Black Dagger 11 - Blutlinien
Beginn des Flurs mit den Statuen verharrte der Primal. »Was tut ihr, wenn ein Bruder stirbt?«, fragte er. »Ich meine, mit seinen Büchern?«
»Eine der Schreiberinnen kennzeichnet alle leeren Seiten mit einem schwarzen Chrih -Symbol, und das Datum wird auf der ersten Seite des ersten Bandes vermerkt. Es gibt auch Zeremonien. Wir hielten sie für Darius ab, doch was … Tohrment, Sohn des Hharm, betrifft, so warten wir noch ab.«
Der Primal nickte einmal und ging voran, als wäre das alles von keiner besonderen Bedeutung.
»Warum fragt Ihr?«, wollte Cormia wissen.
Er antwortete nicht. »Diese Skulpturen stammen alle aus der griechisch-römischen Epoche.«
Cormia zog den Kragen ihrer Robe am Hals enger zusammen. »Aha.«
An den ersten vier Statuen, einschließlich der gänzlich nackten, lief der Primal – der Jungfrau sei Dank – vorbei, blieb dann allerdings vor der mit den fehlenden Gliedmaßen stehen. »Sie sind ein wenig lädiert, aber wenn man bedenkt, dass sie über zweitausend Jahre alt sind, ist es ein Wunder, dass überhaupt noch etwas davon da ist. Äh … ich hoffe, die Nacktheit ist dir nicht unangenehm?«
»Nein.« Aber sie war froh, dass er nicht wusste, wie sie den Unbekleideten berührt hatte. »Ich finde sie wunderschön, gleich, ob sie bedeckt sind oder nicht. Und es macht mir nichts aus, dass sie unvollkommen sind.«
»Sie erinnern mich an den Ort, an dem ich aufwuchs.«
Sie wartete, aufs Äußerste begierig auf die Fortsetzung seines Gedankens. »Warum?«
»Wir hatten dort auch Plastiken.« Er zog die Brauen zusammen. »Allerdings waren sie von Ranken überwuchert. Der gesamte Garten war das. Überall gab es Kletterpflanzen.«
Der Primal nahm seinen Weg wieder auf.
»Wo seid Ihr aufgewachsen?«, fragte sie.
»Im Alten Land.«
»Sind Eure Eltern – «
»Diese Statuen wurden in den Vierzigern und Fünfzigern erworben. Darius hatte damals eine dreidimensionale Phase, und da er moderne Kunst schon immer hasste, hat er diese hier gekauft.«
Als sie das Ende des Korridors erreichten, blieb er vor einer Tür stehen und starrte sie an. »Ich bin müde.«
Bella war in diesem Raum, dachte Cormia. Man konnte es in seiner Miene lesen. »Habt Ihr schon gegessen?«, fragte sie. Es wäre schön, ihn in die entgegengesetzte Richtung lenken zu können.
»Weiß ich nicht mehr.« Er betrachtete seine Füße, die in schweren Stiefeln steckten. »Gütiger …. Ich habe mich ja gar nicht umgezogen?« Seine Stimme klang eigenartig hohl, als hätte ihn diese Erkenntnis völlig ausgelaugt. »Ich hätte mich umziehen sollen.«
Reich ihm die Hand, sagte sie sich. Reich ihm die Hand, wie er es vorhin tat.
»Ich sollte mich wirklich umziehen«, sagte der Primal still. »Ich muss mich umziehen.«
Cormia holte tief Luft, streckte den Arm aus und umschloss seine Hand. Sie war kalt. Beunruhigend kalt.
»Lasst uns zurück in Euer Zimmer gehen«, sagte sie zu ihm. »Gehen wir zurück.«
Er nickte, rührte sich aber nicht, und ehe sie sich versah, zog sie ihn hinter sich her. Seinen Körper zumindest. Sie konnte spüren, dass sein Geist an einem anderen Ort war.
Sie brachte ihn in sein Zimmer, in die engen Marmorgrenzen des Baderaums, und als sie dort anhielt, blieb er stehen, wo sie ihn hinstellte, vor den beiden Waschbecken und dem breiten Spiegel. Während sie die Sprühkammer betätigte, die man hier Dusche nannte, wartete er weniger geduldig als traumverloren.
Als sich das Wasser auf ihrer Hand warm genug anfühlte,
wandte sie sich wieder an den Primal. »Euer Gnaden, alles ist bereit für Euch. Ihr könnt Euch jetzt waschen.«
Seine gelben Augen starrten geradeaus in den Spiegel, doch er schien das Bild seines schönen Gesichts darin nicht zu erkennen. Es war, als begegnete ihm ein Fremder darin – ein Fremder, dem er nicht traute, und für den er keine Sympathien empfand.
»Euer Gnaden?« Seine Stille war verstörend, und hätte er nicht aufrecht gestanden, dann hätte sie sich rasch überzeugt, dass sein Herz noch schlug. »Euer Gnaden, die Dusche.«
Du kannst das tun, redete sie sich gut zu.
»Darf ich Euch auskleiden, Euer Gnaden?«
Nachdem sie ein kaum sichtbares Nicken wahrgenommen hatte, trat sie vor ihn und hob zögerlich die Hände an die Knöpfe seines Hemds. Einen nach dem anderen öffnete sie sie, Schritt für Schritt fiel der schwarze Stoff zur Seite und enthüllte seine breite Brust. Als sie an seinem Nabel anlangte, zupfte sie das Hemd aus der Lederhose und fuhr fort. Die
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