Black Coffee
Raum. Richard folgte seiner Tante, und nach kurzem Zögern verließ auch Lucia hastig die Bibliothek. Poirot und Hastings blieben allein bei dem toten Sir Claud zurück.
7
Kaum waren alle draußen, wandte sich Hastings ungeduldig an Poirot: »Nun, was meinen Sie?«
»Schließen Sie bitte die Tür, Hastings«, war alles, was er zur Antwort bekam. Während Hastings dem Geheiß folgte, sah Poirot sich unter bedächtigem Kopfschütteln in der Bibliothek um. Er ging hierhin und dahin, besah sich die Möbel und blickte dann und wann zu Boden.
Plötzlich bückte er sich, um unter den umgekippten Stuhl zu sehen, auf dem, als das Licht ausgegangen war, der Sekretär gesessen hatte. Poirot hob etwas Kleines darunter auf.
»Was haben Sie da gefunden?« erkundigte sich Hastings.
»Einen Schlüssel«, antwortete Poirot. »Sieht mir ganz nach einem Safeschlüssel aus. Ich habe vorhin in Sir Clauds Arbeitszimmer einen Safe gesehen. Hätten Sie wohl die Güte, lieber Hastings, diesen Schlüssel daran auszuprobieren und mir zu sagen, ob er paßt?«
Hastings nahm den Schlüssel und ging ins Arbeitszimmer, während Poirot noch einmal zu dem toten Wissenschaftler ging, ihm in die Hosentasche faßte, einen Schlüsselbund herauszog und sich jeden der daran hän-genden Schlüssel ansah. Hastings kam zurück und berichtete, daß der Schlüssel tatsächlich zu dem Safe im Arbeitszimmer passe. »Ich kann mir schon denken, was sich hier abgespielt hat«, sprach Hastings dann weiter. »Sir Claud wird den Schlüssel fallen gelassen haben, und – äh...«
Er verstummte, als er Poirot mit zweifelnder Miene den Kopf schütteln sah. »O nein, mon ami , geben Sie mir mal den Schlüssel«, sagte der Detektiv mit gerunzelter Stirn, als könnte er irgend etwas nicht begreifen. Er nahm den Schlüssel von Hastings und verglich ihn mit dem am Schlüsselbund, den er daraufhin dem toten Wissenschaftler wieder in die Tasche steckte, während er den einzelnen Schlüssel in der Hand behielt. »Das hier«, sagte er zu Hastings, »ist ein Nachschlüssel. Ein schlechtes Duplikat übrigens, aber es wird seinen Zweck erfüllt haben.«
»Das hieße also...« rief Hastings aufgeregt.
Eine warnende Geste von Poirot ließ ihn verstummen.
Beide drehten sich um, als ein Türknauf gedreht wurde und die Dielentür langsam aufging. Herein kam Treadwell, der Butler.
»Ich bitte um Verzeihung, Sir«, sagte Treadwell, »aber der gnädige Herr hatte mir aufgetragen...« Er unterbrach sich, als er die reglose Gestalt seines Herrn im Lehnstuhl sah.
»Ich muß Ihnen leider sagen, daß Ihr gnädiger Herr tot ist«, sagte Poirot. »Darf ich nach Ihrem Namen fragen?«
»Treadwell, Sir.« Der Butler ging an den Lehnstuhl und blickte auf die Leiche seines Herrn hinunter. »Ach Gott. Der arme Sir Claud«, sagte er leise. Dann drehte er sich wieder zu Poirot um. »Bitte verzeihen Sie mir, Sir, aber das ist ein schwerer Schock für mich. Darf ich fragen, was passiert ist? War es – Mord?«
»Wie kommen Sie darauf?« fragte Poirot zurück Der Butler antwortete mit leiser Stimme: »Es sind heute merkwürdige Dinge in diesem Haus vorgegangen, Sir.«
»Oho«, rief Poirot. Er wechselte rasch einen Blick mit Hastings. »Würden Sie mir wohl von diesen merkwürdigen Dingen erzählen?«
»Hm, da weiß ich gar nicht, womit ich anfangen soll, Sir«, sagte Treadwell. »Ich – ich glaube, daß irgend etwas nicht stimmt, habe ich zum ersten Mal gespürt, als dieser italienische Herr zum Tee kam.«
»Der italienische Herr?«
»Dr. Carelli, Sir.«
»Kam er unerwartet zum Tee?« fragte Poirot.
»Ja, Sir, und Miss Amory hat ihn dann noch zum Abendessen eingeladen, weil er doch ein Freund von Mrs. Richard ist. Aber wenn Sie mich fragen, Sir...«
Er brach ab, und Poirot versuchte ihn mit einem »Ja?«
zum Weiterreden zu ermuntern.
»Sie werden hoffentlich verstehen, Sir«, sagte Treadwell, »daß es nicht meine Gewohnheit ist, über die Familie zu schwatzen. Aber da der gnädige Herr nun tot ist...«
Wieder brach er ab, und Poirot sagte mitfühlend: »Ja, das verstehe ich. Sie haben sicher sehr an Ihrem Herrn gehangen.« Treadwell nickte, und Poirot fuhr fort: »Sir Claud hatte nach mir geschickt, weil er mir etwas mitteilen wollte. Darum müssen Sie mir jetzt alles sagen, was Sie wissen.«
»Nun gut«, gab Treadwell nach. »Also – meiner Ansicht nach wollte Mrs. Richard Amory nicht, daß der italienische Herr zum Abendessen blieb, Sir. Ich habe ihr Gesicht gesehen, als Miss
Weitere Kostenlose Bücher