Black Dagger 11 - Blutlinien
schlimmer.
Blay kam mit einem Tablett voller Essen durch die Tür. »Ich wusste nicht, ob du Hunger hast – «
»Ich muss gehen.«
Sein Freund stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab. »Das halte ich für keine gute Idee.«
»Hilf mir auf. Ich komm schon – «
»Blödsinn«, ertönte da eine weibliche Stimme.
Die Privatärztin der Bruderschaft tauchte aus dem Nichts auf, unmittelbar vor ihnen. Ihre Arzttasche war von der altmodischen Sorte, eckig und mit zwei Griffen oben. Ihr Kittel war weiß, genau wie man ihn im Krankenhaus trug. Dass sie ein Gespenst war, machte überhaupt nichts aus: Sobald sie ankam, wurde alles an ihr – von den Klamotten und der Tasche über Haar und Parfüm – greifbar und fest, als wäre sie vollkommen normal.
»Danke, dass du gekommen bist«, begrüßte Blay sie, ganz der gute Gastgeber.
»Hallo, Doc«, murmelte Qhuinn.
»Was haben wir denn da.« Jane setzte sich zu ihm auf die Bettkante. Sie fasste ihn nicht an, musterte ihn nur von oben bis unten mit dem durchdringenden Blick der Ärztin.
»Nicht gerade ein Kandidat für die Playgirl, was? «, meinte er verlegen.
»Wie viele waren es?« Ihrem Tonfall zufolge war sie nicht in der Stimmung, Witze zu reißen.
»Achtzehn. Hundert.«
»Vier«, schaltete sich Blay ein. »Eine Ehrengarde von vier Männern.«
»Ehrengarde?«, Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie im Augenblick die Sitten und Gebräuche der Vampire nicht nachvollziehen. »Für Lash?«
»Nein, aus Qhuinns eigener Familie«, sagte Blay. »Und sie durften ihn eigentlich nicht töten.«
Das entwickelte sich allmählich zu seiner Erkennungsmelodie, dachte Qhuinn.
Jane öffnete ihre Tasche. »Na gut, dann sehen wir mal, was so unter deinen Klamotten los ist.«
Sie war wie immer völlig sachlich, als sie ihm das Shirt aufschnitt, seinen Herzschlag abhörte und den Blutdruck maß. Er vertrieb sich unterdessen die Zeit, indem er die Wand anstarrte, den leeren Fernsehbildschirm, ihre Tasche.
»Schicke Tasche … die du da hast«, knurrte er, als ihre Hände seinen Unterleib abtasteten und eine empfindliche Stelle trafen.
»So eine wollte ich schon immer haben. Gehört zu meinem Dr Marcus Welby -Fetisch.«
»Bitte was?«
»Tut das auch weh?« Sein Keuchen, als sie noch einmal in dieselbe Stelle piekte, beantwortete die Frage zur Genüge, also beließ er es dabei.
Jane zog ihm die Hose aus, und da er unten ohne unterwegs war, zog er sich rasch ein Laken über die Weichteile. Ungerührt schob sie es beiseite, betrachtete ihn mit professionellem Blick von vorne und hinten und bat ihn dann, seine Arme und Beine zu bewegen. Nachdem sie noch ein paar besonders eindrucksvolle blaue Flecken in Augenschein genommen hatte, deckte sie ihn wieder zu.
»Womit haben sie dich bearbeitet? Diese Blutergüsse auf deinen Oberschenkeln sind ernst.«
»Brecheisen. Fette, massive – «
Wieder ging Blay dazwischen. »K nüppel. Müssen diese schwarzen Zeremonienknüppel sein.«
»Das würde zu den Verletzungen passen.« Jane schwieg einen Moment, als wäre sie ein Computer, der eine Informationsanfrage bearbeitet. »Also gut, es sieht folgendermaßen aus. Deine Beine fühlen sich mit Sicherheit nicht besonders gut an, aber die Prellungen sollten von allein abheilen. Du hast keine offenen Verletzungen, und obwohl du
offenbar mit einem Messer in der Handfläche verletzt wurdest, nehme ich an, dass das etwas früher passiert ist, denn die Wunde schließt sich bereits. Gebrochen scheint auch nichts zu sein, was ein Wunder ist.«
Außer seinem Herzen natürlich. Von seinem eigenen Bruder so zugerichtet zu werden –
Klappe, du Weichei, beschimpfte er sich selbst.
»Wie lange warst du bewusstlos?«
Er runzelte die Stirn; diese Vision aus dem Schleier schwebte plötzlich aus seinem Gedächtnis herab wie eine schwarze Krähe. Mein Gott … war er gestorben?
»Äh … keine Ahnung. Und ich habe auch nichts gesehen, während ich weg war. Da war einfach nur Schwärze …« Auf gar keinen Fall würde er über diesen kleinen, irren Trip sprechen. »Aber mir geht’s prima, wirklich – «
»Da muss ich dir leider widersprechen. Dein Puls ist hoch und dein Blutdruck niedrig, und dein Bauch gefällt mir überhaupt nicht.«
»Der ist nur ein bisschen wund.«
»Ich habe Angst, dass ein Organ verletzt ist.«
Na super. »Ich werd schon wieder.«
»Und wo hast du nochmal deinen Doktor gemacht?« Jane lächelte, und er lachte kurz. »Ich würde gern einen Ultraschall machen, aber
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