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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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hat gesagt, er ist krank«, sagte er.
    »Du kannst nicht zufällig Bass oder Gitarre spielen?«, fragte Neofenrir den Mandel.
    »Nein, im Gegenteil«, sagte der Mandel.
    »Dann fällt die Probe aus, oder?«, sagte Neofenrir.
    »Sieht so aus«, sagte Myklebust.
    »Schade«, sagte der Mandel, der Utgang gerne mal hätte spielen hören.
    Der Mandel hatte gerade eine von Grimnirs Gitarren in die Hand genommen und angefangen, einzelne Saiten anzuschlagen, als etwas durch den Spalt in den Proberaum gekrochen kam. Es steckte in einer schwarzen Lederjacke und einer engen schwarzen Hose. Als es aufstand, erschrak der Mandel kurz, und das ist kein Wunder. Bei Grimnir sah die Leichenschminke noch leichenhafter aus als bei allen anderen. Er hatte die Augen nicht nur schwarz umrandet, sondern sternförmig davon ausgehend weitere dünne Linien eingezeichnet, die wie schwarze Blutspritzer wirkten. Auch die Mundpartie und die Lippen waren schwarz angemalt, und aus den Mundwinkeln zeigten zwei schwarze Spitzen nach unten, als würde ihm das Schwarz aus dem Mund laufen oder sich kleine Spinnen daraus abseilen. Überhaupt wirkte es so, als würde Grimnir das Schwarz von innen nach außen schwitzen, wie eine Körperflüssigkeit. Nur in die Halbmondnarbe war die Schminke nicht gelangt. Grimnir hielt etwas in der rechten Hand, von dem Blut auf den Höhlenboden tropfte. Etwas Goldbraunes mit einem Fell. Das warf er Myklebust vor die Füße und sagte etwas auf Norwegisch. Die tote Katze hatte sehr spitze Ohren für eine Katze, fand der Mandel. Vermutlich eine einheimische Rasse. Aus der Innentasche seiner Lederjacke zog Grimnir ein gezücktes Klappmesser heraus. Er leckte die Klinge ab. Der Mandel drehte sich angewidert weg, er kann das nicht mit ansehen, wenn jemand ein Messer ableckt. Ich mach das manchmal mit dem Nutellamesser im Büro, da ist er kurz vorm Ausflippen.
    »Rævhøl«, sagte Myklebust, und das heißt »Arschloch« .
    Grimnir ließ sein Messer wie in einem Ritual vielsagend in der Luft kreisen, wobei er sich langsam auf Myklebust zubewegte.
    »Der hat irgendwas genommen«, sagte Neofenrir leise zum Mandel. Beide standen ein wenig abseits und sahen zu, wie Grimnir sich mit seinem Messertanz Myklebust näherte.
    »Was soll der Scheiß mit der Katze?«, fragte Myklebust und deutete vorwurfsvoll auf das goldbraune Blutbündel.
    »Ich hasse Katzen«, sagte Grimnir, und seine Stimme war ein Krächzen. Beide sprachen immer noch hauptsächlich Englisch, was darauf hindeutete, dass sie ihre Show auch für den Mandel mit aufführten.
    »Du bist so ein beschissener Freak«, sagte Myklebust und ging ein paar Schritte rückwärts in Richtung seines Bassverstärkers. Grimnir folgte ihm und fing an zu summen. Er summte eine Melodie, die der Mandel aus dem Effeff kannte. Es war ein Gitarrenriff. Dam-dam-da-da-da-dam-dam-dam-dam. Die letzten drei Dams waren so etwas wie Triolen, das muss man wissen, wenn man es nachsingen will. Es war die Gitarrenlinie von »In-A-Gadda-Da-Vida« von Iron Butterfly. An dieser Stelle erzählt der Mandel dann meistens, dass »In-A-Gadda-Da-Vida« eigentlich »In The Garden Of Eden« hätte heißen sollen, aber jemand zu betrunken war, den Titel korrekt auf das Demotape zu schreiben. Und so wurde aus der Lautschrift eines Besoffenen der erste Heavy-Metal-Radiohit der Musikgeschichte, sagt der Mandel. Das ist eines seiner zahlreichen musikhistorischen Gustostückchen, mit denen er nach drei Beefeater-Tonics bei den Ungebildeten zu glänzen pflegt, während ich gelangweilt auf mein Telefon schaue, weil ich jede einzelne dieser Geschichten schon hundertmal gehört habe. Aus dem Mund von Grimnir klang »In-A-Gadda-Da-Vida« wie eine Drohung. Bis zu der Woche in Norwegen hat der Mandel das Lied immer gut gefunden. Dam-dam-da-da-da-dam-dam-dam-dam. Myklebust hielt jetzt auch ein Messer in der Hand. Der Mandel hatte so angestrengt auf Grimnir geschaut, dass er nicht mitbekommen hatte, woher Myklebust das Messer hatte. Myklebust stand mit seinem Messer in Position und wartete auf seinen höchstwahrscheinlich verrückt gewordenen Gitarristen, statt weiter vor ihm zurückzuweichen. Dam-dam-da-da-da-dam-dam-dam-dam. Wäre nicht so eine Gewalttätigkeit von der Situation ausgegangen, der Mandel hätte sich gefühlt wie in der Black-Metal-Version von Westside Story , kurz bevor die Musik einsetzt und die Messerstecher anfangen zu singen und zu tanzen. Bevor der Mandel und Neofenrir noch Wetten auf den Kampfausgang hätten

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