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Black CATS - Parrish, L: Black CATS

Black CATS - Parrish, L: Black CATS

Titel: Black CATS - Parrish, L: Black CATS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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Der Junge, der überlebt hatte.
    War seine Familie wirklich in diesem Haus umgebracht worden? Himmel, hatte er in seiner Kindheit tatsächlich den Mord an seinen Eltern mit angesehen?
    Während der ganzen Fahrt hatte Lily diese Gedanken nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Auch nicht, als Wyatt sie ohne viele Worte zu Hause abgeliefert hatte und danach verschwunden war. Natürlich hatte ihr Verstand die Löcher gestopft, die in der Geschichte des Betrunkenen gähnten. Sie ahnte, wenn sämtliche Löcher gefüllt waren, würde sie eine Erklärung für all das erhalten, was Wyatt ausmachte: seinen Scharfsinn, seine Verschwiegenheit, seinen einsiedlerischen Lebensstil. Seinen rätselhaften Charakter.
    All diese Antworten warteten nur darauf, enthüllt zu werden.
    Irgendwo da draußen schlummerte die Wahrheit. Das wusste sie. Ein Ausflug in die Redaktion der Lokalzeitung oder zur Bibliothek würde sie zu den entsprechenden Dokumenten führen. Wenn das nicht klappte, würde ein schwatzhafter Einheimischer, der die Geschichte der Stadt kannte, ihr höchstwahrscheinlich alle Fragen beantworten können.
    »So viele Fragen«, flüsterte sie und blickte aus dem Schlafzimmerfenster, von wo aus sie beobachtet hatte, wie seine Rücklichter die steile Einfahrt hinunter verschwunden waren.
    Lilywarnichtsicher,obdaswirklichnötigwar.DiegrundlegendenFaktenkanntesiebereits.IrgendetwasFurchtbareswarindiesemHausgeschehen.IrgendetwashatteWyattfürsLebengezeichnet,hatteausihmdenManngemacht,dererheutewar.
    »Wäre ich dazu wirklich imstande? So in seine Vergangenheit einzudringen, solch intime Fragen zu stellen?«, fragte sie sich leise, und ihr Atem beschlug die Scheibe – Beweis dafür, dass sich der Herbst diesmal tatsächlich früher einstellte. Sie drehte sich zum anderen Fenster um, das an der Ostseite aufs Meer hinausging. Sie schaute hinunter zum Ufer, auf die Schwärze des Wassers, die undeutlichen Umrisse des verfallenen Leuchtturms draußen am Strand – der Ort, den er sogar noch mehr zu hassen schien als das Haus – , und sie wusste, dass sie es nicht konnte.
    Keine Nachforschungen, keine Fragen. Das würde sie ihm nicht antun. Es war Wyatts Geschichte. Sein Geheimnis. Seine Vergangenheit. Wenn er wollte, dass sie davon erfuhr, dann würde er es ihr erzählen. Bis dahin konnte sie ihm nur denselben Respekt entgegenbringen, mit dem er sie immer behandelt hatte, und sich verdammt noch mal aus der Sache heraushalten. Das war das Mindeste, was sie tun konnte – bei allem, was sie ihm verdankte.
    Langsam ließ sie den Blick durchs Zimmer schweifen, betrachtete die geschwungenen Linien des antiken Himmelbetts, das warme, honigfarbene Eichenholz der Kommode und die sanft wogenden Vorhänge vor dem Fenster.
    Das Mörderhaus.
    Eigenartig, dass sie sich hier so sicher fühlte. So behaglich, auch wenn dieser Ort eine schreckliche Vergangenheit hatte, die ihr vielleicht eines Tages eröffnet werden würde.
    Noch eigenartiger war es, dass er sie hierhergebracht hatte. Sie war schwer verletzt worden, und ihr Retter hatte sie an den Schauplatz seiner düstersten Albträume gebracht, um sie vor der Welt zu verstecken. Er hatte alle Gefühle, die er mit diesem Haus verband, beiseitegeschoben und es für Lily hergerichtet. Und trotz der Erinnerungen, die für ihn aus jeder Wand und jeder Fuge sickern mussten, kam er Monat für Monat immer wieder her.
    Ein gigantisches Opfer, das er für sie gebracht hatte.
    Daher war das Allermindeste, womit sie das alles wiedergutmachen konnte, geduldig zu sein und darauf zu warten, dass er ihr von sich aus die Wahrheit erzählte. Auch wenn sie sehr wohl wusste, dass sie diesen Tag vielleicht nie erleben würde.

8
    Frank Addison war nicht so leichtgläubig gewesen wie der Zahnarzt aus Pennsylvania. Oder wie die beiden anderen Opfer, die vor lauter Erregung auf nichts anderes mehr geachtet hatten und blindlings zu ihrer eigenen Hinrichtung marschiert waren.
    Nicht so dieser Mann. Er war vorsichtig, misstrauisch. Seit er seinen Lieferwagen neben dem Motel abgestellt hatte, rang er wohl mit sich, ob er die Sache wirklich durchziehen sollte. Einen Moment lang hatte es sogar so ausgesehen, als würde er sich wieder davonmachen, ohne überhaupt einen Fuß in das dunkle, schmuddelige Zimmer gesetzt zu haben, wo alles so sorgfältig vorbereitet worden war. Der siebte Sinn dieses Mannes hatte seine Alarmglocken läuten lassen, und er hatte das Motel nur zögernd betreten – sein unbändiges Verlangen und der Gedanke

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