Black Dagger 13 - Racheengel
überraschen würde. »Nun, ich kann verstehen, warum Sie zu Havers wollen.«
Demonstrativ nahm sie seinen Arm, drehte ihn zurück, und drückte sanft auf eine rote Linie, die sich seinen Bizeps hinaufzog und in Richtung Herz wanderte.
»Das sind Zeichen einer Entzündung.«
»Das wird schon wieder.«
Sie konnte nur die Augenbraue heben. »Haben Sie schon mal von Sepsis gehört?«
»Die Indieband? Klar, aber ich hätte nicht erwartet, dass du sie magst.«
Sie warf ihm einen abfälligen Blick zu. »Ich meine Sepsis im Sinne von Blutvergiftung.«
»Hm, willst du dich vielleicht über den Tisch beugen und es mir anhand einer Zeichnung erklären?« Seine Blicke glitten an ihren Beinen herab. »Ich glaube, ich fände das... sehr lehrreich.«
Hätte ein anderer Mann sich so etwas erlaubt, hätte sie ihn so geohrfeigt, dass er Sterne sah. Doch leider fühlte sie sich nicht belästigt, als die Worte in diesem himmlischen Bass ertönten.
Es fühlte sich an wie eine Liebkosung.
Ehlena widerstand dem Drang, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. Was zum Donner machte sie hier? Sie hatte heute ein Date. Mit einem netten, vernünftigen, zivilisierten
Mann, der ihr gegenüber nichts als nett, vernünftig und sehr zivilisiert gewesen war.
»Ich muss Ihnen nichts aufzeichnen.« Sie nickte in Richtung seines Arms. »Sie sehen es selbst. Wenn Sie das nicht behandeln, wird es systemisch.«
Und obwohl er feinen Zwirn trug und sicher das Traummannequin jedes Schneiders war, würde ihm der graue Schleier des Todes nicht stehen.
Er drückte den Arm an den Körper. »Ich werde darüber nachdenken.«
Ehlena schüttelte den Kopf und erinnerte sich daran, dass sie Leute nicht vor ihrer eigenen Dummheit bewahren konnte, nur weil sie einen weißen Kittel trug und Krankenschwester war. Außerdem würde Havers es in all seiner schrecklichen Pracht sehen, wenn er ihn untersuchte.
»In Ordnung, aber messen wir den Blutdruck am anderen Arm. Und ich muss Sie bitten, das Hemd auszuziehen. Der Doktor wird sehen wollen, wie weit diese Infektion schon vorgedrungen ist.«
Rehvenges Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, als er nach dem obersten Knopf tastete. »Wenn du so weitermachst, bin ich bald nackt.«
Ehlena blickte schnell zur Seite und wünschte sich sehnlichst, sie könnte ihn widerlich finden. Eine gehörige Portion rechtschaffener Empörung wäre jetzt wirklich angebracht gewesen, um ihn in die Schranken zu weisen.
»Ich bin nicht schüchtern, weißt du«, brummte seine tiefe Stimme. »Wenn du willst, kannst du zuschauen.«
»Nein, danke.«
»Schade.« Und noch vertraulicher fügte er hinzu: »Ich hätte nichts dagegen, wenn du zuschauen würdest.«
Während von der Behandlungsliege her das Rascheln von Seide auf Haut drang, beschäftigte sich Ehlena mit seiner
Krankenakte und überprüfte Daten doppelt und dreifach, die absolut korrekt waren.
Es war merkwürdig. Soviel sie aus Erzählungen der anderen Schwestern wusste, zog er diese Donjuan-Nummer bei ihnen nicht ab. Eigentlich redete er kaum mit ihren Kolleginnen, und das war ein weiterer Grund dafür, dass sie sich in seiner Gegenwart so unwohl fühlten. Bei einem Mann seiner Größe wirkte Schweigen immer bedrohlich. So war das nun mal. Und das schon ohne Tattoo und Iro.
»Ich bin fertig«, verkündete er.
Ehlena wirbelte herum und hielt den Blick starr auf die Wand neben seinem Kopf gerichtet. Doch auch aus dem Augenwinkel sah sie ausgezeichnet, und es war sehr schwer, nicht dankbar dafür zu sein. Die Brust von Rehvenge war prächtig, die Haut ein warmes Goldbraun, unter dem sich die Muskeln selbst in entspanntem Zustand deutlich abzeichneten. Auf jedem Brustmuskel prangte ein fünfzackiger roter Stern, und Ehlena wusste, dass es noch mehr davon gab.
Auf seinem Bauch.
Nicht dass sie geschaut hätte.
Natürlich nicht, denn sie hatte gegafft.
»Willst du nun meinen Arm untersuchen?«, fragte er leise.
»Nein, das wird der Doktor machen.« Sie wartete auf ein erneutes »Schade«.
»Ich glaube, dieses Wort habe ich in deiner Gegenwart schon überstrapaziert.«
Jetzt sah sie ihm in die Augen. Die wenigsten Vampire konnten die Gedanken ihrer Artgenossen lesen, aber irgendwie überraschte es sie nicht, dass er zu diesem erlesenen Grüppchen gehörte.
»Ich verbitte mir das«, mahnte sie. »Tun Sie das nie wieder.«
»Es tut mir leid.«
Ehlena legte die Manschette um seinen Bizeps, steckte sich das Stethoskop in die Ohren und maß seinen Blutdruck. Bei dem
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