Black Dagger 12 - Vampirträume
einen gesamten Landstrich sprengt.
Aber ging die Glymera vernünftig mit der Bedrohung um? Nein.
Laut der E-Mail, die er gerade vom Schatzmeister des
Princeps-Rats erhalten hatte, wollten die Idioten nicht ihre Verstecke aufsuchen. Sondern sie mussten unbedingt diesen »niederschmetternden Verlust eines solch bedeutenden, respektablen Paares« betrauern, indem sie noch eine Party schmissen.
Zweifelsohne um den Machtkampf um die Nachfolge des Leahdyre einzuläuten.
Und abschließend hatte der Schatzmeister noch ein paar Sätzchen darüber angehängt, dass der Rat der Glymera die Schuld einzutreiben gedenke, die Lashs Familie aufgrund von Qhuinns Tat zustehe.
Waren das nicht großmütige Leute. Nicht dass sie das Geld für sich wollten, um … beispielsweise … einen neuen Leahdyre gebührend zu feiern. O nein, Gott bewahre. Sie wollten nur »exemplarisch gewährleisten, dass böse Taten zuverlässig bestraft werden«.
Aber sicher doch.
Nur gut, dass Qhuinn ihnen nicht mehr ausgeliefert war. Wenn auch Wraths Ernennung des Jungen zu Johns Ahstrux Nohtrum ein Schock gewesen war. Ein kühner Schachzug, zumal er rückwirkend stattgefunden hatte. Und um was genau für einen Kampf hatte es sich gehandelt, den Qhuinn auf unangemessene Weise beendet hatte? Es musste mehr hinter dem Vorfall in der Dusche stecken, etwas, das unter Verschluss gehalten wurde. Sonst passte das alles nicht zusammen.
Die Glymera würde erfahren, dass Wrath Qhuinn schützte, und eines Tages würde sich die Sache bestimmt noch als Bumerang erweisen. Trotzdem war Phury froh, dass sich alles so aufgelöst hatte. John, Blay und Qhuinn waren die Sahnehäubchen der Trainingsklasse gewesen, und Lash … Lash hatte von Anfang an Ärger gemacht.
Qhuinn mochte ja verschiedenfarbige Augen haben,
aber Lash war der mit dem Defekt. Irgendwas an dem Jungen war schon immer merkwürdig gewesen.
Ein Piepen verkündete, dass eine weitere Nachricht eingegangen war. Dieses Mal von der rechten Hand des verstorbenen Leahdyre. Und wer hätte das gedacht, der Bursche sprach sich dafür aus, »deutlich Stellung gegen diese tragischen Verluste zu beziehen, die aber dennoch letztendlich nur eine geringe Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten. Das Beste in Zeiten wie diesen ist es, zusammenzukommen und die angemessenen Trauerrituale für die Dahingeschiedenen abzuhalten …«
Das war mal wirklich dämlich. Jeder bei halbwegs klarem Verstand würde seine protzigen Koffer packen und sich schleunigst aus dem Staub machen, bis die Wogen sich wieder geglättet hatten. Aber nein, die Herren und Damen holten lieber ihre Gamaschen und Handschuhe aus dem Schrank und taten, als gäbe es das gute alte britische Empire noch, mit ihren schwarzen Klamotten und den zeremoniellen Beileidsformeln. Er konnte ihre gewählten, verlogenen, teilnahmsvollen Kommentare schon hören, die sie einander um die Ohren hauten, während noch mehr Kanapees von uniformierten Doggen herumgereicht wurden und eine höfliche Schlacht um die politische Herrschaft tobte.
Er hoffte nur, sie kämen noch rechtzeitig zu Sinnen, denn selbst wenn sie ihm auf die Nerven gingen, wünschte er ihnen doch nicht den Tod an den Hals. Wrath konnte versuchen, ihnen den Befehl zum Verlassen der Stadt zu geben, aber sehr wahrscheinlich würden sie dann erst recht bockig reagieren. Der König und die Adligen standen nicht gerade auf freundschaftlichem Fuß miteinander. Sie waren ja kaum Verbündete.
Eine weitere E-Mail traf ein, ungefähr im selben Ton. Wir bleiben und schmeißen eine Party.
Mann, er brauchte einen Joint.
Und er brauchte …
Die Schranktür schwang auf, und Cormia trat durch die Geheimtür. In ihrer eleganten Hand lag eine lavendelfarbene Rose, auf ihrem Gesicht ein anmutig distanzierter Ausdruck.
»Cormia?«, sagte er und kam sich sofort albern vor. Als hätte sie ihren Namen in der Zwischenzeit in Trixie oder Irene geändert. »Ist irgendwas?«
»Ich wollte Euch nicht stören. Fritz schlug vor …« Sie drehte sich um, als rechnete sie damit, den Butler hinter sich stehen zu sehen. »Äh … er hat mich hergebracht.«
Phury stand auf. Gut möglich, dass der Butler dadurch seine unpassende Unterbrechung von vergangener Nacht wiedergutmachen wollte. Was für ein Held der Doggen doch war. »Das freut mich.«
Na ja, »freuen« war vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Dummerweise wurde der Wunsch nach einem Joint gerade von dem Drang nach einer anderen Sache, die man mit dem Mund macht, abgelöst.
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