Black Cats 01. Was kostet der Tod
trat in die Badewanne. Sie schloss die Augen und wandte das Gesicht zum Duschkopf – wie ein Büßer, der um Absolution bittet.
Lange hielt sie die Augen geschlossen. Ströme heißen Wassers ergossen sich auf ihr Haar und über ihren Körper. Und erst als sie sicher war, dass die Seife nicht die Farbe von Blut annehmen würde, griff sie danach und begann sich zu waschen.
Sie wusste nicht, wie lange sie so dastand und sich verbrühte; irgendwann streckte sie jedoch die Hand nach dem Wasserhahn aus und drehte die Temperatur herunter. Aber die unvergossenen Tränen brannten immer noch hinter ihren Lidern. Sie glaubte nicht, dass das bald aufhören würde.
Gerade hatte sie sich die Pflegespülung aus dem Haar gewaschen, da hörte sie Dean von nebenan rufen.
»Hey, alles klar da drin?«
»Alles okay.« Sie krallte sich am Duschvorhang fest und beugte sich zu der offenen Seite am Kopfende der Badewanne. »Bist du fertig?«
»Es ist alles erledigt.«
»Danke«, wisperte sie und wusste, dass er sie nicht hören konnte.
»Hör mal, vielleicht sollte ich einfach ins Hotel zurückgehen. Ich muss mich dringend waschen.«
Nein. Gütiger Himmel, nein! Das Letzte, was sie jetzt wollte, war, aus dieser Dusche zu kommen und allein zu sein. Allein ihre rot gesprenkelten Klamotten aufsammeln zu müssen. Allein den Fußboden wischen zu müssen. Allein darüber nachdenken zu müssen, dass jemand sie hasste. So sehr hasste, dass er sie bestrafen wollte, indem er ein unschuldiges Tier umbrachte und mit seinem Blut ihre Haustür besudelte.
Allein ins Bett fallen und zu ihren düsteren Träumen ein weiteres Kapitel hinzufügen zu müssen.
»Geh nicht«, sagte sie. Als ihr klar wurde, dass sie wieder geflüstert hatte, räusperte sie sich. »Dean, bitte geh nicht weg!«
Stille. Dann: »Ich gehe mich im anderen Badezimmer waschen.«
»Nein.« Sie lehnte ihr Gesicht an die warme geflieste Wand und fügte hinzu: »Komm rein und dusch dich hier.«
Er antwortete nicht gleich, und während sie abwartete, fragte sie sich, ob sie gerade den Verstand verloren hatte. Ja, sie hatte ihn heute in der vollen Absicht hierher eingeladen, dass sie am Ende des Abends in ihrem Bett landen würden. Das sollte nach einem Bier geschehen, nach einer netten Unterhaltung, nach ein bisschen mehr flirten. Nachdem sie wenigstens ihr Haar in Ordnung gebracht und vielleicht ein bisschen Lidschatten aufgetragen hätte. Sie würden sich der Anziehungskraft hingeben, alles leicht und unbeschwert angehen und dann den nächsten Schritt tun.
Aber jetzt war alles anders.
Nicht nur, dass sie kaum aufrecht stehen konnte. Sie sah nicht gerade aus wie eine Frau, die einen Liebhaber empfängt. Eigentlich sah sie sogar wie der reinste Albtraum aus. Ihre Mundwinkel hingen vor Kummer herab, ihr Körper war durch das heiße Wasser gerötet. Ihre Augen waren furchtbar schwer und brannten wegen all der unvergossenen Tränen. Trotzdem hatte sie ihn gebeten hereinzukommen.
Und das tat er.
»Kannst du dich noch auf den Beinen halten?« Er stand einfach in der Türöffnung, groß und kraftvoll, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck vollkommener Zärtlichkeit. »Kann ich irgendetwas tun?«
Dass jemand, der so stark und ernst war, zu so viel Mitgefühl und Gutherzigkeit fähig war, raubte ihr beinahe den Atem. Sie fühlte sich, als würde sie gleich in tausend Stücke zerspringen. Sie hatte keinen Nervenzusammenbruch mehr gehabt, seit … nun ja, eigentlich noch nie. Trotzdem hatten all die Jahre, in denen sie die Dinge einfach nur genommen hatte, wie sie kamen, offensichtlich ihren Tribut gefordert. Denn genau in diesem Moment, nach einer unbedeutenden, hasserfüllten Tat, war sie nicht mehr sicher, ob sie noch einen einzigen Tag durchstehen würde.
Aber mit Dean gelang ihr das vielleicht.
Er strahlte eine so tiefe Menschlichkeit aus. Eine Fülle von Güte und Verständnis, die im Gegensatz zu all den Dingen stand, die er im Laufe seiner Karriere erlebt haben musste.
Sie beneidete ihn um diese Güte. Mehr noch, sie begehrte sie.
Während sie immer noch zum Großteil vom Duschvorhang verdeckt wurde, brachte sie nur ein einziges Wort hervor. »Bitte.«
Sein Blick begegnete ihrem. Bekräftigte die Verbindung zwischen ihnen. Dann griff er wortlos an den obersten Knopf seines Hemds und öffnete ihn. Er hielt die Augen weiter auf sie gerichtet, aber seine starken Hände bewegten sich abwärts, knöpften langsam das Hemd auf, bis er es abschüttelte und auf den Boden
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