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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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abschließen können, war Myklebust nach vorne geschnellt und hatte sein Messer durch die Lederjacke in den Arm von Grimnir gesteckt. Der ließ zuerst sein Messer und dann sich auf den Boden fallen, mit dem Kopf in die tote Katze hinein. Als er sein Gesicht hob, war die Leichenschminke mit Katzenblut verschmiert. Myklebust senkte seinen Messerarm und ging auf Grimnir zu. Grimnir sah ihn durch seine blutige Schminke hindurch an und sagte »Takk«, was »Danke« bedeutet. Er streckte seine Arme nach Myklebust aus, als wollte er ihn umarmen, und Myklebust trat ihm mit seinem Stiefel gegen die Schulter, sodass es Grimnir nach hinten auf den Felsboden warf. Dann sah Myklebust den Mandel und Neofenrir an und sagte: »Gehen wir runter ins Gasthaus. Grimnir soll nachkommen, wenn er wieder nüchtern ist.«
    Sie saßen schon gute zwanzig Minuten im Gardsrestaurant, und nachdem erst niemand etwas gesagt hatte und alle drei still an ihrem Cider nippten, eröffnete Myklebust aus dem Nichts ein Gespräch über Fußball. Er zählte auf, welche Spieler er aus der Bundesliga und aus der deutschen Nationalmannschaft kannte und wie er sie fand. Der Mandel kannte natürlich auch den einen oder anderen norwegischen Spieler und Trainer, und ich frage mich, wie er sich das alles merken kann, den ganzen Kleinkram aus der Musikhistorie und dann noch diese Details aus dem Fußball. Seien Sie ehrlich, könnten Sie auch nur einen norwegischen Fußballer nennen? Oder alle Studioalben von Jethro Tull in der richtigen Reihenfolge mit Jahreszahlen? Nach ungefähr einer Stunde ging die Tür auf, und Grimnir kam herein. Er hatte sich die Leichenschminke und das Katzenblut abgewaschen und seine Lederjacke über den linken Arm gehängt. Sein rechter Unterarm blutete stark, er hatte ihn mit Klopapier aus dem Wohnwagen verbunden.
    »Papa!«, schrie Myklebust nach hinten in die Küche. Auf Norwegisch gab Myklebust seinem Vater Instruktionen, bis der mit einem Verbandskasten erschien.
    »Was hast du denn gemacht, Olaf?«, fragte er Grimnir.
    Grimnir antwortete etwas auf Norwegisch, und Myklebust senior schien es plausibel genug zu sein.
    »Irgendwas riecht hier übrigens nach faulen Eiern«, sagte Myklebust senior, und der Mandel hätte fast gesagt, das ist euer Essen, aber er hat es sich dann doch verkniffen.
    »So riecht der Tod«, sagte Grimnir auf Englisch.
    Papa Myklebust lachte, weil er entweder auf einer Humorwellenlänge mit Grimnir war oder es für einen Insiderwitz hielt, bei dem man vorsichtshalber einfach mal mitlachte. Nach dem Verbinden stellte Myklebust senior eine neue Flasche Cider samt frischem Glas auf den Tisch und verschwand dann wieder in der Küche. Die Fußballdiskussion war sowieso abgerissen, es herrschte seit dem Eintreffen von Grimnir eine angespannte Stille, die einzig und allein dem Mandel nicht unangenehm war. Der Mandel ist einer der wenigen Menschen, die selbst eine angespannte Stimmung in Kauf nehmen, wenn sie sich dafür eine Weile aus der Welt des Gesprächs zurückziehen können.

19: BAALBERITH
    Ich war immer der Meinung gewesen, dass es so etwas wie eine innere Rebellion gibt. Einen rein emotionalen Aufstand quasi. Sich nicht mit dem Status quo abfinden, aber eben nicht äußerlich, sondern innerlich. Wie erkläre ich das am besten? Sehen Sie, ich hatte mit achtzehn auch eine Band. Ich habe sogar zwei Drittel der Songs geschrieben und dazu gesungen. Wir haben viel getrunken, und einmal habe ich meine weiße Mexiko-Strat von einer Bühne hinunter auf den Beton vom Jugendzentrum Burglengenfeld geworfen, weil wir so betrunken waren. Aber in unseren Texten ist es nie um die Politik gegangen so wie bei Rage Against The Machine beispielsweise. Es gab den Wunsch nach Veränderung, aber eher innerlich. Der Gemütszustand sollte sich ändern. Weil wenn jemand ein funktionierendes Gemüt hat, also mit sich selbst im Reinen ist, dann wirkt sich das ja auch positiv auf den Lauf der Dinge aus, da bin ich fest davon überzeugt. Selbst die Ulrike Meinhof hat mal gesagt, dass das Private auch immer politisch ist. Insofern habe ich genauso gekämpft und aufbegehrt. Gegen das ewige Deprimiertsein, gegen Ex-Freundinnen und Liebeskummer oder das Gefühl von Einsamkeit. Gegen die ganzen inneren Dinge, die einen daran hindern, gegen die äußeren Dinge aufzubegehren. Und ich gebe jederzeit zu, dass die Frauen und mein Unvermögen, sie in mein Leben einzuordnen, der Dreh- und Angelpunkt meiner privaten Rebellion waren. Es waren die reinsten

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