Black Dagger 07 - Menschenkind
Fingernägeln und zwischen seinen Beinen beschäftigt hatte. Butch würde bald sterben, aber wenigstens könnte er Petrus, falls er in den Himmel käme, in dem Bewusstsein in die Augen sehen, dass er kein Verräter war.
Oder war er schon gestorben und in die Hölle gekommen? War das des Rätsels Lösung? In Anbetracht einiger Dinge, die er auf Erden so abgezogen hatte, würde ihm schon einleuchten, warum er eher in Satans Gästetrakt landen sollte. Andererseits – müsste sein Peiniger dann nicht Hörner haben, wie es sich für Dämonen gehörte?
Okay, jetzt ging seine Fantasie mit ihm durch.
Er öffnete die Augen noch ein bisschen weiter, es war vielleicht Zeit, die Realität von dem hirnzerfressenden Quatsch zu trennen. Er hatte so ein Gefühl, dass dies vermutlich seine letzte Chance auf Bewusstsein war, deshalb sollte er lieber etwas Vernünftiges damit anfangen.
Seine Sicht war verschwommen. Hände … Füße … ja, genau, er war angekettet. Und er lag immer noch auf etwas Hartem, einem Tisch. Der Raum war … dunkel. Es roch nach Erde, also war er vermutlich in einem Keller. Die nackte Glühbirne beleuchtete … aha, das Folterwerkzeug. Schaudernd wandte er den Blick von der Ansammlung scharfer Gegenstände ab.
Was war das für ein Geräusch? Ein dumpfes Brüllen. Lauter werdend. Und noch lauter.
Sobald es abbrach, ging oben eine Tür auf, und Butch hörte einen Mann mit gedämpfter Stimme sagen: »Meister. «
Leise Antworten. Undeutlich. Dann eine Unterhaltung, zu der ein Fußpaar auf und ab lief, was Staub durch die
Dielen nach unten rieseln ließ. Schließlich wurde eine weitere Tür quietschend geöffnet, und die Treppe neben ihm knarrte.
Butch brach kalter Schweiß aus, er senkte die Augenlider. Durch den schmalen Spalt zwischen seinen Wimpern hindurch beobachtete er, was da auf ihn zukam.
Vorne lief der Lesser, der ihn bearbeitet hatte, der Kerl von letztem Sommer, aus der Caldwell Martial Arts Academy – Joseph Xavier war sein Name, wenn Butch sich richtig erinnerte. Der Typ dahinter war von Kopf bis Fuß in einen leuchtend weißen Umhang gehüllt, auch Gesicht und Hände waren vollständig bedeckt. Sah aus wie eine Art Mönch oder Priester.
Nur, dass er bestimmt kein Mann Gottes war. Als Butch die Ausstrahlung dieser Gestalt aufnahm, bekam er keine Luft mehr vor Widerwillen. Was auch immer sich da unter dem Umhang verbarg, war die Essenz des Bösen, die Sorte Schlechtigkeit, die Serienkiller antreibt und Vergewaltiger und Mörder und Leute, die Spaß daran haben, ihre Kinder zu schlagen: Hass und Bosheit, destilliert und in menschliche Form gegossen.
Butchs Angst wuchs schlagartig. Mit Prügel konnte er umgehen; der Schmerz war gemein, aber es gab einen definierten Endpunkt, und zwar, wenn sein Herz zu schlagen aufhörte. Doch was auch immer sich da unter dem Umhang versteckte, verhieß Leid von biblischem Ausmaß. Woher er das wusste? Sein ganzer Körper rebellierte, seine Instinkte befahlen ihm wegzurennen, sich zu retten … zu beten.
Worte kamen ihm in den Sinn, spazierten durch seinen Kopf. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln …
Das Haupt der verhüllten Gestalt drehte sich mit dem widerstandslosen Kreisen eines Eulenkopfes zu Butch herum.
Hektisch schloss er die Augen und betete den dreiundzwanzigsten
Psalm herunter. Schneller … er musste sich die Worte ins Gedächtnis rufen, schneller. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser … Er erquicket meine Seele und führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen …
»Ist das der Mann?« Die Stimme, die durch den Keller hallte, brachte Butch völlig aus dem Konzept, und er verlor den Faden: Sie war volltönend und hatte ein Echo, klang wie aus einem Science-Fiction-Film, mit unheimlicher Verzerrung.
»In seiner Waffe steckten die Kugeln der Bruderschaft.«
Zurück zum Psalm. Und schneller. Genau, und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück …
»Ich weiß, dass du wach bist, Mensch.« Die Echostimme bohrte sich direkt in Butchs Ohr. »Betrachte mich und erkenne den Meister deines Wächters.«
Butch schlug die Augen auf, wandte den Kopf und schluckte zwanghaft. Das Gesicht, das auf ihn herabblickte, war verdichtete Schwärze, ein zum Leben erwachter Schatten.
Omega.
Das Böse lachte kurz. »So, du weißt also, was ich bin?« Es richtete sich auf. »Hat er dir irgendetwas gesagt, Haupt- Lesser? «
»Ich bin noch nicht fertig.«
»Das heißt also
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