Black Dagger 17 - Vampirschwur
und er einen kurzen Moment lang nicht nur wusste, was der Begriff »überglücklich« bedeutete, sondern auch, wie er sich anfühlte … selbst da hatte er sich nicht vollkommen geöffnet.
Sicher, sein persönlicher Permafrostboden war an der Oberfläche angetaut von der Wärme, die sie ihm gebracht hatte, aber tief in seinem Innern war er derselbe Eisklotz geblieben. Lieber Himmel, sie hatten sich noch nicht einmal anständig vereinigt. Er hatte sie einfach in seinem Zimmer aufgenommen und jede Minute genossen, die sie bei ihm war, während sie nachts getrennt ihren Beschäftigungen nachgegangen waren.
Er hatte diese kostbaren Stunden verschwendet.
Sträflich verschwendet.
Und jetzt war es passiert: Ein Graben trennte sie, den er trotz seines scharfen Verstandes nicht überbrücken konnte.
Himmel, als sie diese verdammte Lederhose in der Hand gehalten und auf seine Erklärung gewartet hatte, da war es ihm vorgekommen, als hätte man ihm die Lippen zusammengetackert – vielleicht weil er sich schuldig fühlte für das, was er in seiner Wohnung getan hatte, aber wie bescheuert war das denn? Seine eigene Hand zählte wohl kaum als echte Nebenbuhlerin.
Aber allein schon sein Interesse an dieser Art des Dampfablassens, die er früher so oft zelebriert hatte, fühlte sich falsch an. Und das lag daran, dass Sex immer ein Bestandteil gewesen war.
Natürlich musste er dabei an Butch denken. Sein Vorschlag drängte sich regelrecht auf, so dass V sich fragte, warum er nicht schon früher ernsthaft darüber nachgedacht hatte – andererseits fragte man seinen besten Freund auch nicht einfach so beim Frühstück, ob er einen bitte mal gründlich verdreschen würde.
Er wünschte, er hätte diese Möglichkeit schon vor einer Woche gehabt. Dann wäre die Sache vielleicht anders gelaufen … Doch diese Szene im Schlafzimmer war nicht das einzige Problem zwischen Jane und ihm, so viel war klar. Sie hätte das mit seiner Schwester vorab mit ihm klären müssen. Man hätte ihn mit einbeziehen und mitentscheiden lassen sollen, was zu tun war.
Als erneut Wut in ihm aufkochte, fürchtete er das, was ihn hinter dieser Leere erwartete. Er war anders als andere Vampirmänner, schon immer gewesen, und das nicht nur wegen seiner Götter-Mami: Es wäre doch typisch gewesen, wenn er als einziger gebundener Vampir auf dem gesamten Planeten dieses ziellose, taube Gefühl anlässlich des Verlusts seiner Shellan überwunden hätte … nur um an einem noch viel finstereren Ort zu landen.
Im Wahnsinn zum Beispiel.
Moment, er wäre selbstverständlich nicht der Erste. Murhder hatte den Verstand verloren. Komplett und unwiderruflich.
Vielleicht konnten sie beide ja einen Klub gründen. Und statt eines normalen Handschlags könnten sie irgendwas mit Dolchen machen.
Einen Klub für Emo-Idioten wie sie …
Mit einem Knurren drehte V die Nase in den Wind, und hätte er seine Mutter nicht so abgrundtief gehasst, er hätte ein Dankgebet gen Himmel geschickt. Der grauweiße Dunst der Nebelschwaden trug den süßen Geruch des Feindes zu ihm und verschaffte ihm ein Ziel sowie eine Entschlossenheit, die ihn aus seiner Betäubung riss.
Seine Beine gingen los, joggten, rannten. Und je schneller er wurde, desto besser fühlte er sich: Ein seelenloser Killer zu sein war viel besser als nur eine atmende leere Hülle. Er wollte verstümmeln und morden, er wollte mit
den Fängen reißen und mit den Händen krallen, er wollte sich mit dem Blut von Lessern besudeln.
Er wollte, dass ihm die Schreie der Getöteten in den Ohren hallten.
Er folgte dem süßlichen Gestank, rannte hoch in die Straßen und schlängelte sich durch die Gassen und Durchgänge, immer dem Geruch nach, der stärker und stärker wurde. Und je näher er kam, desto leichter wurde ihm ums Herz. Es mussten mehrere von ihnen sein – und das Beste: Weit und breit keiner der Brüder, und das hieß, wer zuerst kam … malte zuerst.
Das hier hob er sich ganz für sich allein auf.
Er bog um die letzte Ecke, pflügte in eine kurze, miefige Gasse und kam schlitternd zum Stehen. Er befand sich in einer Sackgasse, aber wie ein Gatter für Rinder leiteten die Gebäude links und rechts den Wind, der vom Fluss kam, nach draußen, die dicht gedrängte Herde von Molekülen nahm die Gerüche mit den Hufen auf und galoppierte direkt in seine Nebenhöhlen.
Was … zum … Donner …?
Der Gestank war so intensiv, dass seine Nase unmittelbar einen Antrag auf Standortverlegung stellte – aber da
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