Black Dagger 09 - Seelenjäger
starrte sie aus der gegenüberliegenden Ecke des VIP-Bereichs an. Es war die Sicherheitschefin, die so muskulös wie ein Mann war und auch einen Männerhaarschnitt trug. Eine echt eiserne Lady. Phury hatte sie schon Männer verdreschen sehen, als würde sie Hunde mit einer Zeitung verscheuchen.
Aber Moment mal, sie sah gar nicht Phury an. Sie fixierte Butch.
»Wow, du hattest sie«, sagte Phury. »Stimmt’s?«
Butch zuckte die Achseln und schluckte den Lagavulin aus seinem Glas. »Nur einmal. Und das war vor Marissa.«
Phury blickte wieder zu der Frau und musste sich unwillkürlich fragen, wie der Sex wohl gewesen war. Sie wirkte wie die Sorte, die einen Mann Sternchen sehen lassen konnte. Und nicht unbedingt auf die spaßige Art.
»Kann denn anonymer Sex überhaupt was?«, fragte er und kam sich vor wie ein Zwölfjähriger.
Butchs Lächeln war träge. Hintergründig. »Früher dachte ich das schon. Aber wenn man nichts anderes kennt, klar, dann findet man kalte Pizza super.«
Phury trank ausgiebig von seinem neuen Martini. Kalte Pizza. Also das war es, was da draußen auf ihn wartete. Das machte ja Laune.
»Scheiße, ich wollte hier nicht die Spaßbremse spielen. Es ist einfach nur besser mit der Richtigen.« Butch kippte den Rest seines Whiskys herunter. Als eine Kellnerin das Glas abholen und ihm ein neues bringen wollte, sagte er: »Nein, ich höre jetzt immer nach zweien auf. Danke.«
»Warte!«, rief Phury, bevor sie gehen konnte. »Ich nehme noch einen. Danke.«
Vishous wusste, dass der Traum zu ihm gekommen war, weil er darin glücklich war. Der Alptraum begann immer damit, dass er selig war. Am Anfang war er vollkommen glücklich, fühlte sich vollständig. Ein zusammengesetztes Puzzle.
Dann fiel der Schuss. Und ein hellroter Fleck erblühte auf seinem Shirt. Und ein Schrei durchschnitt die Luft, die so dicht schien, als wäre sie ein Festkörper.
Schmerz traf ihn, als wäre ein Schrapnell in ihn eingedrungen, als hätte man ihn mit Benzin übergossen und angezündet, als würde ihm die Haut in Streifen abgezogen.
O gütige Jungfrau, er starb. Niemand konnte so eine Qual überstehen.
Er sank auf die Knie und …
V schnellte vom Bett hoch, als hätte man ihm einen Schlag vor den Schädel verpasst.
Im Penthouse mit den schwarzen Wänden und den vom Nachtlicht verdunkelten Scheiben klang sein Atem wie eine Eisensäge, die sich durch Hartholz kämpfte. Shit, sein Herz klopfte so schnell, dass er es am liebsten mit den Händen festgehalten hätte.
Er brauchte was zu trinken. Und zwar schnell.
Auf Gummibeinen wankte er zur Bar, schnappte sich ein neues Glas und goss es randvoll. Es berührte schon fast seine Lippen, als er merkte, dass er nicht allein war.
»Ich bin es nur, Krieger.«
Gütiger. Die Jungfrau der Schrift stand vor ihm, von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Umhang gehüllt. Ihr Gesicht blieb darunter verborgen, während ihre winzige Gestalt den gesamten Raum beherrschte. Unter ihrem Saum hervor ergoss sich ein Leuchten auf den Marmorfußboden, so hell wie die Mittagssonne.
Verflucht, das war genau die Audienz, die er jetzt brauchen konnte. O ja.
Er verneigte sich und rührte sich nicht vom Fleck. Und überlegte krampfhaft, wie er in dieser Haltung weitertrinken konnte. »Was für eine Ehre.«
»Wie du lügst«, sagte sie trocken. »Hebe dein Haupt, Krieger. Ich möchte dein Gesicht sehen.«
V gab sich alle Mühe, eine muntere Miene aufzusetzen, in der Hoffnung, dadurch das tatsächliche Leck-mich-Gesicht zu verstecken. Verflucht. Wrath hatte ihm damit gedroht, ihn der Jungfrau der Schrift zu melden, wenn er sich nicht zusammenriss. Offenbar war es jetzt so weit gekommen.
Während er sich wieder aufrichtete, überlegte er, dass Wodka zu trinken jetzt wohl als Beleidigung aufgefasst würde.
»Ja, das würde es«, sagte sie. »Aber tu, was du nicht lassen kannst.«
Er schluckte den Schnaps, als wäre es Wasser, und stellte das Glas auf der Theke ab. Er wollte mehr, aber hoffentlich würde sie nicht allzu lange bleiben.
»Den Anlass zu meinem Besuch gab mir nicht dein König. « Die Jungfrau der Schrift schwebte heran und verharrte nur weniger als einen halben Meter vor ihm. V widerstand dem Drang, zurückzuweichen, besonders, als sie ihre leuchtende Hand ausstreckte und ihm über die Wange strich. Ihre Kraft war wie die eines Blitzschlags: tödlich und exakt. Ihr Zielobjekt wollte man nicht sein. »Es ist Zeit.«
Zeit für was? Aber er riss sich zusammen. Man stellte
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