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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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hatte immer gedacht, dass Sportwagen per se ungemütlich sind. Es war das erste Mal, dass ich in einem saß.
    »Was ist denn das für ein Modell?«, fragte ich ohne den Hauch einer Ahnung, was für Modelle es unter Porsche Carreras überhaupt gab.
    »Ein 911 SC . Aber das ist das Jubiläumsmodell von 1981«, sagte Vilde.
    »Schönes Grau«, sagte ich.
    »Das ist Meteormetallic«, sagte Vilde.
    »Der ist aber noch gut in Schuss«, sagte ich, weil mir nichts Dämlicheres einfiel. Vilde steuerte rückwärts aus der Garage, dann fuhr sie unsanft an und ließ die Aasen-Residenz schnell hinter sich. Mein Telefon klingelte. Es war eine unbekannte Nummer.
    »Singer?«, sagte ich.
    »Ich bin’s«, sagte der Mandel. »Komm her!«

16: PO L I TI
    Die zweite Nacht im Wohnwagen war für den Mandel unangenehmer als die erste. Erstens, weil Neofenrir neben ihm auf dem Boden schlief und schnarchte wie ein wilder Hund, zweitens, weil ihm die Zigaretten ausgegangen waren und er weder vor dem Einschlafen noch nach dem Aufstehen eine rauchen konnte. Als die Band und der Mandel um halb elf im Gardsrestaurant beim Frühstück saßen, war der Mandel schlecht gelaunt deswegen. Natürlich hatten sie sich alle noch in der gestrigen Nacht das Video von Dark Reich auf dem PC angesehen, auf dem der alte Myklebust sonst immer seine Monatsabrechnung machte. Aber dann hatte der junge Myklebust angeordnet, erst am Morgen in aller Nüchternheit darüber zu entscheiden, was als Nächstes zu tun sei. Während das Video lief, hatte der Mandel ganz genau in das Gesicht von Myklebust geschaut, als plötzlich Baalberith in dem vergilbten Röhrenmonitor aufgetaucht war. Aber er hatte keine Reaktion ablesen können. Der Mimik nach war es für Myklebust keine Überraschung gewesen, Baalberith zu sehen. Für den Mandel auch nicht, der hatte still in sich hineingesagt: »Sigi, du Hund.« Dass er quasi von der ersten Sekunde an erkannt hat, dass das nicht der echte Baalberith ist, sondern dass ich das bin in dem Video, wundert mich schon.
    »Billige Provokation«, sagte Myklebust und zupfte das teigige Innere aus seiner Frühstückssemmel heraus.
    »Aber der Hack auf unserer Website ist eine Frechheit«, sagte Neofenrir.
    »Kinderkram. Raske kann das entfernen, der weiß, wie das geht«, sagte Myklebust.
    »Ich bin kurz telefonieren«, sagte der Mandel und stand auf.
    Er benutzte erneut das Telefon in der Küche und ließ es mindestens fünfmal bei mir klingeln. Das war, als ich bei Vilde auf der Couch auf meinem eigenen Telefon saß.
    »Herr Mandel, ich fahr jetzt rüber zu Raske, kommst du mit?«, rief Myklebust aus der Gaststube, und der Mandel hängte den Hörer auf.
    Das Herumgefahre am Hardangerfjord hatte sich für den Mandel in den letzten Tagen zu einer derartigen Routine entwickelt, dass er noch nicht einmal mehr aus dem Fenster schaute. Er starrte auf seine italienischen Lederschuhe und fragte sich, wo er jetzt Zigaretten herbekam. Wenn man Myklebust so reden hörte, hätte man meinen können, er und Raske wohnten in benachbarten Dörfern. In Wirklichkeit war auch hier wieder eine knappe Stunde Fahrzeit quer durchs Gebirge notwendig, um von Fykse nach Mundheimsvegen zu gelangen. Und an den Felswänden hingen keine Zigarettenautomaten.
    »Warum hat sich deine Mutter umgebracht?«, fragte der Mandel, weil ihm langweilig war.
    »Ist das eine journalistische Frage?«, fragte Myklebust.
    »Nein, es interessiert mich. Meine Mutter hat sich auch umgebracht«, sagte der Mandel.
    »Tatsächlich? Das tut mir leid. Aber es gibt eigentlich keinen Grund zu trauern, wenn sich jemand freiwillig das Leben nimmt.«
    »Das ist Unsinn«, sagte der Mandel.
    »Warum hat sie sich umgebracht?«, fragte Myklebust.
    »Sie war unglücklich«, sagte der Mandel.
    »Warum?«, fragte Myklebust.
    »Mein Vater hat sie schlecht behandelt. Sie war irgendwie am falschen Ort.«
    »Was meinst du damit?«
    »Sie wollte nicht da sein, wo sie war, beziehungsweise nicht die sein, die sie war. Auf dem Land, in dieser Enge, mitten unter diesen grässlichen Leuten. Sie wollte Kultur in ihrer Nähe haben, und sie wollte Gespräche, aber sie hatte noch nicht einmal einen Führerschein, und die nächste Stadt war dreißig Kilometer weit weg. Und sie wollte verreisen. Aber am Ende ist sie immer am selben Fleck geblieben. Wegen mir und meinem Bruder ist sie dageblieben. Deshalb konnte sie nicht weg. Wir haben sie praktisch an einem eigenen Leben gehindert.«
    »Jeder kann so leben, wie er leben

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