Black CATS - Parrish, L: Black CATS
nicht das Recht, von ihm enttäuscht zu sein. Enttäuschung bedeutete, dass sie emotional schon viel zu tief drinsteckte. Was Alec tat oder nicht tat, hatte sie nicht zu kümmern.
Aber sie musste zugeben, dass sie sich ein bisschen getroffen fühlte. Sie fragte sich, ob er wirklich der Typ Mann war, der es sich so mit Frauen verscherzte. Wenn sie daran dachte, dass eine auf ihn geschossen hatte, fiel die Antwort ziemlich eindeutig aus.
»Wir sind fast da« , sagte er und brach das tiefe, nachdenkliche Schweigen. »Sie sind bestimmt froh, wieder zu Hause zu sein .«
»Ziemlich .«
Sie ahnte, dass er jetzt vorhatte, sie bis zur Haustür zu begleiten, sich zu verabschieden und sie nie mehr wiederzusehen. Es sei denn, der Psychopath, den er jagte, nahm noch einmal Kontakt zu Sam auf. Eigentlich sollte sie erleichtert sein, schließlich hatte es sie noch vor wenigen Tagen ziemlich genervt, wie Alec in ihr Leben eingedrungen war.
Sie war jedoch nicht erleichtert.
Was sollte sie denn jetzt machen – sollte sie diesen Darwin, diesen Professor aus ihrem Gedächtnis streichen? So tun, als wären seine und ihre Welt nie aufeinandergeprallt? Als hätte das FBI Sam nicht kurzzeitig verschleppt, damit sie ihnen half? Sollte sie vielleicht wieder ihre Alltagsroutine aufnehmen?
Von wegen.
Sie steckte mit drin. Mehr noch, sie wollte mit drinstecken. Sie hatte sich schon einmal ans FBI gewandt, als sie erkannt hatte, in welche Schwierigkeiten ihre Großmutter geraten war. Aber sie hatte sich nur im Stich gelassen gefühlt und sehr ohnmächtig. Jetzt war sie nicht mehr ohnmächtig. Heute hatte sie ihren Beitrag geleistet, um den betrügerischen Machenschaften im Internet Einhalt zu gebieten.
Wie könnte sie jetzt das Handtuch werfen, nur weil ihr erster Versuch, diesen Mörder zu ködern, gescheitert war?
Das war allerdings noch nicht alles.
Sam wollte nicht einfach in ihre Wohnung zurückkehren, zuschauen, wie Alec Lambert wegfuhr, und ihn dann nie wiedersehen. Während der gemeinsamen langen, ruhigen Stunden im Besprechungszimmer war irgendetwas in ihr wieder zum Leben erwacht. Vielleicht ein Teil ihrer Seele.
Was sie noch viel mehr überraschte: Ihre seit Langem vor sich hin schlummernde Libido hatte sich ebenfalls wieder geregt. Nur ein intensiver, ruhiger Blick auf Alec, während alle Warnlampen in ihrem Hirn ausgeschaltet und der ganze verletzte Stolz, der ganze Zorn einer zurückgewiesenen Frau in den Hintergrund getreten waren – und sie hatte die Wahrheit erkennen müssen.
Dieser Mann war Sex am Stiel, wie Tricia sagen würde. Ein Leckerbissen aus purer Männlichkeit, gut gebaut und so heiß, dass sich jede Frau die Finger verbrannte, die sich zu nah heranwagte.
In jenem Augenblick hatte sie ihn begehrt. Sie hatte sich nicht lediglich rational eingestanden, wie gut er aussah oder wie sehr sie seine Hand auf ihrer Schulter genossen hatte. Sie hatte ihn körperlich begehrt, mit einer Intensität, von der sie gar nicht mehr gewusst hatte, dass sie dazu imstande war. Dieses Verlangen war ein bisschen verblasst, als er zugegeben hatte, dass eine Frau ihn angeschossen hatte, und Sam sich dann einen Reim darauf machen musste – aber völlig verschwunden war es nicht.
Während der Fahrt nach Hause, trotz der angespannten Stimmung, war diese Begierde wieder aufgeflammt. Sie hatte die Wärme seines Körpers gespürt, hatte seine ruhigen Atemzüge gehört. Hatte beobachtet, wie er die Augen zusammenkniff und die Lippen aufeinanderpresste, wenn er in Gedanken versunken war. Hatte die muskulösen Umrisse seiner Schultern und Arme bemerkt, die sich unter dem Hemd abzeichneten, und seine breite Brust. Hatte den würzigen, männlichen Duft seiner Haut eingeatmet.
Ja, ihre Libido war eindeutig wieder erwacht, und zwar mit voller Wucht. Schießerei hin oder her, sie befahl ihr, etwas zu unternehmen, bevor Alec wieder aus ihrem Leben verschwand.
Aber konnte sie das wirklich riskieren? Konnte sie das wagen, wozu ihre Freunde und ihre Mutter sie seit Monaten aufforderten? Sollte sie wieder einem Mann gestatten, sie zum Lachen zu bringen? Ihn in ihr Bett lassen? In ihr Leben?
Oh nein! Auf gar keinen Fall. Andere Frauen schießen auf diesen Mann. Der bringt Ärger.
Sie wusste, dass sie auf die leise Stimme in ihrem Kopf hören sollte. Und sie wusste, dass sie das wahrscheinlich nicht tun würde. Denn sie hatte ja nicht vor, sich in ihn zu verlieben oder Gefühle für ihn zu entwickeln. Wäre denn ein bisschen Körperkontakt –
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