Black Mandel
Kopfhörer vom Kopf – mit einer solchen Wucht, dass ich ihm eine regelrechte Ohrfeige verpasste. Aasen boxte mir zur Revanche seine knöcherne Faust in die Rippen. Ich ging zu Boden, und er fiel über mich her wie ein ausgehungerter Wolfshund. Er trommelte auf meinem Brustkorb herum.
»Dein Haus brennt«, schrie ich.
Er ließ abrupt von mir ab und rannte die Treppe hoch, die in den Wohnbereich führte. Ich stand auf und folgte ihm. Aasen öffnete die Tür zum Wohnbereich, und zwei Sekunden später war schon der Rauch im Keller. Er schlug sie wieder zu und sah mich vorwurfsvoll an.
»Was ist hier los?«, schrie er.
»Ich sagte doch, es brennt!«, schrie ich zurück.
»Wieso brennt es?«, schrie er.
»Es ist ein Anschlag. Wir müssen jetzt raus«, schrie ich.
Aasen stürzte zum Ausgang, und ich rannte hinterher. Draußen auf der Terrasse wartete Vilde auf uns. Sie fiel Aasen in die Arme, während wir schon die Sirenen hörten. Auf der Vorderseite vom Haus standen ein paar Nachbarn und starrten auf den Rauch, der aus der beschädigten überlangen Fensterfront herausquoll.
»Jetzt reicht’s aber langsam«, sagte Aasen.
Die Bergener Feuerwehrautos sahen aus wie die, mit denen ich als Kind gespielt hatte. Diese tiefroten Wagen mit den langen Leitern, die man als Junge so faszinierend findet. Im Nachhinein schwer nachzuvollziehen, denn was ist an einer Dienstleistung so toll? Es soll sogar Kinder geben, die ganz verrückt nach der Müllabfuhr sind. Vielleicht sind es die Signalfarben. Feuerwehrleute in gelben Neonjacken rannten auf das Haus zu. Einer mit einer Axt. Aasen lief zu ihnen hin und schrie ihnen auf Norwegisch etwas zu.
»Was sagt er?«, fragte ich Vilde.
»Er schließt ihnen auf, sie sollen nicht die Tür kaputt hacken«, sagte Vilde.
Der Brand selbst war wohl leicht unter Kontrolle zu bringen, aber der Ruß hatte die Wohnetage vorerst unbewohnbar gemacht. Der Keller war verschont geblieben, und so saß ich mit Aasen und Vilde ein paar Stunden später an dem Schreibtisch, an dem er gerade noch gearbeitet hatte.
»Vielleicht war das mit der Videobotschaft doch keine gu te Ide e«, sagte Vilde und lächelte mich sanft an, damit ich nicht auf die Idee kam, dass sie mich persönlich kritisieren wollte.
»Ich versteh das nicht«, sagte Aasen und rieb sich das linke Ohr, an dem ich ihn vorher getroffen hatte.
»Was verstehst du nicht?«, fragte ich.
»Wieso greift man mich an? Utgang und Raske können gar nicht wissen, dass ich etwas mit dem Video zu tun hatte.«
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Ich habe mit Balrog telefoniert. Sein Haus hat niemand angezündet. Auch das von Abbadon nicht«, sagte Aasen. Er schien beleidigt zu sein.
»Hast du der Polizei von unserem Video erzählt?«, wollte ich wissen.
»Natürlich nicht. Hast du deinen Mankel erreicht?«, fragte Aasen.
»Mandel. Leider nicht. Ich werde nach Fykse fahren, wenn mir jemand ein Auto leiht. Ich mache mir langsam Sorgen.«
»Kann ich mitkommen?«, fragte Vilde.
»Natürlich«, sagte ich.
»Vielleicht galt der Anschlag ja dir. Schließlich war das Video deine Idee. Du wolltest ja unbedingt Krieg«, sagte Aasen.
»Sigi will nur meinen Bruder finden«, sagte Vilde.
»Wir müssen unbedingt den Mandel warnen, ich hätte das schon vorher machen sollen«, sagte ich.
»Gunarr?«, sagte Vilde und sah ihren Ex-Freund an, wie man nur einen Ex-Freund ansehen kann, mit dem man selbst Schluss gemacht hat.
»Nehmt den Zweitwagen«, sagte Aasen und fingerte einen Autoschlüssel von seinem Schlüsselbund. Vilde nahm ihn entgegen und streichelte Aasens vernarbte Wange, was dem Troll ein erschöpftes Lächeln abrang. Nachdem er uns nach draußen begleitet hatte, betätigte er eine kleine Fernbedienung, die er aus seiner schwarzen Jeansjacke geholt hatte. Das große Garagentor öffnete sich und gab den Blick auf einen älteren silbergrauen Porsche Carrera frei.
»Darf ich fahren?«, fragte mich Vilde. »Ich bin früher oft mit ihm herumgefahren.«
I used to drive him around a lot.
»Mit ihm ?«, fragte ich.
»Er ist eine Augenweide, oder?«, sagte Vilde.
Vilde steckte den Schlüssel ins Schloss der Fahrertür und stieg ein. Ich zog an der Beifahrertür, aber sie blieb zu. Keine Zentralverriegelung. Vilde öffnete mir die Tür von innen und ließ den Motor an. Entgegen meiner Befürchtung gab es im Auto genug Beinfreiheit, und auch die weinroten Schalensitze mit Stoff in der Mitte und dem glatten Leder an den Seiten waren nicht unbequem. Ich
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