Black CATS - Parrish, L: Black CATS
und den geröteten Augen sah der Agent nicht besonders gut aus. Im Gegenteil, er machte den Eindruck, als lägen einige lange, schlaflose Nächte mit zu viel Schnaps hinter ihm. Aber offensichtlich arbeitete er gerade schon wieder daran, Crandalls Gunst zu gewinnen, indem er den stellvertretenden Direktor über Wyatts heimliche Ermittlung informiert hatte.
»Oh, sehr gut«, sagte Wyatt und zwang sich, dem anderen Agenten höflich zuzunicken. Er hatte ihn noch nie gemocht, und nachdem er Lily bei dem Einsatz damals nicht ausreichend beschützt hatte, hasste er ihn sogar abgrundtief. »Direktor Crandall hat mir gerade von den neuesten Informationen erzählt, die Ihnen zu meinem Fall durchgegeben wurden.«
Er wusste nicht, wer von beiden angesichts dieser Unverfrorenheit entsetzter dreinschaute, Crandall oder Anspaugh.
» Ihr Fall?«, blaffte Anspaugh schließlich. »Ich arbeite jetzt an diesem Fall.«
Ohne ihm Beachtung zu schenken, wandte sich Wyatt an den stellvertretenden Direktor. »Gibt es da ein Problem? Wir haben uns doch gerade bezüglich des Internetaspekts dieser Morde geeinigt?«
»Ja, aber … «
»Was soll dieses Gespräch dann überhaupt?« Er warf einen verächtlichen Blick in Anspaughs Richtung. »Special Agent Anspaugh hat doch in letzter Zeit an Steuerhinterziehungsfällen gearbeitet, nicht wahr?«
Anspaughs Augen quollen beinahe aus den Höhlen. Er wurde nicht gern an seinen Statusverlust erinnert.
Crandall jedoch brauchte diese kleine Gedächtnisstütze. In seinem Eifer, Wyatt fertigzumachen, war es ihm irgendwie entfallen, dass er Anspaugh ebenfalls zum Sündenbock gemacht hatte.
»Sehen Sie mal, Blackstone«, sagte Anspaugh, »Sie haben da jetzt nichts mehr zu melden. Der Anruf wegen Lil ging an mich. Sie können schließlich nicht gegen eine Ihrer eigenen Untergebenen wegen Mordes ermitteln.«
Wyatt schaffte es, einen gänzlich überraschten Gesichtsausdruck aufzusetzen. »Wie bitte?«
Crandall räusperte sich und warf Anspaugh einen finsteren Blick zu. »Um das klarzustellen, wir gehen nicht davon aus, dass Agent Fletcher eine Tatverdächtige ist. Wir gehen nicht einmal davon aus, dass sie noch lebt, trotz der gegenteiligen Beweise.«
»Sie haben Beweise dafür, dass sie lebt?«
»Die Dienstmarke … «
»… wurde ihr offensichtlich von dem Mann abgenommen, der sie im letzten Januar erschossen hat und, mit ihr im Fond dieses Lieferwagens, geflüchtet ist. Wer weiß, wo die Marke danach gelandet ist? Und selbst wenn Lily noch am Leben wäre, glauben Sie wirklich, sie wäre so dumm, ihre eigene Dienstmarke an einem Tatort liegen zu lassen?«
Anspaugh schien langsam nervös zu werden und riss wieder das Maul auf. »Kann natürlich sein, dass sie tatsächlich tot ist, aber dieser Fall hat irgendwas mit ihr zu tun. Und da kann ihr ehemaliger Chef nicht der Ermittler sein.«
Mit seidenweicher Stimme antwortete Wyatt: »Soweit ich mich entsinnen kann, Tom, stand Lily bei ihrem allerletzten Einsatz unter Ihrem Befehl.« Reiner, unverhohlener Zorn musste wohl in seinen Augen gestanden haben, denn Anspaugh wich unter seinem Blick fast unmerklich zurück. »Unter Ihrem Schutz . Sie haben mir nämlich versprochen, sie zu beschützen, wissen Sie noch?«
Anspaughs Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er mühsam schluckte. »So etwas konnte ja niemand ahnen.«
»Jeder weiß, dass man zwei unerfahrene Agenten, die nie etwas anderes gemacht haben als elektronische Überwachung, nicht ohne Verstärkung allein in einem Wagen zurücklässt.« Wyatt verschränkte die Arme vor der Brust, um zu verbergen, dass seine Hände sich zu Fäusten geballt hatten. »Kowalski war Computerexperte, genau wie Lily. Beide waren noch nie im Außendienst gewesen. Sie hätten ständig gedeckt werden müssen.«
Crandall warf den Kopf zurück. Sein Ärger richtete sich jetzt genauso gegen Anspaugh wie gegen Wyatt. Anspaugh war bei der Untersuchung der Geschehnisse zurechtgestutzt worden, und Crandall hatte das blaue Auge, das auch er dabei abbekommen hatte, nicht vergessen.
Anspaugh schien zu merken, dass ihm die Felle davonschwammen; stur und kampflustig stürzte er sich wieder in die Argumentation. »Hören Sie, Blackstone, wir wissen alle, dass Agent Fletchers Leiche nie gefunden wurde und sie noch am Leben sein könnte. Wenn das der Fall ist, dann hat sie die Seiten gewechselt und verschafft sich gerade ihre eigene Gerechtigkeit. Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Cyber Division nicht gegen abtrünnige
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