Black Cats 01. Was kostet der Tod
näher heran und legte ihr intuitiv die Hand auf die Schulter. »Jetzt schon?«
Sie nickte. »Warren wird jedem, der es hören will, zurufen, dass wir bei der Suche nach einem Mordopfer seine Rechte mit Füßen treten. In der ganzen Stadt wird nur eine Person vermisst. Heute Abend wird es bis zu Winnie durchgesickert sein.« Schließlich schien Stacey die Hand auf ihrer Schulter zu bemerken. Sie starrte sie an, warf einen kurzen Blick auf ihre Deputys und machte einen Schritt zur Seite, nachdem sie Dean noch schnell dankbar zugenickt hatte. »Ich habe das bisher noch nie machen müssen. Die nächsten Angehörigen persönlich benachrichtigen.«
Es gehörte zu ihrem Job; früher oder später würde sie es tun müssen. Aber Dean beneidete sie nicht darum. Solche Nachrichten hatte er oft genug überbracht, um zu wissen, dass ihr eine harte Erfahrung bevorstand. Und dass sie mit der Familie befreundet war, würde es ihr noch erschweren.
»Ich kann dich begleiten«, bot er ihr an. Das war ein sinnvoller Vorschlag. Er, Stokes und Mulrooney würden die Familie und die Freunde des Opfers befragen müssen. Eigentlich hatten sie damit beginnen wollen, nachdem die Suche vollständig abgeschlossen war. Aber da der Grund für ihren Aufenthalt in Hope Valley jederzeit auffliegen konnte, tickte nun die Uhr. Sie mussten eine Liste von Verdächtigen zusammenstellen; Personen, die Lisa gekannt hatten, die an dem Abend in der Taverne gewesen waren, die oft die Stadt verließen oder die neuerdings mit Geld um sich warfen. Viele Fragen mussten gestellt werden, sie mussten mit vielen Leuten sprechen. Da konnten sie auch gleich bei der Mutter des Opfers beginnen.
In Deans Kopf tickte eine zweite Uhr noch viel dringlicher. Die Uhr auf Satan’s Playground . Bald würde eine weitere Auktion stattfinden; vielleicht war sie sogar bereits vorüber. So wichtig es ihm war, Lisas Leichnam ausfindig zu machen – er fürchtete, dass eine mögliche Spur, falls sie eine finden sollten, nicht ausreichen würde, um das Schwein früh genug zu kriegen und ihm das Handwerk zu legen.
Oder den Menschen zu retten, der als Nächstes auf seiner Liste stand.
Dieser Tag in Amber Torringtons Leben lief von Anfang an mies.
Erst hatten ihre dämlichen Eltern sich geweigert, die Selbstbeteiligung für die Reparatur ihres verbeulten Autos zu zahlen. Als ob es ihre Schuld wäre, dass ständig irgendwelche dämlichen Autofahrer vor ihr auf die Straße bogen oder viel zu langsam fuhren und damit provozierten, dass Amber auf sie draufkrachte.
Sie hatte sich einen Nagel abgebrochen und zwei Tage lang keinen Termin zur Maniküre bekommen. Höchste Zeit, sich ein anderes Nagelstudio zu suchen – sie waren unhöflich gewesen, als Amber am Telefon verlangt hatte, dass sie sie zwischen zwei anderen Kunden drannahmen.
Dann hatte Justin ihr erzählt, dass er es nicht geschafft hatte, Karten für das Konzert morgen Abend abzustauben, zu dem sie unbedingt hatte gehen wollen. Die fette Kuh Kelsey hatte so getan, als täte es ihr total leid für sie, und ihr dabei noch unter die Nase gerieben, dass sie selbst Tickets hatte. Sie war sogar noch so dreist gewesen, Amber zu bitten, dass sie ihren Mitarbeiterrabatt benutzen durfte, damit sie sich für das Konzert etwas Neues zum Anziehen kaufen konnte.
Das war bestimmt der schlimmste Tag ihres Lebens. Auf ihrem Kinn kündigte sich ein Pickel an. Und ihre durchgeknallte Chefin in dem Klamottenladen, in dem sie arbeitete, hatte die letzte Stunde nach Ladenschluss damit verbracht, sie wegen irgendwelcher fehlenden Kleidungsstücke in die Mangel zu nehmen, bis sie sich schließlich nur noch gegenseitig angeschrien hatten.
Vielleicht war es an der Zeit, sich einen anderen Job zu suchen. Einen, bei dem sie all ihre neuen Sachen tragen konnte.
Zum Glück war der Tag fast vorbei. Nur noch eine Stunde lang konnte in ihrem Leben etwas schieflaufen. Himmel, was gäbe sie darum, jetzt in ihrem Cabrio zu sitzen, auf die Interstate 95 zu fahren – und dann ab nach Süden. Florida wäre gut. Jeder andere Ort wäre besser als die langweiligste Stadt auf diesem Planeten, bekannt unter dem Namen Rockville, Maryland.
Sie stellte sich vor, wie sie mit geöffnetem Verdeck die Küste entlangfuhr – vielleicht mit einem heißen Südstaatler neben sich, der viel besser aussähe als Justin – , und merkte überhaupt nicht, dass sie nicht allein war. Bis sie beinahe in die schwarz verhüllte Gestalt hineinrannte, die vor ihr stand.
»Pass auf, wo
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