Black Dagger 11 - Blutlinien
Augen. Ihr Blick war arglos, so rein und schön wie die Rosenknospe dort auf dem Nachttisch.
Johns Aufmerksamkeiten machten Phury nur umso deutlicher, wie er sie vernachlässigt hatte.
»Verzeiht«, sagte sie still. »Ich werde das Armband abnehmen – «
»Nein. Es steht dir. Wundervoll.«
»Er sagte, es sei ein Geschenk«, murmelte sie. »Ich würde es gerne behalten.«
»Und das sollst du auch.« Phury atmete tief ein und sah sich im Zimmer um. Sein Blick blieb an einer komplexen Konstruktion aus Zahnstochern und … Erbsen hängen. Erbsen? »Was ist das?«
»Ach … das.« Sie stand rasch auf und lief hinüber, als wollte sie, was auch immer das sein mochte, abschirmen.
»Was ist es denn?«
»Es ist, was in meinem Kopf ist.« Sie drehte sich zu ihm um. Wandte sich wieder ab. »Einfach nur etwas, das ich angefangen habe.«
Phury trat auf sie zu und kniete sich neben ihr auf den Boden. Vorsichtig strich er mit dem Finger über einige der Bausteine. »Das ist fantastisch. Es sieht aus wie der Rohbau eines Hauses.«
»Gefällt es Euch?« Sie ging ebenfalls auf die Knie. »Das habe ich mir ausgedacht.«
»Ich liebe Kunst und Architektur. Und das hier … die Konturen sind großartig.«
Sie legte den Kopf schief, als sie ihre Konstruktion betrachtete, und er musste lächeln. Genau so machte er es immer mit seinen Zeichnungen.
Einem Impuls folgend sagte er: »Möchtest du gern mal in den Flur mit den Statuen gehen? Ich wollte gerade ein bisschen herumspazieren. Er liegt hinter dem Treppenabsatz.«
Als sie den Blick zu ihm hob, lag darin ein Wissen, das ihn verblüffte.
Vielleicht sah sie selbst gar nicht verändert aus, stellte er fest. Sondern sie sah ihn anders an.
Mist, möglicherweise mochte sie John wirklich. Im Sinne von er gefiel ihr. Das würde die ganze Angelegenheit erst recht kompliziert machen.
»Ich würde gern mit Euch gehen«, sagte sie. »Ich würde mir gern die Kunst ansehen.«
»Gut. Das ist … gut. Dann los.« Er stand auf und streckte ihr ohne ersichtlichen Grund die Hand entgegen.
Nach kurzem Zögern legte sie die ihre hinein. Als sie einander festhielten, wurde ihm bewusst, dass sie seit jenem bizarren Morgen in seinem Bett keinerlei physischen Kontakt mehr gehabt hatten … damals, als er den erotischen Traum gehabt und sich beim Aufwachen mit seinem harten Körper halb auf ihr wiedergefunden hatte.
»Gehen wir«, murmelte er. Und führte sie zur Tür.
Als sie in den Korridor traten, konnte Cormia nicht fassen, dass ihre Hand in der des Primals lag. Nachdem sie sich so lange gewünscht hatte, etwas Zeit mit ihm allein zu verbringen, kam es ihr vor wie ein Traum, dass sie einander jetzt sogar richtig berührten.
Als sie den Weg einschlugen, den sie schon allein gegangen war, ließ er ihre Hand los, blieb aber ganz nah bei ihr. Sein Humpeln war kaum zu bemerken, lediglich ein zarter Schatten über seinem eleganten Gang; und wie immer war er schöner als jeder Kunstgegenstand, den sie je erblicken könnte.
Doch sie sorgte sich um ihn, und das nicht nur wegen dessen, was sie belauscht hatte.
Die Kleider, die er trug, waren nicht die gleichen, die er sonst zu den Mahlzeiten trug. In dieser Lederhose und dem schwarzen Hemd hatte er gekämpft, und sie wiesen Flecken auf.
Blut, dachte sie. Seines und das ihrer Feinde.
Das war aber nicht das Schlimmste. Um den Hals herum verlief ein verblassender Striemen, als wäre die Haut dort verletzt worden, und er hatte auch Blutergüsse auf den Handrücken und seitlich auf dem Gesicht.
Sie dachte an das, was der König über ihn gesagt hatte. Eine Gefahr für sich selbst und für andere.
»Mein Bruder Darius war ein Kunstsammler«, erzählte der Primal, als sie an Wraths Arbeitszimmer vorbeiliefen. »Wie alles andere in diesem Haus gehörten diese Statuen ihm. Jetzt gehören sie Beth und John.«
»John ist der Sohn des Darius, Sohn des Marklon?«
»Ja.«
»Ich habe von Darius gelesen.« Und von Beth, der Königin, die seine Tochter war. Doch von John Matthew hatte dort nichts gestanden. Merkwürdig … als Sohn eines Kriegers hätte er vorne auf der ersten Seite bei den anderen Nachkommen aufgezeichnet sein müssen.
»Du hast Darius’ Lebensbeschreibung gelesen?«
»Ja.« Damals hatte sie mehr über Vishous zu erfahren gewünscht, den Bruder, dem sie ursprünglich versprochen gewesen war. Hätte sie gewusst, wer am Ende Primal würde, dann hätte sie in den Reihen roter Ledereinbände nach Phury, Sohn des Ahgony gesucht.
Am
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