Black Dales
und die Kerzen schienen zwischen diesen Mauern einen seltsamen Zauber zu spinnen, der sie in der Zeit zurückversetzte. Die Möbel schienen nicht länger antik, sondern eben erst gefertigt für die reiche Familie dieses Hauses, die Portraits fast noch feucht von der frischen Farbe und die Sessel vor dem Kamin gerade neu bezogen.
Kate senkte ihren Blick wieder auf das Buch, das auf ihren Knien lag, doch nur Sekunden später sah sie ein zweites Mal beunruhigt auf.
Und bekam einen unglaublichen Schreck.
Nathan stand nur wenige Zentimeter neben dem Sofa und sah sie mit einem unerklärlichen Blick an, als versuchte er zu ergründen, was der jungen Frau in diesem Moment durch den Kopf ging.
Kate holte erschrocken Luft, als sie ihn so unerwartet vor sich sah.
»Hör auf damit!«, keuchte sie mit klopfendem Herzen, und er musste lächeln – ganz eben, dass man nicht sicher sein konnte, ob die schmalen Lachfalten um seinen Mund nicht bloß Schattenspiele des Feuers auf seinem Gesicht waren.
Er verharrte so noch einige Herzschläge, dann ging er wortlos um das Sofa herum und ließ sich neben Kate elegant auf dem weichen, elfenbeinfarbenen Polster nieder.
»Ich habe etwas für dich«, sagte er nur, nachdem sie das Buch auf dem Couchtisch abgelegt hatte, und streckte ihr wortlos seine Hand entgegen. »Nimm es.« Er öffnete seine Finger und ließ das Licht auf eine kleine Schatulle fallen.
Kate sah ihn überrascht an. »Was ist das?«
»Mach sie auf, dann siehst du es.«
Zögernd nahm sie das Kästchen entgegen. Sie wog es ein paar Mal hin und her und klappte dann den Deckel nach oben.
Als sie den Inhalt sah, schnappte sie nach Luft.
Im Inneren der Schachtel, zwischen dem zarten, roten Stoff, lag eine feine Silberkette mit einem Anhänger in Form eines Kreuzes. Es war etwas kürzer als der kleine Finger von Kates Hand, ebenfalls aus Silber gefertigt und über und über mit roten und weißen Steinen besetzt. In der Mitte prangte der größte von allen – er war leuchtend grün wie Nathans Augen.
Kate wusste nicht, was sie sagen sollte. »Nathan, sind das…« Sie brauchte den Satz nicht zu Ende sprechen – natürlich waren es echte Steine. Diamanten, Rubine, was auch immer, aber eins stand fest: dieses Stück musste ein Vermögen wert sein.
»Es hat meiner Schwester gehört«, erklärte Nathan und betrachtete das Kreuz, wie es in Kates Hand lag. »Ich möchte, dass du es trägst.«
Sie strich vorsichtig mit ihren Fingern über den Smaragd in der Mitte, als würde sie ihn auf diese Weise noch mehr zum Leuchten bringen können. »Es ist wunderschön!«
»Ja.« Nathan nickte mit einem zarten Lächeln. »Es ist nicht geweiht, aber es ist aus Silber. Auch wenn es dem Adamantiten nicht viel anhaben kann – vor jedem anderen Danag wird es dich schützen. Es kann sie nicht ewig abhalten, aber es wird sie sicher erschrecken. Ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, dass du es trägst.«
Kate lächelte dankbar und drehte das Kreuz bewundernd hin und her. Als sie sah, wie Nathan es mit verbittertem Ausdruck musterte, hielt sie jedoch inne.
»Was hast du?«, fragte sie vorsichtig und umschloss das Schmuckstück mit der Hand – beinahe so, als hätte sie die Angst, Nathan könnte es sich womöglich anders überlegen und ihr das Kreuz wieder abnehmen.
Seine Miene wechselte innerhalb von Sekunden von verbittert zu bedrückt. Er schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Ich hätte es dir viel früher geben müssen«, gestand er sich mit müder Stimme ein und seufzte. »Es ist die einfachste Sache auf der Welt, sich ein Kreuz in die Tasche zu stecken, und die wirkungsvollste Möglichkeit überhaupt, sich gegen Vampire zu schützen! Das Allererste, was ich Allan bei unserem ersten Gespräch geraten habe, war, dass er sich ein Kreuz einstecken soll, falls er fürchtet, dass ihm noch einmal etwas zustoßen könnte. Er trägt es seit annähernd dreißig Jahren so gut wie immer bei sich – und ich? Ich habe tatsächlich nicht daran gedacht, dir dies hier vor dem Ritual zu geben.« Er nickte in Richtung Kates geschlossener Hand.
Kate musterte sein makelloses Gesicht mit einem flauen Gefühl im Magen. Die Art, wie Nathan dasaß, passte nicht zu ihm – sie wollte nicht, dass sie zu ihm passte. Er, der sonst einfach immer vollkommen zu sein schien, der alles wusste, konnte, der immer die richtigen Worte für alles fand und jede Situation mühelos beherrschte – diese Person saß nun so niedergeschlagen vor ihr und machte sich
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