Black Dagger 12 - Vampirträume
waren hypnotisch, hatten die Farbe von Zitrinen im Feuerschein. »Ja?«
»Ich liebe dich.«
Ihr Herz krampfte sich zusammen. »Was?«
»Ich liebe dich.« Er schüttelte den Kopf und ließ sich nach hinten sinken, so dass er im Schneidersitz saß. »Ach, großer Gott … ich habe alles vermasselt. Aber ich liebe dich. Ich wollte, dass du das weißt, weil … weil es wichtig ist, und weil es bedeutet, dass ich nicht bei den anderen Auserwählten liegen kann. Ich kann nicht bei ihnen sein, Cormia. Entweder du oder keine.«
Ihr Herz jubilierte. Den Bruchteil einer Sekunde flatterte es in ihrer Brust empor, getragen von einer Böe der Freude. Das hatte sie sich gewünscht, dieses Geständnis, diese Worte –
Ihr leuchtendes Glücksgefühl trübte sich, so schnell es aufgeflackert war.
Sie dachte an die Bilder der Gefallenen, der Gefolterten, der grausam Getöteten. Und daran, dass kaum noch kämpfende Brüder übrig waren. Vier. Nur vier.
Vor Jahrhunderten waren es zwanzig, dreißig gewesen.
Cormia warf einen Blick in die Schüssel vor sich und dann auf den Federkiel, den sie benutzt hatte. Es bestand die sehr reale Möglichkeit, dass in nicht allzu ferner Zukunft keine Geschichte mehr aufzuzeichnen wäre.
»Du musst zu ihr gehen, zu Layla«, sagte sie mit einer Stimme, so flach wie das Pergament, auf dem sie schreiben würde. »Und du musst zu den anderen gehen.«
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«
»Doch, das habe ich. Aber das hier ist größer als du und ich.« Sie stand auf, denn wenn sie sich nicht bewegte, würde sie verrückt werden. »Ich bin keine Auserwählte mehr, nicht in meinem Herzen. Aber ich habe gesehen, was geschieht. Das Volk wird auf diese Weise nicht überleben.«
Der Primal rieb sich mit einer Grimasse die Augen. »Ich will dich.«
»Das weiß ich.«
»Kannst du aushalten, dass ich zu den anderen gehe? Ich bin mir nicht sicher, ob ich es kann.«
»Ich fürchte … ich kann es nicht. Deshalb habe ich das hier gewählt.« Sie machte eine Handbewegung durch den Raum. »Hier kann ich Frieden finden.«
»Aber ich darf dich doch besuchen. Oder?«
»Du bist der Primal. Du darfst alles.« Sie blieb bei einer der Kerzen stehen. Starr in die Flamme blickend fragte sie: »Warum hast du das getan?«
»Primal werden? Ich –«
»Nein, das mit der Droge. In dem Badezimmer. Du wärst beinahe gestorben.« Als keine Antwort kam, wandte sie ihm den Kopf zu. »Ich möchte wissen, warum.«
Lange Zeit schwieg er. Und dann sagte er: »Ich bin suchtkrank. «
»Suchtkrank?«
»Ja. Ich bin der Beweis dafür, dass man aus der besten Familie kommen und Geld und Status haben und trotzdem ein Junkie sein kann.« Seine gelben Augen waren brutal klar. »Und die Wahrheit ist: ich möchte ein Mann von Wert sein und dir sagen, dass ich aufhören könnte, aber ich kann mir einfach nicht sicher sein. Ich habe mir und anderen schon früher Dinge versprochen. Mein Wort … gilt bei niemandem mehr etwas, nicht einmal bei mir selbst.«
Sein Wort …
Sie dachte an Layla, die wartete, die anderen Auserwählten, die warteten, das gesamte Volk, das wartete. Auf ihn wartete.
»Phury … mein innig geliebter Phury, halte jetzt eines deiner Versprechen ein. Geh und nimm Layla und binde dich an uns. Gib uns Geschichte, die wir schreiben, leben, in der wir gedeihen können. Sei die Kraft unseres Volkes, wie es sein soll.« Als er den Mund öffnete, hielt sie die Hand hoch. »Du weißt, dass es richtig ist. Du weißt, dass ich Recht habe.«
Nach einem Augenblick der Anspannung, erhob sich Phury. Er war bleich und zittrig auf den Beinen, als er sein Gewand glattzog. »Du sollst wissen … auch wenn ich bei einer anderen liege, bist es doch in meinem Herzen du.«
Sie schloss die Augen. Ihr ganzes Leben lang hatte man ihr beigebracht, zu teilen, aber ihn zu einer anderen Frau gehen zu lassen, war wie etwas Kostbares auf den Boden zu werfen und es zu Staub zu zertreten.
»Geh in Frieden«, sagte sie sanft. »Und komm ebenso zurück. Selbst wenn ich nicht mit dir zusammen sein kann, so werde ich doch niemals deine Gesellschaft zurückweisen.«
Phury lief den Hügel hinauf zum Tempel des Primals, sein Bein fühlte sich an wie in Ketten gewickelt. Ketten und Stacheldraht.
Mein Gott, abgesehen von seiner Niedergeschlagenheit brannte sein richtiger Knöchel, als wäre er in einen Eimer Batteriesäure gestiegen. Er hätte nie gedacht, dass er mal froh wäre, nur noch einen Fuß zu haben; aber so musste er das
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