Black Dales
an welcher der Danag sie gebissen hatte. Es tat noch immer ein wenig weh, wenn Kate die Wunde berührte, und heute Morgen vor dem Spiegel hatte ihr Anblick der jungen Frau vor lauter Verzweiflung die Tränen in die Augen getrieben.
Kate schluckte den heißen Kaffee hinunter und zwang sich mit aller Kraft, an etwas anderes zu denken. Doch sobald sie den Danag für einige Minuten zu vergessen versuchte, drängte sich ein anderes Gesicht in ihren Kopf. Eines mit nachtschwarzen Haaren und leuchtend grünen Augen.
Ein Kribbeln, so stark, dass es beinahe schmerzte, breitete sich in ihrem Bauch aus, sobald sie daran dachte, was vor ein paar Stunden zwischen Nathan und ihr vorgefallen war. Sie konnte noch immer kaum begreifen, dass es mehr gewesen war als ein Traum. Dass ausgerechnet sie es sein sollte, in die Nathan Combs sich verliebt hatte (schon der Gedanke daran ließ sie rot werden), kam ihr so abwegig vor, dass sie keine Ahnung hatte, wie es weitergehen würde. Auch wenn sie es sich nur schwer eingestehen konnte; seit sie wach war, fürchtete sie sich vor der ersten Begegnung mit Nathan.
Nun, wo er zu ihrer großen Erleichterung nicht wie sonst mit am Tisch saß, ließ sie sich mit dem Frühstück so lange wie möglich Zeit, auch wenn sie wusste, dass sie ihm zwangsläufig früher oder später über den Weg laufen würde. Wie sie reagieren würde, wusste sie beim besten Willen nicht – vermutlich würde sie bei seinem Anblick entweder auf dem Absatz kehrtmachen und davonlaufen oder aber ihn so versteinert anstarren, dass sie nicht einmal mehr den Mund aufbekommen würde.
Andererseits, dachte sie, während sie den letzten Bissen hinunterschluckte, zu sitzen und zu warten, bis die beiden Männer hereinkamen, war vermutlich noch viel unangenehmer.
Also legte sie ihr Besteck auf den Teller und stand auf. Sie wollte sich auf die Suche nach Allan machen. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit etwas finden können, das ihnen helfen konnte und das sie ein bisschen von ihren dunklen Gedanken ablenkte.
Sie trat in die stille Eingangshalle und hielt vor der Tür zum rechten Flügel inne – sie ertappte sich dabei, wie sie einige Sekunden nach einer der beiden Stimmen lauschte, bevor sie die Tür öffnete, den Flur durchquerte und den Salon betrat.
Einige der Bücher, die am Tag zuvor noch auf dem Tisch gelegen hatten, waren verschwunden und einer der Sessel vor dem Kamin war zurechtgerückt worden. Einer der beiden Männer musste also noch einmal hier gewesen sein, doch jetzt war der Raum verlassen. Kate ging sicherheitshalber noch einmal im Kaminzimmer nachsehen, ohne eine Spur von Allan zu entdecken, dann stieg sie die Treppe hinauf in den ersten Stock.
Auf dem oberen Absatz blieb sie stehen. Ein Geräusch wie das Zuschlagen eines schweren Buches drang aus dem rechten Korridor zu ihr herüber.
Langsam trat sie ein.
Der Flur war ein wenig breiter und länger als der, an dem ihr Zimmer lag. Er erstreckte sich über den gesamten rechten Flügel des Manors, bis er schließlich vor zwei breiten Treppen auf der rechten Seite endete. Türen gab es wenige, bloß zwei zu jeder Seite, doch der Länge des Korridors nach zu schätzen, mussten die Räume dahinter riesig sein.
Sie waren riesig, stellte Kate fest, als sie im Vorbeigehen durch eine halb geöffnete Tür in das Zimmer und dahinter auf die Auffahrt blicken konnte.
Fast schon ganz am Ende des Korridors stand links eine weitere Tür offen.
Als Kate Allans leises Murmeln vernahm – es konnte auch ein Fluchen sein – und ihm niemand antwortete, beschleunigte sie ihre Schritte ein wenig.
Kurz vorher blieb sie jedoch wie angewurzelt stehen.
An der Wand zu ihrer Linken hingen zahlreiche kunstvolle Portraits, die ihr mit all den kräftigen Farben sofort ins Auge fielen. Es waren mindestens zehn, schätzte sie, ohne genau nachzuzählen, denn die Bildnisse selbst faszinierten sie viel mehr. Sie alle zeigten Frauen und Männer in recht teurer Kleidung, auch wenn Kate sich zu wenig auskannte, um das genau beurteilen zu können, und den feinen Namen am Bildrand nach zu urteilen, waren sie alle Mitglieder der Familie Combs.
Fast andächtig und mit einem leichten Kribbeln in der Magengegend schritt Kate Portrait für Portrait ab. Es war unglaublich! Sie waren Jahrhunderte alt, Gesichter aus einer völlig anderen Welt – und dennoch hingen dort Nathans naheste Verwandte.
Zwei der Gemälde konnten nur seine Großeltern zeigen, daneben hingen zwei Portraits, auf denen ein
Weitere Kostenlose Bücher