Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
die Oberlippe, dann hakte sie sich wieder bei Adam ein und führte ihn weiter den Gang hinab.
Alles in mir verlangte danach, so schnell wie möglich wieder die Treppe hinaufzurennen. Stattdessen folgte ich den beiden ins Herz der Finsternis.
Hinter einem der Fenster, an denen wir vorbeikamen, waren die Vorhänge zugezogen. Dominic beugte sich unauffällig zu mir hinüber.
»Das ist die mittelalterliche Folterkammer«, flüsterte er.
Mein Herz machte einen Satz, und ich musste mich zwingen, weiterzugehen und so zu tun, als sei an dem Raum nichts Besonderes. Ich spitzte die Ohren, hörte jedoch keine Schreie aus dem Zimmer dringen. Ich betete, dass sie Brian in Ruhe ließen, und wünschte mir, wir könnten diesen kleinen Ausflug irgendwie beschleunigen.
Shae und Adam blieben vor einer der Türen stehen, und Shae kramte ein Schlüsselbund aus ihrer Tasche hervor.
Dominic stieß einen leisen Fluch aus.
Wie man sich leicht vorstellen kann, gefiel mir diese Reaktion überhaupt nicht.
Adam versperrte mit seinem massigen Körper den Eingang und starrte Shae wortlos ins Gesicht. Ich riskierte einen Blick durch das Fenster und versuchte, so gut ich konnte, eine gleichgültige Miene zu behalten.
Dieser Raum war bei weitem nicht so aufwendig ausstaffiert wie das Klassenzimmer. Sein Zweck war deswegen jedoch keineswegs weniger offensichtlich.
In der Mitte des Raumes stand ein gepolsterter, höhenverstellbarer Tisch, wie man ihn im Behandlungszimmer eines Arztes findet. Allerdings waren an den Tischbeinen breite Lederschnallen angebracht.
An einer der Wände hing ein umfangreiches Sortiment an Peitschen und Schlagpaddeln. Es erinnerte an Adams schwarzes Zimmer, wirkte aber noch abstoßender, weil es sozusagen für den öffentlichen Gebrauch bestimmt war. Ich betrachtete die Fesseln an den Tischbeinen und brauchte nicht lange, um zu begreifen, in welcher Position das Opfer an den Tisch gefesselt wurde.
»Danke, dass du uns den Raum umsonst benutzen lässt«, sagte Adam zu Shae, immer noch mit dem gleichen nichtssagenden Ausdruck im Gesicht.
»Oh, die Freude liegt ganz auf meiner Seite.« Ihr Grinsen war wölfisch und widerlich.
Die beiden starrten einander weiter an. Keiner von beiden gab nach, keiner sagte ein weiteres Wort. Ich blickte zu Dominic hinüber und sah, wie seine Backenmuskeln arbeiteten. Ich hatte den Verdacht, dass die Aussicht, sich allein mit Adam ein bisschen in diesem Raum zu »vergnügen«, durchaus seinen Reiz für ihn gehabt hätte. Aber nicht auf diese Weise.
Es war Adam, der schließlich als Erster den Blick abwendete, was mich überraschte.
»Ich werde den Vorhang zuziehen«, sagte er. »Wenn du willst, kannst du dein Gratisangebot gerne widerrufen, aber …«
Shae lächelte ihn an. »Lass uns am besten drinnen weiterreden«, sagte sie und wies auf das Zimmer.
»Shae …«
»Drinnen, Adam. Ich weiß, warum ihr hier seid, und ich denke nicht, dass wir uns im Gang darüber unterhalten sollten, oder?«
Ich traute meinen Ohren kaum.
Noch nie hatte ich gesehen, dass Adam unsicher wirkte, doch jetzt tat er es. Hätte ich mich nicht gefühlt, als habe mir gerade jemand eine Faust in den Magen gerammt, hätte ich bestimmt großen Spaß an dem Anblick gehabt. Shae stemmte die Hände in die Seiten und zog die Augenbrauen hoch.
»Lass uns hören, was sie zu sagen hat«, schlug Dominic vor. Er sah aus, als sei er außer sich vor Angst, und ich wünschte mir, ich hätte ihn nie in diesen Schlamassel mit reingezogen.
»Na gut«, sagte Adam, doch ich merkte, dass ihm die Sache nicht gefiel.
Dicht gefolgt von Shae betrat er das Zimmer. Dominic wollte den beiden ebenfalls folgen, doch ich hielt ihn am Ärmel fest.
»Dominic –«, sagte ich, aber er ließ mich nicht weiterreden.
»Was auch immer mir passiert: Ich habe mich freiwillig darauf eingelassen. Das kann man von deinem Brian nicht behaupten.«
Bei dem Gedanken, dass er bereit war, sich für einen Mann zu opfern, den er noch nicht einmal kannte, traten mir Tränen in die Augen. Natürlich war er auch bereit gewesen, einem Dämon als Wirt zu dienen und dadurch vielen Menschen das Leben zu retten, die er nicht kannte. Irgendwie lag es wohl in seiner Natur. Früher hätte ich ihn dafür verhöhnt. Doch jetzt begriff ich, wie selbstlos und heldenhaft sein Verhalten war, und wünschte mir, ich könnte all die bösen Dinge zurücknehmen, die ich zu ihm gesagt hatte.
Ich begnügte mich damit, unauffällig seine Hand zu drücken. »Du bist ein
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