst.«
Während Dean lauschte, wurde ihm klar, dass er diese Frauenstimme kannte. Das Selbstbewusstsein, das in ihr mitschwang, hatte ihm bereits gestern am Telefon imponiert, vor allem, weil sie nicht nur kraftvoll und entschieden klang, sondern auch rauchig und erotisch. Sheriff Rhodes, so viel wusste er bereits, ließ sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Was, nach dieser morgendlichen Auseinandersetzung zu urteilen, gar nicht schlecht war. Offensichtlich stellte ihr Job sie vor einige ungewöhnliche Herausforderungen.
»Du kannst doch mit ihm reden! Dad hätte das für mich getan. Droh ihm ein bisschen, sag ihm, dass du das Parkverbot hinterm Autohaus durchsetzt! Du bist meine Schwester, verflucht – sollte das nicht zu irgendetwas nütze sein?«
Aaah. So war das also. Das war nicht irgendein Ortsbewohner, der eigenwillige Forderungen stellte. Das war ein großmäuliger Bruder, der versuchte, seine Schwester unter Druck zu setzen. Dean wartete neugierig ab, wie sie reagieren würde – er selber hätte diesen Jammerlappen von Bruder längst hinausgeworfen.
»Raus aus meinem Büro!« Sehr gut.
»Ich war wirklich geduldig mit dir, Tim. Wir alle waren das. Aber langsam haben wir genug von deinem Blödsinn. Das Einzige, was du zustande bringst, ist, dich zu besaufen und mit Randy von einem Schlamassel in den nächsten zu geraten, als wärt ihr immer noch Teenager. Werd endlich erwachsen!« Ihr Tonfall wurde zunehmend schärfer. Dean konnte hören, dass sie bald die Geduld verlieren würde. Wenn ihr Bruder auch nur einen Funken Verstand besaß, sollte er wirklich schleunigst verschwinden, bevor es zu spät war. Er spürte, dass der Sheriff ein ernst zu nehmender Gegner wäre.
»Geh nach Hause, hör auf, dich selbst zu bemitleiden, und versuch, das wieder geradezubiegen!«
Was ihr Bruder daraufhin sagte, war zu leise, um es zu verstehen. Aber die Antwort des Sheriffs war nicht zu überhören. Mit Worten scharf wie ein Rasiermesser wies sie ihrem Bruder nochmals die Tür und fügte hinzu: »Ansonsten zeige ich dir, was für ein Miststück ich
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