Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
Vom Netzwerk:
doch nicht hier liegen lassen. Der ist verletzt«, sagte ich, und Aasen zuckte im Halbdunkel mit den Schultern.
    »Jetzt komm schon«, sagte ich, aber Aasen rührte sich nicht.
    »Steig du zuerst aus«, sagte er.
    »Ich?«, fragte ich und beobachtete durch die Windschutzscheibe, ob die lebende Leiche sich noch bewegte.
    »Wir steigen gleichzeitig aus. Auf drei«, sagte Aasen.
    »Heißt das, bei drei schon aussteigen, oder dann, wenn normalerweise die Vier käme?«, fragte ich, weil das ja immer das Problem bei auf drei war. Und als Schlagzeuger nahm es Aasen sicher sehr genau.
    »Bei vier. Also der gedachten Vier«, sagte Aasen.
    »Du zählst ein«, sagte ich.
    »Eins, zwei, drei … «
    Ich wartete natürlich, bis Aasen die Tür aufmachte, bevor ich mich bewegte. Wir traten gemeinsam vor den Porsche Carrera und schauten uns das Ding an, das vor uns bäuchlings auf der Motorhaube lag. Die Haut am Rücken war unversehrt, aber die Arme waren mit Narben übersät. Aus dem einen Arm sickerte zudem Blut, das im Halbdunkel wie Tinte aussah. Wir hoben den Untoten von der Motorhaube und legten ihn letztlich quer über die hinteren Notsitze. Dazu baute Aasen vorher den halben Beifahrersitz aus, während ich das Ding unter den Achseln festhalten musste. Die lebende Leiche war schwer und roch nach Rost und Mottenkugeln. Und süßlich. Sie wurde mit jeder Sekunde schwerer, und für einen Moment dachte ich, die Leiche wäre gestorben. Aber sie ächzte irgendetwas, das ich nicht verstand. Wir legten sie ins Auto. Danach waren meine Hände voller Schminke, Dreck und Blut.
    »Wo wohnst du?«, fragte ich den Untoten. Er wimmerte etwas auf Norwegisch und war bei genauerem Hinsehen ein ziemlich junger Mensch.
    »Was sagt er?«, fragte ich Aasen.
    »Das Licht kommt bald«, sagte der.
    »Welches Licht?«, fragte ich.
    »Frag nicht mich, frag ihn«, sagte Aasen.
    »Wie heißt du?«, fragte ich die Leiche.
    »Demogorgon«, wimmerte er.
    »Du spielst nicht zufällig bei Utgang?«, fragte ich, weil das ja kein Zufall sein konnte, dass uns kurz vor Fykse so ein Typ vors Auto lief. Oder der Bevölkerungsanteil an Leuten, die wie Leichen geschminkt waren, war in Norwegen doch höher, als ich gedacht hatte.
    Demogorgon hustete aufs Erbärmlichste und spuckte mir dabei ins Gesicht, das ich mittlerweile über ihn gebeugt hatte, um ihn besser zu verstehen.
    »Es hilft nichts, wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen«, sagte Aasen. »Der ist vollkommen im Arsch.«
    »Warum rufen wir keinen Krankenwagen?«, fragte ich und wischte mit dem Ärmel über mein Gesicht.
    »Der Typ hat schon eine Menge Blut verloren, so wie der aussieht. Es dauert mindestens eine halbe Stunde, bis ein Krankenwagen hier ist«, sagte Aasen.
    »Du wolltest ihn doch ursprünglich liegen lassen«, sagte ich.
    »Ich stand unter Schock«, sagte Aasen.
    »Wie weit ist es bis zum nächsten Krankenhaus?«, fragte ich.
    »Das nächste Krankenhaus ist in Bergen. Wir sollten umdrehen.«
    »Und was ist mit dem Mandel?«
    »Wir kommen morgen wieder hierher zurück und suchen ihn«, sagte Aasen.
    »Morgen ist zu spät. Verdammter Scheißdreck. Nichts läuft, wie es soll«, sagte ich.
    »So ist es halt«, sagte Aasen.
    Wir quälten uns über eine Stunde zurück nach Bergen, mit dem verwesenden Demogorgon auf dem Notsitz. Die wenigen Hautpartien, die nicht mit Blut, Erde oder Schminke bedeckt waren, schimmerten blau. Er war vermutlich völlig ausgekühlt. Er röchelte so deprimierend vor sich hin, dass ich das Radio einschaltete. Auf dem Rocksender lief »Communication Breakdown« von Led Zeppelin. Radio-Pointen, da waren sie wieder. Irgendwann fiel mir auf, dass das Röcheln so etwas wie einem Redeversuch gewichen war. Ich machte das Radio leiser.
    »Ich bin nur ein Besucher. Mein Blut verklumpt auf dieser Welt«, sagte er auf Englisch, und es war schwer zu verstehen wegen dem Unterkiefer. Doch er sagte es langsam und wiederholte es etliche Male.
    Ich fühlte mich grässlich.
    »Die Universitätsklinik kommt gleich da vorne«, sagte Aasen, der auch jetzt, trotz der gebotenen Eile, keinen halb so flotten Fahrstil wie Vilde pflegte. Dann klingelte sein Telefon.
    »Hallo?«, sagte Aasen.
    »Für dich«, sagte er dann und gab mir das Telefon. Es war Skull.
    »Hey, Arschloch«, sagte er.
    »Hey, Skull«, sagte ich.
    »Raske hat angerufen, ich soll dir was ausrichten.«
    »Ich höre.«
    »Wenn du deinen Freund sehen willst, geh jetzt zum Feuerwerk.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher