Black Coffee
hat er eine große Abneigung. Er behauptet sogar, mit ihnen allein könne ein Detektiv nie einen Fall aufklären. Die eigentliche Arbeit, sagt er, findet hier drinnen statt, und dann tippt er sich an den Eierkopf und sagt im Brustton der Überzeugung: ›Die kleinen grauen Zellen – vergessen Sie nie die kleinen grauen Zellen, mon ami .‹«
»Ich finde ihn ja auch richtig knuddelig«, behauptete Barbara, »aber längst nicht so süß wie Sie mit Ihrem ›So ein schönes Zimmer‹!«
»Es ist aber ein schönes Zimmer«, beharrte Hastings leicht pikiert.
»Da bin ich anderer Meinung«, sagte Barbara. Sie ergriff seine Hand und versuchte ihn zur offenen Terrassentür zu ziehen. »Außerdem haben Sie sich jetzt genug daran geweidet. Kommen Sie.«
»Sie haben mich nicht verstanden.« Hastings entzog ihr seine Hand. »Ich habe es Poirot versprochen.«
»Ach«, sagte Barbara langsam, »Sie haben Monsieur Poirot versprochen, dieses Zimmer nicht zu verlassen? Aber warum?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Oho!« Barbara schwieg eine kleine Weile, dann änderte sich ihr Verhalten. Sie trat hinter Hastings und begann mit übertriebenem Pathos zu deklamieren: »Der Knabe stand auf dem lodernden Deck, das alle schon geflohen -«
»Wie bitte?«
»...das alle schon geflohen«, wiederholte sie. »Nun, mein Mucki?«
»Ich verstehe kein Wort«, rief Hastings fassungslos.
»Warum sollten Sie mich auch verstehen? Oh, Sie sind wirklich köstlich«, meinte Barbara und hakte ihn einfach unter. »Kommen Sie, lassen Sie sich auf Abwege bringen. Ehrlich, ich finde Sie ganz allerliebst.«
»Sie nehmen mich auf den Arm.«
»Ganz und gar nicht, o nein! Ich bin regelrecht verrückt nach Ihnen. Echte Vorkriegsware!«
Sie zog ihn von neuem zur Terrassentür, und diesmal fügte sich Hastings der sanften Gewalt. »Sie sind eine ungewöhnliche Person«, sagte er. »Ganz anders als alle Frauen, die ich je gekannt habe.«
»Freut mich zu hören. Das ist ein gutes Zeichen«, meinte Barbara, als sie im Türrahmen standen und einander ansahen.
»Ein gutes Zeichen?«
»Aber ja, es macht einer Frau Hoffnung.« Hastings errötete, und Barbara zog ihn unter fröhlichem Lachen in den Garten hinaus.
16
Nachdem Hastings und Barbara sich in den Garten verzogen hatten, blieb die Bibliothek nur für wenige Sekunden leer, dann ging die Dielentür auf, und Caroline Amory kam mit einem Handarbeitskörbchen herein. Beim Sofa angekommen, stellte sie das Körbchen ab, ließ sich auf die Knie nieder und begann zwischen Sitz und Rückenlehne herumzutasten. Schon ging die Tür wieder auf, und herein kam Dr. Carelli mit Hut und einem kleinen Koffer. Als er Miss Amory sah, blieb er stehen und murmelte eine Entschuldigung.
Leicht verlegen richtete Miss Amory sich auf. »Ich habe nur nach einer Stricknadel gesucht«, erklärte sie, was überflüssig war, denn sie hielt ihren Fund schon triumphierend in der Hand. »Muß mir hinter den Sitz gerutscht sein.« Dann ging ihr anscheinend die Bedeutung des Koffers auf, denn sie fragte: »Sie wollen uns verlassen, Dr. Carelli?«
Carelli legte Koffer und Hut auf einen Stuhl. »Ich habe das Gefühl, daß ich Ihre Gastfreundschaft nicht länger beanspruchen sollte«, sagte er.
Miss Amory, sichdich hocherfreut, war höflich genug, um leise zu murmeln: »Nun, wenn Sie meinen –« Da fiel ihr die momentane Situation wieder ein, und sie fügte hinzu: »Aber sind da nicht noch ein paar lästige Formalitäten —?« Unsicher brach sie die Frage ab.
»Schon, aber das ist alles geregelt«, beteuerte Carelli.
»Also, wenn Sie denn fort müssen –«
»Ja, ich muß.«
»Dann bestelle ich Ihnen den Wagen«, erbot Miss Amory sich schnell und wollte zum Kamin, um zu klingeln.
»Nein, danke«, wehrte Carelli ab, »das ist auch schon erledigt.«
»Aber Sie mußten doch sogar Ihren Koffer selbst heruntertragen. Also, diese Dienstboten! Völlig aufgelöst, alle miteinander!« Sie ging zum Sofa zurück, setzte sich und nahm ihr Strickzeug aus dem Körbchen.
»Die wissen nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht, Dr. Carelli. Seltsam, das Ganze, finden Sie nicht auch?«
Carelli versuchte, sich seine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen. »Ja, sehr«, sagte er beiläufig. Sein Blick wanderte zum Telefon.
Miss Amory begann zu stricken, wobei sie munter weiterplauderte. »Sie wollen wahrscheinlich den Zug um zwölf Uhr fünfzehn erreichen. Fahren Sie nur nicht auf die letzte Minute. Ich will Sie ja nicht verrückt machen.
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