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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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grinste mir ins Gesicht. »Was ist los – hast du deine Zunge verschluckt?«
    Während er mich weiter anstarrte, sah ich, wie er sich die Lippen leckte und mir seine Zunge zeigte, und ich hätte ihm am liebsten gesagt:
Ja, okay, ich bin ja nicht blöde. Ich hab’s auch beim ersten Mal kapiert: Zunge bedeutet Drohung. Und nein, ich hab auch nicht vergessen, dass ich gehen soll. Danke trotzdem für die Erinnerung, du beschissenes Arschloch.
    »Was gibt’s da zu gucken?«, fragte er mich.
    Ich sah ihn eine Sekunde an – sein Gesicht, seine Augen, seine leicht gebogenen Mundwinkel –, dann gab ich auf und schaute weg. Ich wollte das alles nicht mehr. Ich wollte nicht |339| darüber nachdenken. Ich wollte nicht hier sein.
    Ich seufzte schwer und rappelte mich hoch. »Also gut«, sagte ich an niemand Bestimmten gerichtet. »Ich denke, ich geh dann mal besser...«
    Eric schaute mich an und öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch dann zuckte er zusammen – so ein Zucken, das von einem Stoß unter dem Tisch herrührt –, schloss den Mund wieder und nickte mir nur zu.
    »Bis dann, Boland«, sagte Campbell.
    Ich sah ihn nicht an.
    »Ich bring dich raus, Pete«, sagte Nic und kam auf die Beine.
    »Lass mal, ich –«, begann ich zu sagen, doch sie hatte bereits den Tisch verlassen und war schon halb durch die Küche in Richtung Hintertür. Irgendwas an der Art, wie sie ging, sagte mir:
Halt die Klappe und komm mit.
    Deshalb tat ich es.
    Nic sagte kein Wort, während ich ihr durch die Hintertür nach draußen und dann über den kleinen Weg nach vorn vor das Haus folgte. Sie sah mich auch nicht an, sondern lief nur in eiligem Schweigen den Weg entlang, durch das hintere Tor, über den Hof bis zum Gartentor vorn...
    Die Nachmittagssonne glühte jetzt und schimmerte weiß aus dem strahlend blauen Himmel, die Luft war schwer von zu vielen Gerüchen: Da war die Süße von frisch geschnittenem Gras aus der Nachbarschaft, die Verheißung von Fäulnis und Verfall, dazu glühendes Metall, trockene Erde, brennendes Plastik, angesengter Stoff. Und auch Dunkelheit. Ich roch Dunkelheit. Eine Spur von Dunkelheit im Sonnenlicht.
    Nic war vorn am Tor stehen geblieben und beobachtete mich nachdenklich, während ich herankam und mich neben |340| sie stellte.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie mich.
    Ich lächelte sie an. »Nicht wirklich.«
    Sie warf einen Blick zurück auf das Haus, dann drehte sie sich wieder zu mir um. »Hör zu, Pete«, sagte sie leise, »ich kann jetzt nicht viel reden, aber ich wollte dir nur sagen –«
    »Verdammt, Nic, was ist los?«, entgegnete ich, ihr das Wort abschneidend. »Ich meine, was hat Wes Campbell hier zu suchen, verdammt noch mal?«
    »Er ist nur ein Freund.«
    »Aha?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du verstehst das nicht –«
    »Ich glaub, das will ich auch gar nicht.«
    Für einen Moment starrte sie mich böse an. Offensichtlich war sie wütend über irgendwas, doch was immer es war, sie hatte nicht vor, mir davon zu erzählen. »Hör mal«, sagte sie langsam und versuchte sich wieder zu beruhigen, »wenn du mir nicht zuhören willst, dann lass es eben. Wahrscheinlich findest du es sowieso bald selber raus.«
    »Was finde ich raus?«
    »Es geht um Raymond –«
    »Was ist mit ihm?«
    Sie blickte mich wieder ärgerlich an.
    »Was?«, sagte ich.
    »Halt einfach mal für eine Sekunde die Klappe und hör mir
zu
, okay?«
    »Ich
hör
zu.«
    »Gut, dann hör auf, mich ständig zu unterbrechen.«
    »’tschuldigung.«
    »Also gut«, sagte sie. »Wahrscheinlich ist es ja gar nichts... ich meine, es hat wohl nicht viel zu sagen... ich |341| hätte es dir schon früher erzählt, aber bis vor ein paar Stunden hab ich mich nicht dran erinnert...«
    »Spuck’s einfach aus, Nic«, sagte ich leise.
    Sie nickte und senkte den Blick, ein bisschen verlegen. »Na schön... Erinnerst du dich an den Typen, mit dem ich auf der Kirmes zusammen war? Den von der Krake?«
    »Ja.«
    »Er heißt Luke«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Und er ist ein Stück Scheiße. Das ist eigentlich egal, aber... na ja, du weißt schon.« Sie lachte traurig. »Wir machen alle Fehler.«
    »Klar.«
    »Na ja«, fuhr sie fort, »ich war schon ziemlich fertig, ehe ich auf die Kirmes kam... ich glaube, es lag an dem Shit, den wir geraucht haben, weißt du, das Zeug, das Pauly angeschleppt hat. Ich glaube, es hat irgendwas Komisches in meinem Kopf gemacht... keine Ahnung. Scheiße, ich wusste einfach nicht, was ich tat.

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