Black Coffee
sehr...«
»Was fürchten Sie?« rief Barbara, indem sie auf ihn zuging.
Poirot sah sie an. »Ich fürchte, Sir Claud hat mich zu spät gerufen, Mademoiselle.«
6
Poirots Worte ernteten allgemeine Bestürzung. Dr. Carelli untersuchte Sir Claud noch eine Weile weiter, dann richtete er sich auf und drehte sich zu den anderen um. »Es tut mir leid«, sagte er zu Richard Amory, »aber Ihr Vater ist tot.«
Richard starrte ihn ungläubig an, als könnte er gar nicht begreifen, was der italienische Arzt da zu ihm sagte.
Dann stammelte er: »Mein Gott – wieso – war es Herzversagen?«
»Das – nehme ich an«, antwortete Carelli mit leichtem Zweifel im Ton.
Barbara ging ihre Tante trösten, die einer Ohnmacht nahe schien. Edward Raynor half ihr, Miss Amory zu stützen, wobei er Barbara zuflüsterte: »Der Mann ist doch wohl wirklich Arzt?«
»Ja, aber nur ein italienischer«, flüsterte Barbara zurück, während sie mit vereinten Kräften Miss Amory auf einen Stuhl setzten. Poirot, der Barbaras Bemerkung gehört hatte, schüttelte unwillig den Kopf. Dann strich er mit unendlicher Sorgfalt seinen prächtigen Schnurrbart zurecht und sagte mit nachsichtigem Lächeln: »Und ich bin Detektiv – aber nur ein belgischer. Doch auch wir Ausländer, Madame, kommen hin und wieder zum richtigen Ergebnis.«
Barbara hatte den Anstand, wenigstens eine Spur verlegen dreinzuschauen. Sie und Raynor flüsterten weiter miteinander. Plötzlich ging Lucia zu Poirot, nahm ihn beim Arm und zog ihn von den anderen fort.
»Monsieur Poirot«, beschwor sie ihn atemlos, »Sie müssen hierbleiben, Sie dürfen sich nicht fortschicken lassen.«
Poirot sah sie ruhig an. Dann fragte er mit unbewegter Miene: »Ist es demnach Ihr Wunsch, daß ich hierbleibe, Madame?«
»Ja, ja«, antwortete Lucia mit einem bangen Blick zu dem toten Sir Claud im Lehnstuhl. »Hier stimmt etwas nicht. Mein Schwiegervater hatte ein kerngesundes Herz. Kerngesund, sage ich Ihnen. Bitte, Monsieur Poirot, Sie müssen herausbekommen, was passiert ist.«
Dr. Carelli und Richard Amory standen noch bei Sir Clauds Leiche, Richard, zu keiner Entscheidung fähig, schien regelrecht versteinert. »Ich würde Ihnen jetzt raten, Mr. Amory«, sagte Carelli, »nach dem Hausarzt Ihres Vaters zu schicken. Er hatte doch sicher einen?«
Richard riß sich mit Mühe zusammen. »Wie? Ach so, ja«, antwortete er. »Dr. Graham. Kenneth Graham. Er hat eine Praxis im Dorf. Im übrigen hat er ein Auge auf meine Kusine Barbara geworfen. Ich meine – Entschuldigung, das tut wohl nichts zur Sache.« Er sah sich nach Barbara um und rief: »Welche Telefonnummer hat Kenneth Graham?«
»Market Cleve fünf«, antwortete Barbara, und Richard ging zum Telefon, nahm den Hörer ab und verlangte die Nummer. Während er auf die Verbindung wartete, fragte ihn Edward Raynor, der sich seiner Sekretärspflichten zu erinnern schien: »Soll ich jetzt vielleicht den Wagen für Monsieur Poirot bestellen?«
Poirot wollte mit einer bedauernden Geste etwas sagen, aber Lucia kam ihm schon zuvor. »Monsieur Poirot bleibt hier – auf meine Bitte«, erklärte sie den Anwesenden.
Richard, den Hörer am Ohr, drehte sich überrascht um.
»Was soll das heißen?« fragte er seine Frau gereizt.
»Ja, Richard, er muß hierbleiben«, rief Lucia fast hysterisch.
Miss Amory sah befremdet auf, Barbara und Edward Raynor wechselten besorgte Blicke. Dr. Carelli betrachtete nachdenklich den leblosen Körper des großen Wissenschaftlers, während Hastings, der gedankenverloren die Buchrücken auf den Regalen der Bibliothek studiert hatte, sich jetzt umdrehte und in die Runde blickte.
Ehe Richard auf Lucias Ausbruch eingehen konnte, nahm das Telefon seine Aufmerksamkeit in Anspruch.
»Oh, was... Ist dort Dr. Graham?« fragte er. »Kenneth, hier Richard Amory. Mein Vater hatte einen Herzanfall. Können Sie sofort kommen?... Also, eigentlich...
Ich fürchte, da gibt es nichts mehr zu tun... Ja, er ist tot... Nein... Doch, leider... Danke.« Er legte auf, dann ging er zu seiner Frau auf der anderen Seite der Bibliothek und zischte erregt: »Lucia, bist du verrückt geworden? Was tust du? Ist dir nicht klar, daß wir diesen Detektiv loswerden müssen?«
Lucia sah verwundert zu ihm auf. »Wie meinst du das?« fragte sie.
Sie tuschelten miteinander, leise, aber immer erregter.
»Hast du nicht gehört, was mein Vater gesagt hat?« fragte Richard und zitierte vielsagend: »›Der Kaffee schmeckt sehr bitter.‹«
Lucia
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