Black Dagger 19 - Liebesmond
verbundenen Fuß und die Hand –, » ist der Grund, warum sie dort festsitzt. Und je länger du an ihr festhältst und an deinem alten Leben und an allem, was du verloren hast, desto geringer ist ihre Chance, freizukommen. Du bist hier der Verantwortliche, nicht sie, nicht ich – wie wäre es also, wenn du dir das nächste Mal selbst eine reinhaust, Arschloch.«
Tohr fuhr sich mit zitternder Hand über das Gesicht, als versuche er, es abzuschleifen. Und dann packte er sein ärmelloses Shirt – direkt über dem Herzen. » Ich kann nicht einfach aufhören, sie zu lieben … bloß weil ihr Körper aufgehört hat zu existieren.«
» Aber du tust, als wäre es gestern geschehen, und ich habe nicht das Gefühl, dass sich das so bald ändern wird.« Lassiter ging zum Bett, auf dem das rote Kleid ausgebreitet lag. Er griff mit der Faust in den Satin, zog es hoch und schüttelte es. » Das ist nicht sie. Deine Wut ist nicht sie. Deine Träume, dein verdammter Schmerz … nichts davon ist sie. Sie ist fort.«
» Das weiß ich«, erwiderte Tohr patzig. » Glaubst du, das wüsste ich nicht?«
Lassiter hielt das Kleid hoch, und der Satin fiel wie ein blutiger Regen herab. » Dann sag es!«
Stille.
» Sag es, Tohr. Lass es mich hören.«
» Sie ist …«
» Sag es.«
» Sie ist …«
Als nichts mehr kam, schüttelte Lassiter den Kopf und warf das Kleid aufs Bett. Leise murmelnd ging er zur Tür. » Wir kommen nicht weiter. Bedauerlicherweise gilt das auch für sie.«
17
Als die Morgendämmerung nahte, beendete Xhex ihre erste Nacht in ihrem alten Job. Die Stunden waren schnell vergangen, einen Haufen Leute auf engem Raum mit reichlich Alkohol intus in Schach zu halten hatte ihr die Zeit vertrieben. Außerdem tat es gut, wieder Sicherheitschefin Alex Hess zu sein – endlich wieder sie selbst zu sein, auch wenn sie unter Menschen einen falschen Namen benutzte.
Und es war einfach fantastisch, dabei keine Bruderschaft im Nacken zu haben.
Nicht ganz so toll war, dass sich alles etwas flach anfühlte, so als wäre ihr Leben mit dem Bulldozer platt gewalzt worden, in Vorbereitung auf die Betonmischer.
Sie hatte noch nie davon gehört, dass Frauen Symptome des gebundenen Vampirs aufwiesen. Aber wie üblich hieß das nicht, dass sie nicht ein Sonderfall war. Unterm Strich kam ihr ohne John einfach alles furchtbar leer vor.
Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte, dass es nur noch eine Stunde richtig dunkel sein würde. Verdammt, sie wünschte, sie wäre mit ihrem Motorrad gekommen, dann hätte sie den Scheinwerfer ausschalten und in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Nacht rasen können. Doch die Ducati war sicher in ihrer Garage verstaut.
Sie fragte sich, ob einer Shellan wohl auch das Fahren von Motorrädern verboten war.
Vermutlich nicht … solange sie im Damensitz saß, einen Schutzpanzer anlegte und einen Helm aus verstärktem rutschfestem Kevlar trug, durfte sie wahrscheinlich ein paar Runden um den Brunnen im Hof drehen.
Vroooom-vrooom. Yeah. Quiiieetsch.
Sie ging aus ihrem Büro, verschloss es kraft ihrer Gedanken, damit sie sich nicht lange mit Schlüsseln aufhalten musste …
» Hallo, Trez«, sagte sie, als ihr Boss aus der Damenumkleide kam. » Ich wollte gerade zu dir.«
Der Schatten stopfte sein frisches weißes Hemd in die schwarzen Slacks und sah ein wenig entspannter aus als üblich. Eine Sekunde später kam eines der Barmädchen aus der Tür und strahlte, als hätte man sie mit der Hand poliert.
Was vielleicht gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war.
Zumindest erkannte Xhex an ihrem ahnungslosen Gesichtsausdruck, dass Trez die Sache diskret abwickelte. Dennoch … man sollte sich nicht am Arbeitsplatz nähren. Das konnte zu Komplikationen führen.
» Dann bis morgen Abend«, verabschiedete sich die Frau mit einem verzückten Lächeln. » Ich bin spät dran. Treff mich noch mit Leuten.«
Nachdem sie durch die Hintertür verschwunden war, sah Xhex Trez mahnend an. » Du solltest dir andere Bezugsquellen suchen.«
» Es ist praktisch, und ich passe auf.«
» Die Sache ist nicht sicher. Außerdem bringst du ihren Kopf ganz durcheinander.«
» Ich nehme nie zweimal die Gleiche.« Trez legte Xhex einen Arm um die Schulter. » Aber genug davon. Du gehst?«
» Ja.«
Zusammen schlenderten sie auf die Tür zu, durch die auch das Barmädchen verschwunden war. Verdammt … es war alles wie früher, so als wäre nichts geschehen, seit sie das letzte Mal zusammen abgeschlossen hatten.
Weitere Kostenlose Bücher