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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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angerührt, während du da warst?«
    »Ja, das Tor. Ich hab das Tor geöffnet. Aber ich hab den Ellenbogen benutzt.«
    »Hast du sonst noch etwas angefasst?«
    »Nein... mir war schlecht, bevor ich durchs Tor ging.«
    »Schlecht?«
    »Ich hab mich übergeben.«
    »Richtig... aber als du dann durch das Tor durch warst, hast du nichts berührt oder bewegt?«
    »Nein.«
    »Okay.« Er wandte sich wieder an Gallagher und streckte seine Hand aus. Gallagher fasste nach unten in die Tasche und brachte zwei weitere Asservatenbeutel zum Vorschein, |305| diesmal kleinere. Er reichte sie Barry und nahm den Rucksack vom Tisch. Barry legte die beiden Klarsichtbeutel vor mich hin. »Für den Bandmitschnitt«, wiederholte er. »Ich zeige dem Zeugen jetzt zwei Objekte, die aus einem kürzlich aufgefundenen Kleidungsstück sichergestellt wurden, von dem anzunehmen ist, dass es Stella Ross gehört.« Er sah mich an. »Hast du eines dieser Objekte schon mal gesehen, Peter?«
    Ich betrachtete bereits einen der beiden Gegenstände, die vor mir lagen. Ehrlich gesagt war es mehr als ein Betrachten, ich war regelrecht gebannt. Es handelte sich um einen Kiesel – einen glänzenden schwarzen Kiesel. Rund und flach, ungefähr so groß wie eine Zwei-Pfund-Münze, ein Kiesel, der sich perfekt dazu eignete, ihn über eine Wasseroberfläche springen zu lassen. Es war ein wunderschönes Stück – glatt und eben, glänzend und schwarz –, doch das Erstaunlichste und der Grund, weshalb ich den Blick nicht mehr von ihm wenden konnte, war die merkwürdige kleine Zeichnung, die mit wenigen Striche akribisch in seine Oberfläche geritzt war. Es war die Zeichnung eines Kaninchens. Gerade weil sie so simpel war, verlieh die Zeichnung dem an sich schon perfekten Stein irgendwie eine weitere Dimension, eine zusätzliche Schönheit, und obwohl ich Raymond nie ein Bild in die Oberfläche eines Kiesels hatte ritzen sehen, wusste ich einfach, dass das etwas war, was er tun würde. Einen Kiesel finden, ihn sauber machen, ein kleines Bild einritzen...
    Schwer schluckend wandte ich mich dem zweiten Gegenstand zu.
    Er fesselte mich längst nicht so wie der Kiesel – es handelte sich um ein kurzes Stück feiner Goldglieder, die Goldglieder einer Halskette. Einer gerissenen Halskette. Es gab nichts |306| Unverwechselbares an diesem Gegenstand – kein Amulett, keine Gravur –, trotzdem wirkte er vage vertraut. Ich hatte keine Ahnung, wieso. Es war einfach etwas an ihm, irgendwas, das mich an etwas erinnerte...
    »Und?«, fragte Barry.
    »Was?«, sagte ich leise und starrte wieder auf den Kiesel.
    »Hast du sie schon mal gesehen?«
    »Nein...«
    »Bist du sicher?«
    Ich nickte. »Was sind das für Sachen?«
    »Sie wurden in dem Kleingeldfach der vorderen Tasche von Stellas Jeansshorts gefunden. Bist du dir absolut sicher, dass du diese Dinge noch nie gesehen hast?«
    »Ich hab sie noch nie gesehen.«
    »Warst du jemals in Raymonds Zimmer?«
    Ich sah zu ihm auf. »Wieso?«
    »In seinem Zimmer, Raymonds Zimmer. Bist du da jemals gewesen?«
    »Wieso?«
    »Beantworte einfach meine Frage, Peter.«
    »Ja, schon... klar war ich in seinem Zimmer. In letzter Zeit allerdings nicht...«
    »Wann war das letzte Mal?«
    »Keine Ahnung... das ist Jahre her, als wir noch kleine Kinder waren.«
    »Wie klein?«
    Ich zuckte die Schultern. »Sechs, sieben Jahre alt... irgendwas in der Richtung. Raymonds Eltern fingen zu der Zeit an, ein bisschen komisch zu werden... sie wollten nicht, dass Leute zu ihnen nach Hause kamen. Deshalb waren wir seither, wenn ich zu Raymond ging, immer im Garten.« Ich warf wieder |307| einen Blick auf den Kiesel, dann schaute ich zu Barry hoch. »Was soll das Ganze?«
    »Dieser Kiesel«, antwortete er und tippte dabei auf den Plastikbeutel, »ähnelt sehr stark einer Reihe anderer Kiesel, die wir in Raymonds Zimmer gefunden haben. Gleiche Farbe, gleiche Größe, gleiche Zeichnung.« Er sah mich an. »Außerdem sind Raymonds Fingerabdrücke drauf.«

    Danach fand ich es schwer, mich weiter zu konzentrieren. Barry sagte nichts mehr zu dem Kiesel oder der Kette, sondern fing wieder an, mich über Samstagabend auszufragen, und ich erzählte ihm, was er wissen wollte... doch ich war nur halb bei der Sache. Die eine Hälfte von mir öffnete einfach den Mund und ließ die Wörter heraus –
ich hab dies gemacht, wir haben das gemacht, keine Ahnung, ja, ich glaube schon
–, während die andere Hälfte, die innere Hälfte, über Raymonds Kiesel nachdachte. Warum

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