Black Dagger 05 - Mondspur
Obwohl er kein Geräusch machte, musste er einfach sein Glücksgefühl herauslassen, und Wellsie lächelte. Ganz offensichtlich freute sie sich für ihn. Als er die Knöpfe diesmal richtig zumachte, dachte er, dass er noch nie jemanden so sehr geliebt hatte.
Die Stunden nach ihrer Rückkehr ins große Haus verbrachte Bella auf Zsadists Bett sitzend, das Tagebuch auf dem Schoß. Zuerst ließ sie das Heft einfach nur dort liegen, noch viel zu aufgewühlt von dem, was in ihrem Haus geschehen war.
Sie war nicht gerade überrascht, dass Zsadist genauso bedrohlich war, wie sie immer gedacht hatte. Und immerhin hatte er sie gerettet, oder etwa nicht? Wenn dieser Lesser, den er getötet hatte, sie in die Finger bekommen hätte, wäre sie wieder in einem Loch in der Erde gelandet.
Das Blöde war nur, dass sie sich einfach nicht entscheiden konnte, ob diese Tat ein Beweis für seine Kraft oder für seine Brutalität war.
Als sie sich endlich entschieden hatte, dass es vermutlich eine Mischung aus beidem war, machte sie sich Sorgen, ob es ihm gut ging. Er war verletzt und trotzdem noch da draußen unterwegs, wahrscheinlich auf der Suche nach weiteren Jägern. Lieber Himmel … Was wenn er …
Was wenn, was wenn. Sie würde noch durchdrehen, wenn sie so weitermachte.
Um sich irgendwie abzulenken, blätterte sie durch
das Buch und sah sich an, was sie im vergangenen Jahr geschrieben hatte. Zsadists Name spielte eine wichtige Rolle in den Einträgen kurz vor ihrer Entführung. Sie war wie besessen von ihm gewesen, und daran hatte sich nicht besonders viel geändert, wie sie jetzt feststellte. Um ehrlich zu sein, waren ihre Gefühle für ihn jetzt so stark, selbst nach dem, was er heute Nacht getan hatte, dass sie sich fragte, ob sie ihn nicht …
Liebte.
Plötzlich konnte sie nicht mehr allein sein, nicht mit dieser Erkenntnis, die ihr im Kopf herumging. Sie putzte sich die Zähne, bürstete ihre Haare und lief die Treppe hinunter, in der Hoffnung, jemandem zu begegnen. Schon auf halber Treppe jedoch hörte sie Stimmen aus dem Esszimmer und blieb stehen. Das letzte Essen für diese Nacht war in vollem Gange, und die Vorstellung, sich zu den ganzen Brüdern und Mary und Beth zu gesellen, war zu viel für sie. Außerdem wäre Zsadist vielleicht auch dabei. Wie sollte sie ihm gegenübertreten, ohne sich zu verraten? Der Mann würde sicher nicht gerade locker darauf reagieren, dass sie ihn liebte. Ausgeschlossen. Andererseits würde sie ihm früher oder später sowieso begegnen müssen. Und Versteckspielen war nicht ihr Stil.
Doch als sie unten ankam und auf den Mosaikboden der Eingangshalle trat, wurde ihr bewusst, dass sie vergessen hatte, ihre Schuhe anzuziehen. Wie konnte sie mit bloßen Füßen das Speisezimmer des Königs und der Königin betreten?
Sie blickte hoch zur Balustrade im oberen Stock und war plötzlich unfassbar erschöpft. Um nach oben und wieder herunterzulaufen, war sie zu müde; weiterzugehen war ihr zu peinlich. Also lauschte sie einfach nur den Geräuschen der Mahlzeit: Frauen- und Männerstimmen
plauderten und lachten. Eine Weinflasche wurde mit einem Ploppen entkorkt. Jemand dankte Fritz dafür, noch mehr Lamm aufgetragen zu haben.
Sie betrachtete ihre nackten Füße und dachte, was für eine Idiotin sie doch war. Sie fühlte sich völlig verloren wegen dem, was der Lesser ihr angetan hatte. Und schwach wegen dem, was sie Zsadist heute Nacht hatte tun sehen. Und so allein wegen dem, was ihr eben über ihre eigenen Gefühle für Zsadist klar geworden war.
Gerade wollte sie das Handtuch werfen und wieder nach oben gehen, als etwas an ihren Beinen entlangstrich. Erschrocken blickte sie auf den Boden. Die jadegrünen Augen einer schwarzen Katze starrten sie an. Das Tier blinzelte, schnurrte und rieb seinen Kopf an ihrem Knöchel.
Sie bückte sich und streichelte mit unsicheren Bewegungen das Fell der Katze. Sie war unvergleichlich elegant, schlank, grazil und geschmeidig. Und ohne besonderen Grund wurde ihr Blick verschwommen. Je mehr ihre Gefühle sich Bahn brachen, desto näher kamen Bella und das Tier sich, bis sie am Schluss auf der untersten Treppenstufe saß und die Katze auf ihrem Schoß lag.
»Er heißt Boo.«
Sie fuhr auf und hob den Kopf. Phury stand vor ihr, ein imposanter Mann, der nun nicht mehr seine Kampfmontur trug, sondern Kaschmir und Wolle. Er hielt eine Serviette in der Hand, als wäre er gerade erst vom Tisch aufgestanden, und er roch wirklich gut, als hätte er sich vor
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