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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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was von Bedeutung ist, bleibt mehr oben.«
    »Können Sie zu Ihrer Frau nach Hause fahren?«, fragt Gerard.
    »Ja, ja, die sorgen dafür, dass alle nach Hause kommen, kein Problem. Die haben uns für die Heimfahrt allen Sprit der Welt versprochen. Als Bonus geben sie uns sogar noch ein paar Lebensmittel mit. Aber letztendlich bin ich sowieso lieber bei meiner Familie. Ich wollte Ihnen nur noch sagen, Chef, dass Sie mehr getan haben, um diese Bakterie zu bekämpfen, als all die anderen Arschlöcher zusammen. Bis drei stehe ich zu Ihrer Verfügung.«
    »Wir haben immer noch genug Zeit, um eine Lösung zu finden«, sagt Gerard.
    »Ich bleibe an meinem Computer, bis man mich hier rausträgt.«
    Die Namen, denkt Gerard, während der Zug an New Haven vorbei und weiter in Richtung New York fährt. Der Lokführer kündigt einen Schneesturm an, fügt jedoch hinzu, dass er nicht mit wetterbedingten Verspätungen rechnet, bis sie in etwa zweieinhalb Stunden Baltimore erreichen.
    Clayton Cox. Lewis Stokes. Die Namen der Verseuchung.
    Gerard schließt die Augen und versucht, die Geräusche im Waggon auszublenden. Er kommt sich vor wie in einem Zug der Dritten Welt. Der Manager einer Windkraftfirma schreit einen Exxon-Manager an: »Ihr habt dafür gesorgt, dass uns keine Mittel bewilligt wurden!« Die beiden Männer gehen mit Fäusten aufeinander los, bis andere Passagiere sie voneinander trennen.
    Stell dir Cox nicht als Mann vor, denkt Gerard, sondern als Infektion. Wer auch immer Samuelson ermordet hat, ist eine andere Art von Mikrobe. Infektionen tarnen sich. Konzentrieren Sie sich auf die Tarnung, hat Larch immer gesagt. Wenn Sie die Verkleidungen durchschauen, den Schall und Rauch, dann finden Sie das Heilmittel.
    Vor seinem geistigen Auge sieht Gerard, wie Larch mit dem Zeigefinger vor seiner Nase herumfuchtelt.
    »Der Aidsvirus schleicht sich ins menschliche Gehirn, indem er sich von Makrophagen, den Trägern des hluteigenen Immunsystems, huckepack tragen lässt. Streptokokken führen die Immunabwehr des Körpers an der Nase herum, indem sie molekulare Mimikry betreiben. Sie verkleiden sich als körpereigene Proteine, um diese dann heimtückisch zu vernichten.«
    Gerard drückt die Augen fest zu, stellt sich einen Blutkreislauf vor, sieht lauter weiße Blutkörperchen und dazwischen den Virus, der sich in eine falsche weiße Zelle verwandelt und dann in seiner Verkleidung auf die Immunzellen zutreibt.
    Lewis Stokes ist eine Krankheit. Er ist das menschliche Gesicht von Delta-3.
    Kann ich ihn finden, wenn ich mich auf die Verkleidung konzentriere?
    Gerard erinnert sich an ein Dorf namens Thiet im südlichen Sudan, wo er die kleine Annie zum ersten Mal gesehen hat, er erinnert sich an ihre Mutter, eine hochgewachsene, ausgemergelte Frau, die sterbend unter einem Baum lag. Sie litt an Morbus Whipple, einer seltenen Darminfektion. Das Whipple-Bakterium, auch so ein raffinierter Trickser, baut zufällige DNA-Bausteine in den genetischen Code seiner Oberflächenproteine und verändert sein Aussehen. Und dann schlüpft Tropheryma whipplei grinsend am Immunsystem vorbei, von dem es nicht mehr erkannt wird, und hat Toxine im Schlepptau, die auf grausame Weise über Diarrhö, Anämie, Gewichtsverlust und Lungenentzündung zum Tode führen.
    Dr. Larch provoziert ihn: »Sie sind doch intelligenter als eine Bazille, Greg. Oder nicht? Ist eine Bazille etwa intelligenter als Sie?«
    Zumindest fährt der Zug immer noch. Ohne Zwischenfall fährt er in New York in die Penn Station ein, nimmt eine Gruppe Passagiere auf, die sich auf wundersame Weise ordentlich benehmen, und setzt seine Fahrt unter dem Hudson River hindurch in Richtung New Jersey fort. New Yorker kommen mit Anarchie besser zurecht als andere Amerikaner. Die sind daran gewöhnt. Der Himmel wird grau. Gerard entdeckt ein paar Schneeflocken.
    Auf einmal funktioniert kein einziges Handy mehr.
    Als sie an Trenton vorbeifahren, versucht Gerard, Marisa zu erreichen.
    Und noch einmal, nachdem sie Wilmington, Delaware, passiert haben.
    Als sie endlich zweieinhalb nervenzerreißende Stunden nach der Durchsage des Lokführers Baltimore hinter sich gelassen haben, hört er Marisas Stimme am anderen Ende der Leitung. Nur noch eine halbe Stunde bis zur Union Station. Aber inzwischen schneit es heftig, die Schneewehen draußen werden höher, und der Sturm rüttelt derart am Zug, dass sie langsamer fahren müssen.
    »Ich bin bald zu Hause«, sagt er.
    »Ich hab dafür gestimmt, Gordon Dubbs

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