Black Dagger 13 - Racheengel
ihn auf viktorianisch tippen – obwohl er keine Ahnung, warum er sich da eigentlich so sicher war.
Ihr gehörte kein ganzes Haus, sondern eine Kellerwohnung in einem besonders hübschen mehrstöckigen Gebäude. Unter der Steintreppe, die vom Bürgersteig zum Eingang führte, war eine Mauervertiefung. Er ging hinein und steckte den Schlüssel in ein seltsames kupferfarbenes Schloss. Ein Licht ging an, als er eintrat, und beleuchtete nichts Aufregendes: einen roten Boden aus Steinplatten. Weiße Wände aus Betonblöcken. Am hinteren Ende lag eine zweite Tür mit einem weiteren komischen Schloss.
Er hatte eine exotische Einrichtung bei Xhex erwartet, irgendwas mit vielen Waffen.
Und französischen Dessous und Stilettos.
Aber so war es eben mit der Fantasie.
Er schloss die Tür am Ende des Ganges auf und weitere Lichter flammten auf. Das Zimmer dahinter war fensterlos und leer bis auf ein Bett. Auch hier war alles kahl, was nach dem Gang keine Überraschung war. Ein Bad schloss sich noch an, aber keine Küche, und es gab auch kein Telefon und keinen Fernseher. Die einzige Farbe in dem Raum kam von den alten Kieferndielen, die einen frischen Honigglanz besaßen. Die Wände waren weiß, so wie die im Gang, bestanden hier allerdings aus Ziegeln.
Die Luft war überraschend frisch, doch dann entdeckte er die Lüftungsschächte. Drei davon.
John zog die Stiefel aus und ließ die dicken schwarzen Strümpfe an. Dann ging er ins Bad, benutzte die Toilette und klatschte sich etwas Wasser ins Gesicht.
Kein Handtuch. Er trocknete sich mit dem Saum seines schwarzen Shirts ab.
Schließlich streckte er sich auf dem Bett aus. Die Waffen behielt er an, wenn auch nicht aus dem Grund, dass er sich vor Xhex fürchtete.
Gott, vielleicht war er dumm. Das Erste, was sie in Bezug auf Symphathen im Trainingsprogramm der Bruderschaft gelernt hatten, war, dass man ihnen niemals trauen konnte, und jetzt riskierte er sein Leben, indem er sich in der Wohnung einer Symphathin aufhielt – und höchstwahrscheinlich über Tag hierbleiben würde, ohne jemandem gesagt zu haben, wo er steckte.
Und doch war das genau, was er brauchte.
Bei Anbruch der nächsten Nacht würde er entscheiden, wie es weitergehen sollte. Er wollte nicht aus dem Krieg aussteigen – dafür mochte er das Kämpfen zu sehr. Es fühlte sich... richtig an, und nicht nur im Hinblick darauf, dass er die Spezies beschützte. Es schien einfach seine Bestimmung zu sein, das, wozu er geboren worden war.
Aber er war sich nicht sicher, ob er zurück zum Haus der Bruderschaft gehen und wieder dort leben konnte.
Als er still liegen blieb, gingen nach einer Weile die Lichter aus, und er starrte einfach in die Dunkelheit. Wie er so auf dem Bett lag, den Kopf auf einem der ziemlich steifen Kissen, erkannte er, dass er zum ersten Mal wirklich allein war, seit ihn Tohr mit seinem fetten schwarzen Range Rover aus seinem schäbigen Loch geholt hatte.
Mit absoluter Klarheit erinnerte er sich nun an sein Dasein in dieser Wohnhausruine. Dieses Viertel von Caldie war nicht nur runtergekommen, sondern schlichtweg gefährlich gewesen.
Er hatte sich jeden Abend in die Hosen gemacht, weil er hager, schwach und wehrlos war. Wegen seines empfindlichen Magens konnte er sich nur von Eiweißdrinks ernähren, und er wog weniger als ein Staubsauger. Die Tür, die ihn von Junkies, Strichern und kalbsgroßen Ratten trennte, hatte dünn wie Papier geschienen.
Er hatte Gutes in der Welt tun wollen. Wollte es immer noch.
Er hatte sich verlieben wollen, mit einer Frau zusammen sein. Wollte es immer noch.
Er hatte sich eine Familie gewünscht, eine Mutter und einen Vater, hatte zu einer Sippe gehören wollen.
Das wollte er nicht mehr.
John ahnte langsam, dass die Gefühle des Herzens wie Sehnen waren. Man konnte sie dehnen und dehnen und den Schmerz der Zerrung und der Spannung spüren... bis zu einem gewissen Punkt funktionierte das Gelenk weiter, das Glied ließ sich beugen, konnte Gewicht tragen und war einsatzbereit, wenn die Belastung vorbei war. Aber das ging nicht unendlich.
Bei ihm war etwas gerissen. Und er war sich verdammt sicher,
dass es keine psychotherapeutische Entsprechung zur arthroskopischen Chirurgie gab.
Um seinem Geist etwas Ruhe zu schaffen und nicht dem Wahnsinn zu verfallen, konzentrierte er sich auf seine Umgebung. Das Zimmer war ruhig, abgesehen von dem Heizlüfter, aber der machte nicht viel Lärm. Und das Gebäude über ihm war leer, kein Laut drang zu ihm
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