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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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schalten gleich zu ihm rüber, um den aktuellen Stand zu erfahren. Inzwischen können wir, glaube ich, noch mal zurück zu Sheila McCall in Bagdad gehen...«
    Mum drückte die Stummtaste und sah mich an. »Tja«, sagte sie, »sieht so aus, als ob Dad eine Menge Arbeit bekommt.«
    »Ja...«
    »Das wird eine große Sache.«
    »Wenn es wahr ist.«
    »Wie meinst du das?«
    Ich setzte mich hin. »Keine Ahnung, Mum, es kommt mir nur ein bisschen... ich weiß nicht. Ich meine, ich hab Stella gestern Abend auf der Kirmes gesehen. Es waren jede Menge Leute bei ihr. Sogar ein Typ mit einer Kamera.«
    »Und?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es kommt mir einfach ein bisschen komisch vor, das ist alles.«
    »Was ist denn komisch daran? Sie ist ein junges Mädchen, ihre Eltern wissen nicht, wo sie ist –«
    »Ja, aber sie ist Stella Ross, Mum. Sie ist ein Star, sie ist andauernd unterwegs, reist um die ganze Welt... Ihre Eltern wissen wahrscheinlich die
meiste
Zeit nicht, wo sie ist. Und jetzt rufen sie sofort die Polizei, nur weil sie von einer lächerlichen kleinen Kirmes nicht nach Hause gekommen ist?« Ich sah Mum an. »Erscheint dir das nicht ein bisschen merkwürdig?«
    |190| Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht wissen sie ja etwas, das wir nicht wissen.«
    »Ja, vielleicht...«
    Ich schaute auf den Fernseher. Eine Frau mit einem Mikro stand in einer von Trümmern übersäten Straße, redete und deutete mit den Händen umher. Hinter ihr wurden Tote in schwarzen Leichensäcken auf einen Lkw geladen.
    »Hast du Raymond gefunden?«, fragte mich Mum.
    »Nein«, sagte ich und sah sie an. »Er ist immer noch nicht zu Hause.«
    »Hast du mit seinen Eltern gesprochen?«
    Ich nickte. »Es kümmert sie nicht.«
    »Das glaub ich nicht.«
    »Ich weiß es«, sagte ich bitter. »Niemanden kümmert es... nicht bei Raymond. Ich meine, er ist eben nicht
berühmt
, oder? Er sieht nicht gut aus, er hat keine berühmten Eltern, ihn begaffen nicht Millionen traurige alte Männer im Internet ... Warum sollte es also jemanden kümmern, dass er weg ist? Er ist doch nur irgendein komischer Junge, den alle für blöd halten.«
    »Ach komm, Pete«, sagte Mum behutsam. »So ist es doch gar nicht.«
    »Doch, so ist es. Er ist genauso verschwunden wie Stella, stimmt’s? Er ist genauso verletzlich wie sie... ehrlich gesagt ist er sogar viel verletzlicher. Aber über ihn sprechen sie nicht im Fernsehen, oder?« Ich schaute wieder auf den Bildschirm. Sie zeigten ein Foto von Stella. Es war ein Werbefoto – goldene Haarpracht und leuchtende Augen, total tiefer Ausschnitt, ein Superstar-Lächeln. »Siehst du?«, sagte ich zu Mum und deutete auf den Fernseher. »Ich wette, sie würden |191| von Raymond kein Foto in den Nachrichten bringen.«
    Sie warf mir einen irritierten Blick zu und ich wusste, was sie meinte – ja, es
war
albern, was ich sagte, und nein, es ergab
keinen
Sinn –, aber ich glaube, sie verstand trotzdem, was ich auszudrücken versuchte. Ich starrte den Bildschirm an, als sie den Fernseher lauter stellte.
    »... ist die Tochter von Justin Ross und Sophie Hart«, sagte die Nachrichtensprecherin. »Ihren ersten Erfolg feierte sie als quirliger Teenager in einer bekannten und preisgekrönten Werbefilmserie. Seither war sie in Popvideos, Soaps und Hochglanzmagazinen zu sehen...«
    Während die Nachrichtensprecherin über Stellas berühmte Eltern, über ihre abgeschirmte Erziehung und ihr Auftauchen in den Klatschspalten plapperte, flackerten diverse Fotos und T V-Clips über den Bildschirm, die Stella in ihrem ganzen Ruhm präsentierten: wie sie in Videos tanzte, auf Männermagazinen posierte, in Soaps schlecht spielte. Die intimeren Fotos aus dem Internet wurden natürlich nicht gezeigt und genau genommen auch nicht erwähnt. Doch es gab genügend versteckte Andeutungen und unterschwellige Hinweise, um alle Zuschauer in Kenntnis zu setzen.
    Es war echt widerlich. Die Fernsehleute hatten nichts zu berichten. Es gab keine Information. Keine Fakten. Keine
Nachrichten
, sondern nur Gelaber, Klatsch und Spekulation, und mit alldem füllten sie ihre Sendezeit. Es war, als würde man eine makabre Unterhaltungsshow angucken.
    »Schau mal«, sagte Mum und zeigte auf den Bildschirm. »Ist das nicht Nicole?«
    Die Nachrichtensprecherin redete jetzt über einen Filmclip und erklärte, dass es sich dabei um exklusives Videomaterial |192| handele, das am Samstagabend auf der Kirmes in St Leonard’s gedreht worden sei. Der Clip war nicht sehr lang,

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