Black CATS - Parrish, L: Black CATS
in nicht allzu ferner Zukunft von den Toten auferstand.
6
Brandon hielt Wort. Noch vor ein Uhr waren die Audiodateien bei Wyatt angekommen. Der IT -Spezialist hatte sich die Aufnahmen von den Tagungsseminaren vorgenommen und sie auf einminütige Mitschnitte der Redner gekürzt, um Zeit zu sparen. Die beiden Veranstaltungen mit Podiumsdiskussionen hatte er in voller Länge belassen, aber hoffentlich würden sie sich nicht alles anhören müssen.
Außerdem hatte er die Aufzeichnung der Befragung der Fahrzeughalterin und ihrer Schwägerin mitgeschickt, die Lily sich zur Sicherheit auch anhören wollte.
Sie saßen zusammen am Küchentisch, hatten alle Türen und Fenster geschlossen, um störende Geräusche zu reduzieren, und schalteten nun die Lautsprecher ein. Sie begannen mit der Befragung. Es war nur ein oberflächliches Verhör, da die Ärztin zu keinem Zeitpunkt ernsthaft verdächtigt wurde, doch die Stimmen waren laut und deutlich zu hören. Sofort erklärte Lily, dass sie ihr völlig unbekannt waren.
Dr. Kean mit ihren knappen Antworten wirkte kompetent. Professionalität lag in ihrem Tonfall, obwohl sie aufrichtig bestürzt klang, als sie erfuhr, dass ihr Auto für ein Verbrechen benutzt worden war. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann«, erklang ihre bedauernde Stimme auf der digitalen Aufzeichnung, als sich die Befragung ihrem Ende näherte. »Können Sie mich bitte benachrichtigen, wenn Sie das Auto nicht mehr benötigen?«
»Natürlich, machen wir«, antwortete eine Männerstimme. »Wir sind Ihnen wirklich dankbar für Ihre Unterstützung, und Ihnen auch, Dr. Underwood.«
»Anspaugh«, murmelte Lily. Die Verachtung, die in diesem einen Wort steckte, verriet Wyatt deutlich, was Lily von dem anderen Agenten hielt. Dem Agenten, der sie hätte beschützen sollen.
»Wahrscheinlich wollen Sie Ihr Fahrzeug so schnell wie möglich zurückerhalten. Es tut uns schrecklich leid, dass wir Ihnen solche Unannehmlichkeiten bereiten.«
»Schmieriger Schleimscheißer«, kommentierte Lily. »Auf Dr.Keans Homepage habe ich gesehen, dass sie sehr attraktiv ist und ihre Schwägerin auch. Anspaugh kommt ja aus dem Sabbern förmlich nicht mehr raus.«
»Er hat auf deiner Trauerfeier ein oder zwei Tränen vergossen, bevor er begriffen hat, dass es ihm wegen der ganzen Sache mächtig an den Kragen gehen wird.«
»Und das auch nur, weil er es vor meinem Ableben nicht unter meinen Rock geschafft hat.«
Wyatt konnte sich ein leises Lächeln nicht verkneifen. So deutlich war die alte Lily nie geworden. Und sie war sehr viel netter gewesen. Offen gestanden gefiel ihm die jetzige Lily besser.
Zwar war Nettigkeit auch kein Fehler, aber er hatte sich immer Sorgen gemacht, ob sie robust genug war, um den Anforderungen ihres Jobs gewachsen zu sein. Außerdem hatte er nie genau gewusst, woran er bei ihr war. Es war immer schwer gewesen zu erraten, was die junge Agentin gerade dachte.
Ihre Gefühle waren ihr allerdings meist deutlich ins Gesicht geschrieben gewesen. Was in einem Beruf, in dem Objektivität und analytisches Denken gefragt sind, nicht eben von Vorteil war.
Eigenartig – die Frau, die die ganze Welt für tot hielt, würde ihren Job jetzt wahrscheinlich besser machen als früher.
»Ich will das Auto gar nicht wiederhaben. Ich will es einfach nur loswerden«, erklang die Stimme aus den Lautsprechern.
Lily seufzte, streckte die Hand aus und schloss die Audiodatei. »Weiter geht’s.«
Doch sie öffnete nicht sofort den ersten Mitschnitt der Seminare. Wyatt vermutete, dass er den Grund für ihr Zögern kannte. Zwar konnte sie es einerseits kaum erwarten, sich jede einzelne Stimme anzuhören. Auch wenn sie wusste, dass ihre Chancen ziemlich schlecht standen und sie wahrscheinlich überhaupt niemanden wiedererkennen würde.
Andererseits hatte sie aber bestimmt auch große Angst davor, dass es tatsächlich klappen könnte. Unvermittelt Worte aus dem Munde ihres einstigen Peinigers zu vernehmen, könnte sie völlig aus der Bahn werfen. Womöglich beschwor seine Stimme in ihrem Geist Erinnerungen herauf, und Lily bekam eine weitere Panikattacke, wie damals vor vielen Monaten, als sie sie gerettet hatten.
Wyatt konnte einfach nicht einschätzen, wie sie reagieren würde. Deshalb schob er seinen Stuhl näher an sie heran, um ihr notfalls beruhigend die Hand auf die Schulter legen zu können.
Als er jedoch so dicht bei ihr saß, merkte er plötzlich, dass er sich das besser hätte überlegen sollen. Ein
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