Black Monday
vernichten!
»Du hast nachts im Labor gearbeitet«, murmelt Gerard. »Und zwar genau zu der Zeit, als es bei Cougar Probleme mit der Sicherheit gab.«
Um die zweite Mikrobe für das Gemisch zu finden, musste ich meine Suche in der Nähe der Tiefseeschlote auf thermophile Bakterien ausdehnen, die gegen große Hitze resistent sind. Diese Tiefseeschlote stoßen Magma aus, das manchmal über tausend Grad heiß ist. Meine Theorie war, dass Mikroben über die Jahrmillionen hinweg in der Umgebung der Schlote hitzeresistent geworden sein müssen. Bei den Ausbrüchen mussten die Schwächeren eingegangen sein und die Robusteren überlebt haben, so dass die Überlebenschancen sich alle zehn- bis zwanzigtausend Jahre erhöht hatten.
»Wo hast du diese verdammte Bakterie gefunden?«, flucht Gerard. »Wenn wir sie finden, können wir sie vernichten.«
Die ganze nächste Seite ist ein einziges blaues Geschmier, das Papier so aufgeweicht, dass man sich kaum vorstellen kann, dass da einmal etwas Lesbares gestanden hat. Die letzte Seite ist nur zu drei Vierteln gefüllt. Gerard ist dermaßen frustriert, dass ihm die Schläfen vor Kopfschmerzen zu zerspringen drohen. Nur wenige Sätze sind noch zu entziffern.
Ich war völlig überrascht, als die DNA aller drei Mikroben sich kombinierten! Schließlich basiert Tetanus auf Kohlenstoff und der Ölfresser auf Schwefel. Immerhin gibt es in der Natur Beispiele für horizontalen Gentransfer über weite Entfernungen. Die Sporen, die die Mikrobe produzierte, erwiesen sich als erstaunlich hitzeresistent. Das würde die Panspermie-Hypothese beweisen, die besagt, dass Bakterien usprünglich aus dem All gekommen sind. Dass die Urahnen der irdischen Bakterien eine enorme Hitze überstanden haben, als die Meteoriten, auf denen sie lebten, in die Atmosphäre eingetaucht sind. Ich wusste nur, dass ich ein wirksames Mittel zur Schaffung des Friedens gefunden hatte, vor allem weil ich inzwischen auch das Gegenmittel entdeckt hatte.
»Welches Gegenmittel?«, flüstert Gerard.
Die anderen Wissenschaftler drängen sich um ihn, starren auf das Blatt Papier.
»Es ist völlig unleserlich«, stöhnt Agentin Saiko.
Aber auf der nächsten Seite geht es weiter:
Ich habe die Frage mit meinem Chef theoretisch erörtert. Ich habe ihn gefragt, ob ich eine Belohnung bekäme, wenn ich etwas entdecken würde, was Cougar Energy Services Milliarden einbrächte. Aber dieser aufgeblasene Arsch hat mir geantwortet, mein Gehalt sei meine Belohnung! Nach dem ich all die Jahre immer wieder der Dumme war! Ich habe mir geschworen, dass es diesmal anders laufen würde, und beschlossen, meine Entdeckung zu verkaufen. Aber an wen? Und wie sollte ich überhaupt an jemanden herantreten? In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie etwas Illegales getan und …
Die Zeilen lösen sich in undefinierbarem blauen Geschmier auf.
»Mein Gott! Das ist es!«, entfährt es Saiko.
Mit klopfendem Herzen kramt Gerard nach seinem Handy. Schon wieder gibt es kein Netz, so dass er nicht zu Theresa durchkommt. Erst als sie auf das Festivalgelände zurückkehren, findet er endlich eine Stelle, wo es funktioniert.
»Sind Sie sicher, dass Sie dem Brief nicht mehr entnehmen können?«, fragt sie. Bestimmt ist ihre Sekretärin in Hörweite, vermutet Gerard, deshalb das Siezen.
»Vielleicht gelingt es den Forensikern«, antwortet Gerard. Er steht auf der Lichtung vor dem Bungalow, in dem er untergebracht ist, neben den dort geparkten Schneemobilen. Die fünfzig Tage, denkt er, sind fast um. An Kiefern und Dachrinnen hängen Eiszapfen. Zwischen den Bäumen hört er ein Tier schnuppern. Gerards Zehen sind völlig taub, sein Gesicht ist steifgefroren und fühlt sich an wie Pergamentpapier.
Theresa sagt: »Ich rufe den Minister an, dann melde ich mich wieder bei Ihnen. Bleiben Sie, wo Sie sind.«
Der Halbmond leuchtet gelb. Durch ein offenes Fenster hört er die Leute singen. Jemand spielt »Amazing Grace« auf einem Klavier. Mit diesem Lied beendet Chris Van Horne immer den Gottesdienst.
Meine Familie fehlt mir.
Er ruft in der Marion Street an und erreicht Marisa, die schwach und phlegmatisch klingt und ihm sagt, sie hätte eine »leichte Erkältung«, was bedeutet, dass sie ziemlich krank ist, vor allem wenn sie um diese Zeit zu Hause ist und nicht in der Kirche. Sie berichtet Gerard, Les Higueras Quellen bei ABC hätten ihm gesteckt, dass die Gesetze zur Zoneneinteilung aufgehoben werden sollen. Sie nimmt an, dass
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