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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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lächelte. »Heute Nacht«, sagte sie, »solltest du nach Hause gehen. Es ist spät. Es war ein langer Tag für dich.« Sie schaute zu mir hoch. »Und ich denke, dein Freund hier möchte dringend woandershin.«
    Trotz allem merkte ich, wie ich sie anlächelte.
    Sie lächelte zurück, dann stand sie auf und blickte auf Raymond. Einen Moment lang rührte er sich nicht, sondern saß nur da, völlig still, und starrte konzentriert auf die Karten.
    »Raymond?«, sagte die Frau.
    Er schaute zu ihr hoch.
    »Geh nach Hause«, sagte sie freundlich.
    Er wirkte ein bisschen wacklig auf den Beinen, als er aufstand. Und als er um den Tisch ging und mich ansah, war seine Haut sehr blass.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich ihn.
    »Ja«, sagte er lächelnd. »Ja, alles in Ordnung.« Er schaute |117| sich einen Moment im Zelt um, runzelte kurz die Stirn, als wüsste er nicht genau, wo er war, dann wandte er sich wieder zu der Frau um und verbeugte sich vor ihr.
    »Danke«, sagte er.
    Auch sie verbeugte sich. »Ich danke
dir

    Sie sahen sich noch eine Weile an und ich dachte, einer von ihnen würde noch etwas sagen, doch nach ein paar Sekunden wandte sich Raymond einfach ab und ging auf den Ausgang zu. Als ich mich umdrehte, um ihm zu folgen, hörte ich die Frau leise rufen.
    »Warte bitte«, sagte sie.
    Ich dachte, sie meinte Raymond, doch als ich über die Schulter zurückblickte, sah ich sie auf mich zueilen, die Augen auf meine geheftet. Ich schaute mich um und bemerkte, wie Raymond aus dem Zelt verschwand.
    Ich drehte mich schnell wieder der Frau zu. »Ich sollte lieber gehen –«
    Sie legte ihre Hand auf meinen Arm und schaute mir in die Augen. »Kümmer dich um ihn«, flüsterte sie eindringlich. »Ich weiß, du glaubst nicht an diese Dinge, aber bitte... pass auf.« Sie drückte meinen Arm, dann gab sie mir einen kleinen Schubs. »Geh... sei bei deinem Freund. Bring ihn nach Hause.«

    Raymond wartete draußen vor dem Zelt auf mich. Er stand einfach da, ohne jedes Bewusstsein von dem, was um ihn herum los war – die Massen, der Lärm, die Lichter, der Wahnsinn –, und als ich auf ihn zuging, sah ich diesen vertrauten einsamen und verlorenen Blick in seinem Gesicht. Die Ruhe, die Stille, das geheime schwache Zucken seiner Lippen.
    »Hey«, sagte ich zu ihm.
    |118| Er sah mich an.
    Ich lächelte. »Die Toiletten sind gleich da drüben.«
    »Toiletten...«, murmelte er und starrte langsam in die Richtung der Dixi-Klos.
    »Ich weiß nicht, wie es dir geht«, sagte ich. »Aber
ich
muss wirklich dringend.«
    Er sagte nichts, sondern starrte nur weiter in die Ferne.
    Ich nahm seinen Arm. »Komm, lass uns gehen.«

    »Du glaubst doch nicht wirklich an diesen ganzen Kram, oder?«, fragte ich ihn, während wir zu den Toiletten hinübergingen.
    »Das spielt ja wohl keine Rolle...«
    »Was spielt keine Rolle?«
    »Alles.«
    »Ja«, sagte ich, »aber die Zukunft... das ganze komische Zeug über Unendlichkeit und Chancen... ich meine, angeblich soll sie ja Wahrsagerin sein, doch für mich klang es so, als wollte sie sagen, es ist unmöglich, zu wissen, was sein wird.«
    »Das spielt keine Rolle«, wiederholte Raymond.
    Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Ich meine, was soll man schon jemandem sagen, der einem die ganze Zeit erklärt, dass alles keine Rolle spielt?
    »Es ist
okay
«, sagte Raymond plötzlich. »Ich weiß, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Es sind nur Karten. Karten bedeuten nichts.« Er sah mich mit einem erschreckend heiteren Blick an. »Was ich nur nicht weiß, ist: Wo befinden wir uns?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich versteh nicht, was du |119| meinst.«
    »Wo befinden wir uns in der Zeit?«, fragte er. »Begreifst du... wo existieren wir?
Wann
existieren wir? In der Vergangenheit, in der Gegenwart, in der Zukunft? Ich meine, wir leben doch nicht in der Vergangenheit, oder? Und wir leben auch nicht in der Zukunft. Dann bleibt also nur die Gegenwart.« Er grinste jetzt ein bisschen zu wahnsinnig für meinen Geschmack. »Aber wann ist die Gegenwart?«, fragte er. »Wann
ist
jetzt? Wie lange dauert es? Eine Sekunde, eine halbe Sekunde... eine Millionstelsekunde? Du kannst doch nicht bloß für eine Millionstelsekunde leben, oder? Das ergibt keinen Sinn.«
    Nichts von alldem ergab für mich einen Sinn.
    Raymond zuckte plötzlich zusammen und fasste sich an den Bauch.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Ich glaub, mir wird schlecht.«
    Ich schob ihn schnell hinüber zu einem freien Dixi-Klo. »Alles

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