Black Mandel
will«, sagte Myklebust.
»Mit Kindern geht das nicht«, sagte der Mandel.
»Hast du Kinder, Herr Mandel?«
»Nein.«
»Warum nicht? Du bist doch schon alt«, sagte Myklebust.
»Weil ich machen will, was ich machen will«, sagte der Mandel.
»Verstehe«, sagte Myklebust, und er sah so aus, als müsste er über etwas nachdenken.
»Warum hat sich deine Mutter umgebracht?«, fragte der Mandel.
»Sie war eine blöde Kuh«, sagte Myklebust, und für ihn war das Thema damit beendet, obwohl der Mandel ausgerechnet ihn in die autobiografischen Karten hatte schauen lassen, was einer Sensation gleichkam.
»Was ist Grimnir für ein Typ?«, fragte der Mandel, und jetzt ist die Frage, ob ihn das verletzt hatte, dass seine Offenheit so abgeblockt worden war. Und ob er jetzt einfach so weiterfragte, als ob nichts passiert sei, weil er sich nicht anmerken lassen wollte, dass sein emotionaler Ausbruch so brutal übergangen worden war. Andererseits, vielleicht ist der Mandel auch genauso hart im Einstecken wie im Austeilen von Indifferenz.
»Grimnir ist ein Kranker«, sagte Myklebust. »So einen brauchst du in einer Band. So einer ist nicht für die Musik, sondern für die Atmosphäre zuständig. Schau ihn dir an, der ist ohne Make-up schauderhafter als mit. Und er ist ein Nerd. Er hat ein Faible für den Tod.«
»Ein Faible für den Tod?«, fragte der Mandel nach.
»Er mag den Geruch von Tod, sagt er. Er schläft zu Hause mit toten Tieren im Bett, hat Neofenrir erzählt. Er sagt, er will sich schon mal an den Geruch gewöhnen. Es gibt auch die Geschichte, dass Grimnir sich mal von einem Freund in seinem Vorgarten lebendig hat begraben lassen.«
»Und dann?«, fragte der Mandel.
»Der Freund hat ihn wieder ausgegraben. Nach ein paar Stunden in einer Holzkiste.«
»Woher kennst du ihn?«
»Er hat auf ein Inserat geantwortet. Er kommt aus der Nähe von Bergen. Reiche Eltern, soweit ich weiß. Schau dir seinen Verstärker und seine Gitarren an. Hast du seine Narbe gesehen? Den Halbmond?«
»Ja«, sagte der Mandel.
»Er hatte mit seinen Eltern einen Autounfall, als er klein war. Er war als Einziger nicht angeschnallt. Schädeltrauma. Angeblich eine Nahtoderfahrung. Er schreibt Gedichte und Texte für ein okkultistisches Magazin namens The Claws of Death . Außerdem malt er Dämonen und Vampire und so einen Scheiß. Er ist ein Kindskopf. In dem Zimmer im Haus seiner Eltern, wo er wohnt, hat er auf einer ganzen Wand ein Bild von Theodor Kittelsen nachgemalt.«
»Was für ein Kittelsen-Bild?«, fragte der Mandel, und weiß der Geier, woher der Mandel überhaupt wusste, wer das war.
» Pesta i trappen , die Pest auf der Treppe«, sagte Myklebust.
»Das ist gut«, sagte der Mandel, der Kunstkenner.
»Und Nergal, also Neofenrir, warum spielt er bei Utgang?«, fragte er weiter.
»Er ist der Spaßvogel, das ist dir sicher aufgefallen. Er ist loyal, und dass er bei Dark Reich spielt, hilft uns weiter. Raske hat ihn mir empfohlen. Außerdem ist er ein guter Schlagzeuger.«
»Und woher kennst du Raske?« Der Mandel war offensichtlich wild entschlossen, Myklebust ein Loch in den Bauch zu fragen. Myklebust schien das nichts auszumachen, vielleicht verweilte er noch in dem Glauben, der Mandel schreibe eine Reportage über ihn und seine Band.
»Er ist mein Vorbild, seit ich vierzehn war. Ich habe ihm über seine Website geschrieben und gesagt, dass ich Musik mit ihm machen möchte. Er hat mich zu sich eingeladen, und wir haben ein bisschen an Texten und Riffs gearbeitet. Er sagte mir, ich solle meine eigene Band gründen, er würde mich unterstützen.«
»Ist Utgang deine erste Band?«
»Nein, in der Schule habe ich mit ein paar Leuten in einer Death-Metal-Band gespielt. Sie hieß Gravery. Es war seelenlose Musik, es ging nur ums Schnellspielen. Damals hab ich Gitarre gespielt.«
»Und jetzt Bass, ist das nicht ein Abstieg?«, fragte der Mandel, und das tut mir jetzt für alle mitlesenden Bassisten leid, dass der Mandel das so direkt angesprochen hat, aber so ist es nun einmal.
»Es ist egal, welches Instrument man spielt. Es ist wichtig, die Gesamtvision im Auge zu behalten«, salbaderte Myklebust.
»Du bist ja noch der Sänger«, tröstete ihn der Mandel.
Nachdem sie den Volkswagen an der schmalen Straße von Omastrand geparkt hatten, rief Myklebust bei Raske an, und nach zehn Minuten, in denen der Mandel anderthalb Zigaretten geraucht hätte, wären sie in der Zwischenzeit an einem Automaten oder einem Supermarkt
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