Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Black Coffee

Black Coffee

Titel: Black Coffee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Ich sage immer, wenn man die Leute verrückt macht –«
    »Ja, ganz recht«, unterbrach Carelli sie herrisch, »aber ich denke, die Zeit wird sehr wohl ausreichen. Ich – äh – dürfte ich wohl einmal Ihr Telefon benutzen?«
    Miss Amory sah kurz auf. »Selbstverständlich«, antwortete sie, ohne sich beim Stricken stören zu lassen.
    Auf die Idee, daß Dr. Carelli sein Telefongespräch vielleicht ungestört fuhren wollte, kam sie offenbar nicht.
    »Danke.« Carelli ging zum Schreibtisch und tat, als müsse er die Nummer im Telefonbuch nachschlagen.
    Dabei blickte er ungehalten zu Miss Amory. »Ich glaube, Ihre Nichte hat Sie vorhin gesucht«, sagte er.
    Diese Mitteilung brachte Miss Amory nur auf ihre Nichte zu sprechen, nicht aber vom Stricken ab. »Die gute Barbara!« rief sie. »So ein liebes Mädchen! Aber unter uns gesagt, eigendich führt sie hier ein ziemlich tristes Leben, viel zu langweilig für ein junges Mädchen. Nun ja, aber das wird sich jetzt alles ändern, da bin ich ganz sicher.« Sie kostete diesen schönen Gedanken noch ein Weilchen aus, bevor sie fortfuhr: »Natürlich habe ich getan, was ich konnte. Aber ein junges Mädchen braucht Leben um sich. Das kann ihr alles Bienenwachs der Welt nicht ersetzen.«
    In Dr. Carellis Gesicht mischte sich deutliche Gereiztheit mit ebenso deudichem Unverständnis. »Bienenwachs?« fühlte er sich zu fragen bemüßigt.
    »Ja – oder Betamax heißt es, glaube ich. Vitamine jedenfalls. Steht zumindest auf der Dose. A, B und C.
    Alle auf einmal, nur das eine nicht, das man gegen Beriberi nimmt. Und das braucht man, wie ich glaube, hier in England wirklich nicht. Hier hat man nicht solche Krankheiten. Die gibt es, soviel ich weiß, in primitiven Ländern, weil sie den Reis polieren.
    Interessant. Ich habe es Mr. Raynor jeden Tag nach dem Frühstück gegeben – Bienenwachs meine ich. Er war doch so blaß, der arme Junge. Lucia wollte ich es auch geben, aber sie mochte es nicht.« Miss Amory schüttelte mißbilligend den Kopf. »Und dann muß man sich vorstellen, daß ich als junges Mädchen kein Karamel essen durfte, nur wegen dem Bienenwachs – ich meine Betamax. Aber die Zeiten ändern sich, ja, die Zeiten ändern sich.«
    Dr. Carelli schäumte mittlerweile vor Zorn, auch wenn er es sich um keinen Preis anmerken lassen wollte. »Ja, ja, Miss Amory«, antwortete er so höflich, wie er noch konnte. Dann versuchte er es etwas direkter: »Ich glaube, Ihre Nichte ruft Sie.«
    »Ruft mich?«
    »Ja. Hören Sie es nicht?«
    Miss Amory spitzte die Ohren. »N-nein«, gestand sie.
    »Merkwürdig.« Sie packte ihr Strickzeug zusammen.
    »Sie müssen aber gute Ohren haben, Dr. Carelli. Es ist ja nicht so, daß ich schlecht höre. Man hat mir sogar gesagt –«
    Das Wollknäuel fiel ihr herunter, und Carelli hob es auf. »Danke, vielen Dank«, sagte sie. »Die Amorys haben nämlich alle gute Ohren.« Sie erhob sich vom Sofa. »Mein Vater, es war erstaunlich, wie der seine Sinne beieinander hatte! Mit über Achtzig konnte er noch ohne Brille lesen.« Wieder ließ sie das Wollknäuel fallen, und Carelli bückte sich erneut, um es aufzuheben.
    »Oh, haben Sie vielen Dank«, plapperte Miss Amory munter weiter. »Ein ungewöhnlicher Mann, Dr. Carelli. Ich spreche von meinem Vater. Wirklich ungewöhnlich. Hat immer unter einem dicken Federbett geschlafen. Und die Fenster seines Schlafzimmers durften nie geöffnet werden. Die Nachtluft ist nicht gut für die Gesundheit, sagte er immer. Als er dann die Gicht bekam, wurde er leider von so einer jungen Schwester gepflegt, die unbedingt das Fenster wenigstens oben ein bißchen offen haben wollte, und mein armer Vater ist daran gestorben.«
    Schon wieder fiel ihr die Wolle herunter, aber diesmal drückte Carelli ihr das Knäuel, nachdem er es aufgehoben hatte, fest in die Hand und führte sie zur Tür, wobei Miss Amory sich jedoch alle Zeit der Welt ließ. »Ich habe gar nichts übrig für Krankenschwestern«, vertraute sie ihm an. »Sie klatschen über ihre Schützlinge, trinken viel zuviel Tee und machen einem immerzu das Personal verrückt.«
    »Sehr wahr, meine Verehrteste, sehr wahr«, gab Carelli ihr eilig recht und öffnete die Tür.
    »Vielen Dank«, sagte Miss Amory, während er sie mehr oder weniger aus dem Zimmer schob. Sogleich schloß Carelli die Tür, ging schnell an den Schreibtisch und nahm den Hörer vom Telefon. Nach kurzem Warten sagte er leise, aber drängend: »Hier Market Cleve drei-null-vier. Ein Gespräch

Weitere Kostenlose Bücher