Black Dagger 05 - Mondspur
nackt gewesen, und damals hatte er ganz bestimmt nicht ausgesehen wie ein Skelett. Und das war erst sechs Wochen her.
Unmittelbar vor Bellas Entführung …
»Zsadist? Wach auf, mein Bruder.«
Z regte sich, die schwarzen Augen öffneten sich langsam. Normalerweise wachte er abrupt und beim geringsten Geräusch auf, aber er hatte sich genährt, daher war er etwas träger als sonst.
»Sie wurde gefunden«, sagte Phury. »Bella wurde gefunden. Heute Morgen war sie noch am Leben.«
Z blinzelte ein paarmal, als wäre er sich nicht sicher, ob er träumte. Dann hievte er seinen Oberkörper von seinem Lager hoch. Die Ringe in seinen Brustwarzen fingen das Licht aus dem Flur auf, als er sich das Gesicht rieb.
»Was hast du gesagt?«, fragte er mit rauer Stimme.
»Wir haben einen Tipp bekommen, wo Bella ist. Und die Bestätigung, dass sie noch lebt.«
Plötzlich wurde Z hellwach, schob sich voran wie ein Zug, nahm Geschwindigkeit auf, erzeugte Energie durch den Schwung. Mit jeder Sekunde, die verstrich, kehrte mehr seiner Kraft zurück.
»Wo ist sie?«, herrschte er seinen Bruder an.
»In einem Haus im Wald. Ein Zivilist konnte entkommen, weil sie ihm bei der Flucht geholfen hat.«
Z sprang hoch und landete mit einem geschmeidigen Satz auf dem Boden. »Wie komme ich da hin?«
»Der geflüchtete Vampir hat V eine Karte gemailt, aber …«
Z war bereits auf dem Weg zum Schrank. »Besorg mir die Karte.«
»Es ist Mittag, Bruder.«
Ruckartig blieb Z stehen, ein eisiger Lufthauch entströmte seinem Körper, gegen den die übrige Temperatur im Raum geradezu wohlig warm wirkte. Und seine schwarzen Augen blitzten so gefährlich wie zwei polierte Vorschlaghämmer, als er über die Schulter schaute.
»Dann schick den Bullen. Schick Butch.«
»Tohr will ihn nicht lassen …«
»Scheiß drauf! Der Mensch geht.«
»Zsadist – hör auf. Denk nach. Butch hätte keinerlei Verstärkung, an dem Ort könnten aber unzählige Lesser sein. Willst du, dass sie bei einem verpfuschten Rettungsversuch getötet wird?«
»Der Bulle kommt schon klar.«
»Er ist gut, aber er ist nur ein Mensch. Wir können ihn nicht dorthin schicken.«
Z fletschte die Fänge. »Vielleicht hat Tohr vor allem davor Angst, dass der Kerl geschnappt wird und auf einem ihrer Tische über uns auspackt.«
»Ach, komm schon, Z, Butch weiß eine ganze Menge über uns. Also ist das natürlich auch ein Grund.«
»Aber wenn sie einem Gefangenen zur Flucht verholfen hat, was zum Henker glaubst du wohl, werden diese Lesser genau in diesem Moment mit ihr machen?«
»Wenn ein ganzer Trupp von uns bei Sonnenuntergang hingeht, dann haben wir viel bessere Chancen, sie lebend da rauszuholen. Das weißt du genau. Wir müssen abwarten.«
Nackt stand Z da, sein Atem ging heftig, die Augen waren schmale Schlitze voller glühendem Hass. Als er endlich wieder sprach, war seine Stimme nur ein böses Knurren.
»Tohr sollte besser beten, dass sie noch lebt, wenn ich sie heute Nacht finde. Sonst hole ich mir seinen beschissenen Kopf, Bruder oder kein Bruder.«
Phurys Blick wanderte zu dem Totenkopf auf dem Fußboden. Z hatte bereits einmal bewiesen, wie gut er jemanden enthaupten konnte.
»Hast du mich gehört, Bruder?«, zischte er.
Phury nickte. Mann, er hatte ein mieses Gefühl bei dieser Sache. Ein ganz mieses Gefühl.
6
Als O seinen Pick-up über die Route 22 lenkte, stachen ihn die Strahlen der untergehenden Nachmittagssonne in die Augen, und er fühlte sich wie verkatert. Ja … neben den Kopfschmerzen spürte er dasselbe Kribbeln im Körper wie früher nach einer durchzechten Nacht, die winzigen Zuckungen fühlten sich an wie Würmer unter der Haut.
Der lange Rattenschwanz des Bedauerns, den er hinter sich herschleppte, erinnerte ihn ebenfalls an die Tage, als er noch gesoffen hatte. Als er zum Beispiel neben einer hässlichen Frau aufgewacht war, die er verabscheute, aber trotzdem gevögelt hatte. Diese ganze Sache hier war genauso … nur viel, viel schlimmer.
Er umklammerte das Lenkrad. Seine Knöchel waren aufgeschlagen, und er wusste, dass er Kratzer am Hals hatte. Die Bilder des Tages blendeten ihn, und sein Magen rebellierte. Er war angeekelt von dem, was er dieser Frau angetan hatte.
Das heißt, jetzt war er angeekelt. Als er es getan hatte … war es ihm gerecht erschienen.
Um Himmels willen, er hätte einfach vorsichtiger sein sollen. Sie war doch trotz allem ein lebendiges Wesen … Scheiße, was, wenn er zu weit gegangen war? O Mann … Er
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