Black Coffee
Sie haben diese rätselhafte Geschichte bei Styles aufgeklärt, wissen Sie noch? Der letzte Fall, in dem wir zusammengearbeitet haben, liegt jetzt zwei Jahre zurück, nicht? Die Geschichte mit diesem italienischen Adligen in London. Ach ja, es tut richtig gut, Sie mal wiederzusehen, Poirot. Mich hat's ja fast umgehauen, als ich vor ein paar Minuten hier hereinkam und als erstes Ihren ulkigen Schnauzer sah.«
»Schnauzer?« Poirot machte ein verwundertes Gesicht.
Noch immer konnte die Sprache dieses Landes ihm Rätsel aufgeben.
»Ihren Schnurrbart, alter Freund«, übersetzte Japp grinsend. »Nun, was ist, arbeiten wir auch hier zusammen?«
»Mein lieber Japp«, antwortete Poirot lächelnd, »Sie kennen doch meine kleinen Schwächen.«
»Alter Geheimniskrämer!« rief Japp und haute ihm auf die Schulter. »Sagen Sie, diese Mrs. Amory, mit der Sie sich vorhin unterhielten, als ich hereinkam, die ist ja eine richtige Schönheit. Richard Amorys Frau, nehme ich an? Hat Ihnen doch bestimmt Vergnügen bereitet, Sie alter Genießer!«
Der Inspektor lachte schallend, dann setzte er sich auf einen der Stühle am Tisch. »Jedenfalls ist das hier ein Fall so ganz nach Ihrem Geschmack«, fuhr er fort.
»Gerade recht für Ihre verschlungenen Gehirnwindungen. Ich selbst habe für Giftmorde ja nicht viel übrig. Man hat nichts in der Hand. Erst mal feststellen, was das Opfer gegessen und getrunken und wer alles damit herumhantiert oder es auch nur angehaucht hat! Ich muß sagen, dieser Dr. Graham sieht die Sache ziemlich klar. Er meint, das Gift muß im Kaffee gewesen sein. Nach seiner Einschätzung müßte eine so hohe Dosis fast sofort gewirkt haben. Natürlich wissen wir das erst ganz genau, wenn wir den Laborbericht haben. Aber was wir bisher wissen, reicht schon mal, um anzufangen.«
Japp erhob sich wieder. »Also, mit diesem Raum hier bin ich fertig«, verkündete er. »Jetzt sollte ich wohl mal ein Wörtchen mit Mr. Amory reden und mir dann diesen Dr. Carelli vorknöpfen. Er scheint mir unser Mann zu sein. Aber immer offen bleiben, sage ich, immer offen bleiben.« Er ging zur Tür. »Kommen Sie mit, Poirot?«
»Aber natürlich werde ich Sie begleiten«, sagte Poirot und stand ebenfalls auf.
»Und Captain Hastings doch sicher auch?« meinte Japp lachend. »Er klebt doch immer wie ein Schatten an Ihnen, stimmt's, Poirot?«
Poirot warf seinem Freund einen vielsagenden Blick zu.
»Vielleicht möchte Hastings lieber hierbleiben«, meinte er.
Man merkte Hastings deutlich an, daß er sein Stichwort verstanden hatte. »Ja, ja«, sagte er. »Ich denke, ich bleibe lieber hier.«
»Wie Sie wollen.« Japp schien sich dennoch zu wundern.
Kaum hatten er und Poirot, gefolgt von dem jungen Konstabler, die Bibliothek verlassen, kam Barbara Amory, angetan mit einer rosa Bluse und heller Hose, vom Garten her zur Terrassentür herein. »Ach, da ist ja mein Mucki!« begrüßte sie Hastings. »Aber sagen Sie mal, was ist uns denn da eben ins Haus geschneit?« Sie ging zum Sofa und setzte sich. »Polizei?«
»Ja«, bestätigte Hastings. Er ging zu ihr und setzte sich neben sie. »Inspektor Japp von Scotland Yard. Er ist jetzt zu Ihrem Vetter gegangen, um ihm ein paar Fragen zu stellen.«
»Meinen Sie, er will mich auch was fragen?«
»Das glaube ich nicht. Aber selbst wenn«, versicherte Hastings ihr, »brauchen Sie keine Angst zu haben.«
»Oh, ich hätte doch keine Angst«, beteuerte Barbara.
»Ich glaube, ich fände es sogar richtig spannend. Allerdings wäre die Versuchung groß, ein bißchen aufzuschneiden, nur wegen des Aufsehens. Ich liebe Aufsehen, Sie auch?«
Hastings machte ein verdutztes Gesicht. »Ich – das weiß ich nicht. Nein, ich glaube, ich liebe kein Aufsehen.«
Barbara Amory musterte ihn spöttisch. »Ich muß sagen, Sie faszinieren mich. Wo haben Sie sich denn Ihr Leben lang herumgetrieben?«
»Ich – nun ja – ich war einige Jahre in Südamerika.«
»Habe ich mir doch schon gedacht!« rief Barbara. Sie schirmte mit der einen Hand ihre Augen ab und zeigte mit der anderen in die Ferne: »Die unendlichen Weiten. Deswegen sind Sie so köstlich altmodisch.«
»Tut mir leid«, sagte Hastings gekränkt.
»Oh, aber ich finde das doch herrlich«, beeilte sich Barbara zu versichern. »Ich finde Sie so süß, richtig süß!«
»Was verstehen Sie denn genau unter ›altmodisch‹?«
»Hm«, machte Barbara, »Sie glauben doch sicher an lauter verstaubten alten Kram, wie Schicklichkeit zum Beispiel, oder
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