Black Dagger 12 - Vampirträume
die Gegend fahren; er ließ den BMW auf dem Hof stehen und dematerialisierte sich in die Innenstadt.
Wrath wusste sowieso, dass er gelogen hatte. Und es gab auch keinen Grund, den Ausflug ins ZeroSum länger als nötig auszudehnen, indem er mit dem Auto fuhr, nur um eine Lüge zu decken, die ihnen beiden nur zu bewusst war.
Im VIP-Bereich bewachte iAm die Tür zu Rehvenges Büro. Der Maure schien nicht überrascht, ihn zu sehen, aber andererseits war es auch generell schwer, einen der beiden privaten Leibwächter Rehvs zu überraschen.
»Der Boss ist nicht da; willst du was kaufen?«, fragte iAm.
Phury nickte und wurde hereingebeten. Rally, der Handlanger, rannte los, nachdem Phury zweimal seine Handfläche geöffnet hatte.
iAm lehnte mit der Hüfte gegen Rehvenges Schreibtisch und sah ihn einfach nur an, die schwarzen Augen unbeteiligt, ruhig. Sein Bruder Trez war der Hitzkopf, weshalb Phury schon immer gedacht hatte, dass es iAm war, vor dem man sich in Acht nehmen musste.
Wobei das vermutlich so war, als ob man sich zwischen zwei Pistolen zu entscheiden hätte: eher ein gradueller Unterschied.
»Ein guter Rat«, sagte der Maure.
»Danke, ich verzichte.«
»Pech. Steig nicht auf das härtere Zeug um, mein Freund.«
»Keine Ahnung, wovon du redest.«
»Blödsinn.«
Rally kam durch die verborgene Tür in der Ecke, und sobald Phury all die getrockneten Blätter in der durchsichtigen Plastiktüte erblickte, sank sein Blutdruck, und sein Puls normalisierte sich. Er händigte seine tausend Dollar aus und machte sich schleunigst aus dem Staub, um sich in seinem Zimmer zu verkriechen und sich endlich dem Rauchen zu widmen.
Auf dem Weg zum Seitenausgang sah er Xhex neben der Theke stehen. Ihr Blick sank auf seinen in der Manteltasche vergrabenen Arm, dann runzelte sie die Stirn und sagte lautlos: Verdammt.
Als sie auf ihn zumarschiert kam, hatte er den abstrusen Eindruck, sie wollte ihm sein Dope wieder abnehmen, und das ging ja gar nicht. Er hatte Bares dafür hingelegt und einen fairen Preis bezahlt. Es gab keinen Grund für die Sicherheitschefin, sich mit ihm anzulegen.
Rasch schlüpfte er durch die Tür und dematerialisierte sich. Er hatte keinen blassen Schimmer, was los war, und es interessierte ihn auch nicht. Er hatte, was er brauchte, und ging nach Hause.
Nachdem er in einem Gewimmel von Molekülen zurück aufs Anwesen der Bruderschaft gereist war, musste er an diesen Fixer in der Sackgasse denken – den, der seinen Dealer aufgeschlitzt und dann auch noch die Taschen durchwühlt hatte, während das Blut in Strömen floss.
Phury versuchte, sich einzubilden, dass er nicht so war. Versuchte, die Verzweiflung der letzten zwanzig Minuten nicht als Vorstufe dessen zu betrachten, was der Junkie mit dem Klappmesser getan hatte.
Doch die Wahrheit war, dass sich niemand in Sicherheit wähnen konnte, der sich zwischen einen Süchtigen und seinen Stoff stellte.
Als John sich in Blaylocks Garten umsah, hatte er das Gefühl, er hätte das schon tausendmal getan. Dieses Warten, dieses Lauern … dieses Raubtierverhalten – es war wie seine zweite Natur. Was völlig verrückt war.
Nein, meldete sich eine innere Stimme. Alles völlig normal. Du kommst bloß jetzt erst dahinter.
Neben ihm verhielt sich Qhuinn erstaunlich ruhig. Sonst zappelte der Typ ununterbrochen rum, klopfte mit den Füßen auf den Boden, rannte hin und her, und plapperte dummes Zeug. Nicht heute Nacht, nicht auf seinem Posten im Gartengeißblatt.
Ja, gut, sie versteckten sich in einem Strauch Gartengeißblatt. Nicht ganz so männlich, wie hinter einer Gruppe majestätischer Eichen zu stehen, aber die Deckung war effektiver, und außerdem gab es neben Blays Hintertür nichts Besseres.
John sah auf die Uhr. Sie warteten hier schon mindestens ein oder zwei Stunden. Irgendwann vor Tagesanbruch müssten sie zurück, was wirklich ätzend war. Er war hier, um zu kämpfen. Er war bereit, zu kämpfen.
Er wollte unbedingt noch einen Lesser in die Finger kriegen, um sich abzureagieren.
Blöderweise gab es weit und breit nichts als eine gelegentliche Spätsommerbrise, um ihn vom Dröhnen der Grillen abzulenken.
Ich wusste das von Blay nicht, meinte John ohne besonderen Grund. Wie lange weißt du schon, dass … du weißt schon, dass es ihm so geht?
Jetzt trommelte Qhuinn mit den Fingern auf seinen
Oberschenkel. »Mehr oder weniger von Anfang an … was schon ziemlich lange her ist.«
Wow, dachte, John. Bei den ganzen Geheimnissen, die
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