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Black Dagger 11 - Blutlinien

Black Dagger 11 - Blutlinien

Titel: Black Dagger 11 - Blutlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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hatte er sich an einen anderen, einen noch gefährlicheren Ort versetzen wollen.
    Wo der liegen sollte, konnte er sich allerdings nicht mehr erinnern.
    Der Umstand, dass seine Feinde sich nicht so weit oben und so tief in den Adirondacks aufhielten, hatte ihn anfangs gerettet, nun frustrierte ihn diese Erkenntnis. Er war zu schwach, sich in der Gegend herum zu dematerialisieren, um nach Vampirjägern zu suchen, und für lange Wanderungen fehlte ihm ebenfalls die Kraft.
    Er saß hier in den Bergen fest und wartete darauf, dass der Tod ihn fand.
    Tagsüber suchte er in einer Höhle, einer Einkerbung im Granit des Bergs, Zuflucht vor dem Sonnenlicht. Er schlief nicht viel. Hunger und seine Erinnerungen hielten ihn erbarmungslos wach und bei Besinnung.
    Vor ihm machte seine Beute zwei Schritte rückwärts.

    Er holte tief Luft und zwang sich, seine Kräfte zu sammeln. Wenn er das jetzt nicht tat, dann wäre er für diese Nacht am Ende, und das nicht nur, weil der Himmel im Osten bereits allmählich heller wurde.
    Blitzschnell verschwand er und nahm, die Hände um den Hals des Hirsches geschlungen, wieder Gestalt an. Er umklammerte den schlanken Widerrist des Tiers und versenkte seine Fänge in die Halsader, die aus seinem flatternden, vor Schreck rasenden Herzen emporführte.
    Er tötete das wunderschöne Tier nicht. Nahm nur genug, um einen weiteren schwarzen Tag zu überstehen und eine weitere, noch schwärzere Nacht anzutreten.
    Als er fertig war, breitete er die Arme weit aus und ließ das Geschöpf auf allen vieren in die Flucht springen. Er lauschte dem Knistern im Unterholz und beneidete das Tier um seine Freiheit.
    Der Mann fühlte sich etwas gestärkt. In letzter Zeit hielten sich die Energie, die er aufwandte, um sich zu ernähren, und die Kraft, die er dafür bekam, in etwa die Waage. Was bedeutete, dass das Ende nahe sein musste.
    Er setzte sich auf den von vermodernden Kiefernnadeln weich gepolsterten Waldboden und blickte durch die Zweige nach oben. Einen Moment lang stellte er sich vor, dass der Nachthimmel nicht dunkel war, sondern weiß, und dass die Sterne über ihm keine kalten Planeten waren, die das Licht zurückwarfen, sondern die Seelen der Toten.
    Er stellte sich vor, das da oben wäre der Schleier.
    Das tat er häufig, und zwischen den weit verstreuten glitzernden Funken dort oben fand er die beiden, die er als seine eigenen betrachtete, die beiden, die ihm genommen worden waren: zwei Sterne, einer größer und sehr hell leuchtend, der andere kleiner und zaghafter. Sie waren
ganz nah beisammen, als suchte der Kleinere davon Schutz bei seiner M –
    Das Wort konnte der Mann nicht sagen. Nicht einmal in seinem Kopf. Genau wie er die Namen nicht aussprechen konnte, die er mit diesen Sternen verknüpfte.
    Doch das war auch gleichgültig.
    Diese beiden gehörten ihm.
    Und er wäre bald bei ihnen.

10
    Der Wecker neben Phury tickte weiter, so dass die Digitalanzeige ein Zahnstochermuster bildete: elf Uhr elf.
    Er prüfte seine Vorräte. Sie gingen allmählich zur Neige, und obwohl er total breit war, bekam er kurz Herzrasen. Er bemühte sich, langsamer zu rauchen, und überschlug im Geiste: Seit ungefähr sieben Stunden bediente er sich jetzt an der offenen Tüte … wenn man das hochrechnete, dann wäre sie gegen vier Uhr nachmittags leer.
    Die Sonne ging um halb acht unter. Vor acht könnte er nicht im ZeroSum sein.
    Vier Stunden im toten Winkel. Besser gesagt, vier Stunden, in denen er möglicherweise ein bisschen zu klar lebte.
    Wenn du willst, sagte der Zauberer, kann ich dir eine Gutenachtgeschichte erzählen. Ich kenne eine ganz großartige. Es geht um einen Mann, der sich seinen Alkoholikervater zum Vorbild nimmt. Liegt am Ende tot in einer Sackgasse. Wird von niemandem betrauert. Ein Klassiker, quasi Shakespearisch.
    Oder kennst du die schon?

    Phury drehte »Donna non vidi mai« lauter auf. Während der Tenor sich nach Puccinis Notierung immer weiter in die Höhe schwang, musste er an Zs Gesang denken. Was für eine Stimme sein Bruder doch hatte. Wie eine Kirchenorgel reichte sie von trillernden Höhen bis zu Bässen, so tief, dass sie einem das Knochenmark in ein Trommelfell verwandelten; und wenn er eine Melodie nur einmal hörte, konnte er sie perfekt nachsingen. Woraufhin er dem Lied seine eigene Note verlieh oder sich etwas völlig Neues ausdachte. Er hatte alles drauf: Oper, Blues, Jazz, altmodischen Rock and Roll. Er war sein eigener Radiosender.
    Und immer führte er die Gesänge im

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