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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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»seine Familie vorzubereiten«, bevor ein Van ihn nach Fort Detrick bringen wird. Seit er aus dem Krisenstab abkommandiert wurde, hat er keinen Anspruch mehr auf einen Wagen mit Fahrer. Die werden jetzt für »wichtigere Leute« gebraucht, hat Hauser ihm erklärt.
    Zum Glück wird die U-Bahn mit elektrischem Strom betrieben, nicht mit Diesel. Und das Schmieröl ist kein natürliches, sondern ein synthetisch hergestelltes Produkt. Während der Fahrt wundert er sich darüber, dass – genauso wie bei Epidemien in Übersee – trotz der Katastrophe das normale Leben weitergeht. Er bemerkt zwei Männer in Anzügen auf dem Weg zur Arbeit. Ein Vater sitzt neben seinem kleinen Sohn, der eine riesige Skelett-Maske trägt. Ach ja, heute ist Halloween, erinnert sich Gerard. Zwei Frauen unterhalten sich gut gelaunt, als wären sie auf dem Weg zu einem Einkaufsbummel. Warum sind sie nicht zu Hause und horten Vorräte?
    ÖLVERSORGUNG UNTERBROCHEN, titelt die hauchdünne Notausgabe der Washington Post. Und: TAUSENDE TOTE BEI FLUGZEUGABSTÜRZEN WELTWEIT.
    Außerdem: NAHER OSTEN: ALLE FAHRZEUGE EINES MILITÄRKONVOIS NACH AUSFALL DER MOTOREN VERNICHTET.
    Auf den Werbeplakaten in der U-Bahn sieht man ein attraktives Pärchen in einem Sportwagen, eine lächelnde Familie, die die Wärme aus ihrer Ölheizung genießt, und Reisende, die winkend ein Flugzeug besteigen. Drei Viertel der Plakate haben etwas mit Öl zu tun. Selbst eine staatliche Einrichtung wie das Energieministerium prahlt in einer Anzeige damit, »alternative Brennstoffe« zu entwickeln, um die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren.
    Damit solltet ihr euch besser beeilen, denkt Gerard.
    Das Rattern des U-Bahn-Waggons auf den Schienen lässt ihn für einen Moment an die Wohnwagensiedlung zurückdenken, wo er als Junge mit seinem Onkel gelebt hat, auf einem Stück Grasland gleich neben einer Bahnlinie. Sein Vater war damals schon tot, in Vietnam gefallen. Seine Mutter hatte sich abgesetzt, und sein Onkel war meist zu betrunken, um den Jungen im Auge zu behalten. Am Abend nachdem Gerard aus der Jugendstrafanstalt entlassen worden war, läutete es an der Tür, und zu Gerards Überraschung stand Dr. Wilbur Larch vor ihm auf der Stufe.
    »Es war gar nicht so einfach, dich zu finden«, sagte Larch. »Du wolltest doch Arzt werden, stimmt's? In meiner Abteilung für Epidemiologie im Center for Disease Control gibt es noch freie Praktikumsplätze.«
    »Epi was?«, fragte er. Und als sie sich dann auf die Stufen setzten und der Amtrak Sunshine Express vorbeifegte, erfuhr Gerard von Larch die Geschichte über die Cholera, die er heute Abend Hauser erzählt hat. Sie handelte vom Ursprung der Epidemiologie. Die Geschichte, von der Gerard glaubt, dass sie jetzt hilfreich sein könnte.
    »Die Cholera – Vibrio Cholerae – war früher einer der größten Schrecken der Menschheit. In verarmten Ländern tötet sie immer noch Tausende. Sie lebt im schmutzigen Trinkwasser, nistet sich in den Eingeweiden der Menschen ein, führt zuerst zu hohem Fieber und Diarrhö und dann sehr schnell zum Tod. Wer davon befallen wird, kann, selbst wenn er robust ist, innerhalb eines Tages an Dehydrierung sterben.«
    Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, so erzählte Larch ihm, habe ein britischer Arzt namens John Snow jedes Mal nur hilflos zusehen können, wenn die Cholera London heimsuchte. Die armen Leute schlossen sich in ihren Häusern ein, um der Verseuchung zu entrinnen. Die Reichen flohen aus der Stadt. Die Leichen wurden zu Tausenden auf Holzkarren in Massengräber geschafft.
    Schließlich brach im August 1854 die Seuche erneut aus, nur einige Blocks von Snows Praxis entfernt.
    Panik ergriff die Stadt. Die Ärzte machten »schlechte Luft« für die Cholera verantwortlich oder bezeichneten sie als »Gottes Strafe«. Mikroben waren noch längst nicht entdeckt, nicht einmal von Bakterien hatten die Ärzte eine Vorstellung.
    »Und dennoch hat Snow herausgefunden, wie die Seuche aufzuhalten ist«, hat Gerard heute Abend im Pentagon erklärt.
    »Er kaufte einen Stadtplan und markierte die Orte, wo die Opfer starben. Ihm fiel auf, dass mehr als fünfhundert Menschen in unmittelbarer Nähe einer einzigen Straßenkreuzung in den Slums gestorben waren: an der Kreuzung Cambridge Street und Broad Street. Als er den Ort aufsuchte, stellte er fest, dass Männer, Frauen und Kinder an einem öffentlichen Brunnen Schlange standen, um Trinkwasser zu pumpen.
    Konnte der Brunnen die Ursache für die Seuche sein?, fragte

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