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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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entdeckt und mich gefragt hatte, ob Raymond vielleicht dort drinnen sei, wie ich an der Tür geklopft und gerufen hatte und wie ich, als niemand reagierte, versucht hatte, die Klinke zu drücken. Es war ganz simpel. Die Wahrheit. Die simple, ehrliche Wahrheit.
    Doch ich war mir ziemlich sicher, das Barry sie nicht glaubte.
    »Hat dich jemand am Wohnwagen gesehen?«, fragte er.
    »Ich glaub nicht.«
    »Wieso hast du es vorher nicht erwähnt?«
    »Ich hab nicht gedacht, dass es wichtig wär.«
    »Hast du nicht das Blut am Wohnwagen gesehen?«
    »Nein.«
    »Hast du Stellas Kleidung gesehen?«
    »Nein.«
    »Seit wann kennst du Tom Noyce?«
    »Ich kenn ihn nicht.«
    »Was hast du Samstagnacht, als Stella verschwand, auf der Kirmes gemacht?«
    »Nichts.«
    »Wieso hast du auf der Bank in der Nähe der Toiletten gesessen? Hast du auf jemanden gewartet?«
    »Das hab ich Ihnen doch
gesagt
–«
    »Okay«, sagte Mum. »Das reicht.«
    »Was verheimlichst du, Peter?«, fragte Barry leise.
    »Er beantwortet keine weiteren Fragen«, erklärte Mum fest |416| und stand langsam auf. Sie sah mich an. »Komm, Pete. Wir gehen.«
    »Setzen Sie sich bitte, Mrs Boland«, sagte Barry.
    Sie starrte ihn wütend an. »Ist Pete verhaftet?«
    »Nein, aber –«
    »Haben Sie vor, ihn zu verhaften?«
    »Wir versuchen nur herauszufinden –«
    »Haben Sie vor, ihn zu
verhaften

    »Nein«, seufzte Barry.
    »Dann darf er also gehen?«
    »Ja.«
    »Gut«, sagte Mum, wandte sich zu mir um und zerrte mich fast auf die Beine. »Komm schon, wir gehen nach Hause.«

|417| Sechsundzwanzig
    A ls wir dem Weg vom Polizeirevier nach Hause in Dads Wagen saßen, fühlte ich nur noch eine alle Gedanken auslöschende Müdigkeit und den hoffnungslosen Wunsch, die Zeit zurückdrehen und noch einmal von vorn anfangen zu können. Ich wollte wieder an jenem heißen Donnerstagabend auf meinem Bett liegen, während die Sonne allmählich unterging. Ich wollte noch einmal mit Nichtstun beschäftigt sein... ich wollte mir über nichts Gedanken machen, wollte zufrieden sein, überhaupt nichts zu tun. Und wenn das Telefon klingelte und ich Mum von unten rufen hörte –
Pete! Telefon!
–, wollte ich bleiben, wo ich war, einfach nur auf dem Bett liegen, an die Decke starren und mich bloß mit meinen eigenen sinnlosen Gedanken beschäftigen ...
    Ich wollte zulassen, dass ich einfach dablieb.
    Zufrieden, nichts zu tun.
    Ich starrte aus dem Wagenfenster. Wir fuhren jetzt aus der Stadt, Richtung zu Hause, und ich sah, dass Dad außen herum fuhr, also ging ich davon aus, dass noch immer lauter Presseleute und Fernsehreporter auf dem alten Fabrikparkplatz kampierten. Die Sonne ging auf, stieg in einer Explosion von leuchtendem Orange über den bläulichen Horizont, und |418| als ihr unermüdliches Licht durch die Fenster des Wagens strömte, spürte ich bereits das erste leise Versprechen eines weiteren glühend heißen Tages.
    Ich schwitzte im Nacken.
    Es war mir zu lästig, den Schweiß abzuwischen.
    »Gibt es irgendwas Neues über Raymond?«, fragte ich Dad.
    Er sah mich im Rückspiegel an. »Du hast es vielleicht nicht mitbekommen, Pete, aber ich hatte heute Nacht Wichtigeres zu tun, als an Raymond zu denken.« Er schüttelte den Kopf und seine Stimme wurde härter. »Was glaubst du wohl, was wir die ganze Nacht gemacht haben? Meinst du wirklich, wir haben dagesessen und über
Raymond
nachgedacht?«
    »Nein, natürlich nicht –«
    »Ich werde dir sagen, was wir gemacht haben«, fuhr er fort. »Wir haben versucht, nicht in Panik zu geraten, wir haben versucht, uns nicht das Schlimmste auszumalen... wir haben dein Handy angerufen, die Polizei angerufen, deine Schulfreunde angerufen... Verdammt noch mal, Pete, wir waren die ganze Nacht auf den Beinen und haben Todesängste ausgestanden. So war das.«
    »Tut mir leid...«
    »Mach das
nie
wieder. Hast du verstanden?«
    »Ja...«
    »Und wo immer du hingehst«, fügte Mum hinzu, »was immer du tust, lass dein Handy an.«
    »Ja, Entschuldigung.«
    »Verdammt«, seufzte Dad. »Warum kannst du nicht ein Mal im Leben tun, was man dir
sagt

    Ich sah ihn im Rückspiegel an. »Du hast mir doch selbst erzählt, dass man manchmal tun muss, was nötig ist. Was man für richtig hält.«
    |419| »Ja, ich weiß.«
    »Ich tu nur, was ich für richtig halte.«
    Dad seufzte. »Tja, scheint wohl so...«
    »Du hast es
gesagt

    »Ja, ich weiß, aber ich hab nicht gesagt –«
    »Nicht jetzt«, meinte Mum und berührte seinen Arm. »Lass uns erst

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