Black Dagger 11 - Blutlinien
gemütlich und ließ sich von dem Film mitreißen. Johnny sah gut aus, wenn auch nicht so gut wie der Primal, und oh, wie er sich zur Musik bewegte. Das Schönste war, Baby dabei zu beobachten, wie sich ihr Tanzen verbesserte. Man feuerte
sie innerlich an, während sie sich daran herantastete und übte und stolperte und schließlich die Schritte beherrschte.
»Das ist wundervoll«, sagte Cormia zu John. »Ich habe das Gefühl, es selbst zu erleben.«
Johns Handy tauchte vor ihrem Gesicht auf. Wir haben noch mehr Filme. Tonnenweise.
»Ich möchte sie sehen.« Sie zog an ihrem kalten Getränk. »Alle möchte ich sehen – «
Plötzlich waren Baby und Johnny allein in einem Zimmer.
Wie versteinert starrte Cormia die Leinwand an, als die beiden aufeinander zugingen und zu tanzen begannen. Ihre Körper waren so unterschiedlich, der von Johnny so viel größer als der von Baby, so viel muskulöser; und doch berührte er sie mit Ehrfurcht und Behutsamkeit. Und es war nicht nur er, der streichelte. Sie erwiderte seine Zärtlichkeiten, fuhr mit der Hand über seine Haut, als liebte sie das Gefühl an ihren Fingern.
Cormias Lippen teilten sich, sie setzte sich auf, rückte näher an die Leinwand. In ihrem Kopf nahm der Primal den Platz von Johnny ein, und sie selbst wurde zu Baby. Sie bewegten sich im Gleichklang, Hüften rieben aneinander, Kleidung verschwand. Die beiden waren allein in der Dunkelheit, an einem sicheren Ort, wo niemand sie sehen oder unterbrechen konnte.
Es war das, was im Schlafraum des Primals geschehen war, nur dass es hier kein Zögern gab, keine gewichtigen Traditionen, keine Furcht vor dem Versagen, und ihre neununddreißig Schwestern gab es auch nicht.
So einfach. So echt, obwohl es nur in ihrem Kopf stattfand.
Das hier wollte sie mit dem Primal erleben, dachte sie, ohne die Augen von dem Film abzuwenden. Genau das.
17
Während Cormia gebannt auf die Leinwand schaute, klappte John sein Handy aus zwei Gründen wieder auf: Die Sexszene machte ihn verlegen; und er wartete ungeduldig auf Nachricht über Qhuinn und Lash.
Verdammt.
Er schickte Blay noch eine SMS, der sofort antwortete, dass er ebenfalls noch nichts von ihrem Freund gehört hatte und fand, dass es Zeit wurde, die Autoschlüssel zu zücken.
John legte das Handy auf seinen Oberschenkel. Qhuinn konnte doch unmöglich etwas wirklich Dummes getan haben. Im Sinne von ›sich im Badezimmer erhängen‹. Nein. Ausgeschlossen. Qhuinns Vater allerdings war zu allem fähig. John war dem Kerl zwar nie begegnet, aber er hatte Storys von Blay gehört – und außerdem die Bestätigung in Form des blauen Auges gesehen, das Qhuinn in der Nacht nach seiner Transition gehabt hatte.
John spürte, wie sein Bein wippte, und stellte es ruhig, indem er sich die Hand aufs Knie legte. Abergläubischer Trottel,
der er nun mal war, musste er die ganze Zeit an den alten Spruch denken, dass ein Unglück selten allein kommt. Wenn Lash starb, dann käme bestimmt noch etwas nach.
Er dachte an die Brüder; draußen auf den Straßen im Kampf mit den Lessern. An Qhuinn, der irgendwo ganz allein in der Nacht war. Und an Bella und ihre Schwangerschaft.
Wieder klappte er sein Handy auf und fluchte lautlos.
»Wenn Ihr fortmüsst«, sagte Cormia, »bleibe ich gern allein hier.«
Er fing an, den Kopf zu schütteln, doch sie legte ihm sanft die Hand auf den Unterarm. »Geht und kümmert Euch um Eure Schwierigkeiten. Man kann deutlich sehen, dass Ihr einen schweren Abend hattet. Ich würde Euch danach fragen, aber ich glaube, Ihr möchtet nicht darüber sprechen.«
Einfach nur, weil es ihm gerade durch den Kopf ging, tippte er: Ich wünschte, ich könnte die Uhr zurückdrehen und die Schuhe nicht anziehen.
»Wie?«
Na toll, jetzt musste er das erklären, wenn er nicht wie ein Idiot dastehen wollte. Heute Abend ist etwas passiert. Unmittelbar davor hat mein Freund mir die Schuhe geschenkt, die ich anhabe. Hätte ich sie nicht anprobiert, dann wären wir drei längst weg gewesen, als … Er zögerte und ergänzte im Geiste: wären wir längst weg gewesen, bevor Lash aus der Dusche kam … als es passiert ist. Cormia sah ihn einen Augenblick lang an. »Möchtet Ihr wissen, was ich glaube?«
Auf sein Nicken hin sagte sie: »Wenn es nicht die Schuhe gewesen wären, dann hättet Ihr mit Euren Freunden anders die Zeit verbracht. Vielleicht hätte ein anderer etwas anprobiert. Oder Ihr hättet ein Gespräch begonnen. Oder eine Tür hätte geklemmt. So sehr wir auch
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