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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Freund. Du kannst ihn durchlassen.
    Big Tony nahm seine Hand weg und trat zur Seite.
    Hey, Pete!
, rief Stella.
Pete
stimmt
doch, oder? Pete Boland?
    Ich sah mich auf Stella und Raymond zugehen. Die Kamera folgte mir. Als ich vor ihnen stehen blieb, fuhr sie ein Stück zurück und jetzt waren wir alle drei im Bild. Stella, den Arm um Raymonds Schulter gelegt, Raymond, der mich anlächelte ...
    Tut mir leid, Pete, das eben
, sagte Stella und nickte in Richtung des Bodyguards.
Ich wusste nicht, dass du es bist.
Sie warf die perfekten blonden Haare zurück und lächelte mich wieder an.
Wie geht’s dir überhaupt? Siehst
toll
aus. Gott, ich hab dich seit –
    Raymond?
, sagte ich und schaute ihm in die Augen.
Ist alles in Ordnung?
    Er nickte.
    Komm
, erklärte ich ihm.
Lass uns von hier verschwinden.
    Moment mal
, sagte Stella zu mir,
was bildest du dir eigentlich ein?
    Ich sah sie bloß an.
    Sie warf Raymond einen Blick zu, drückte ihn, dann schaute sie zu mir zurück.
Ray ist heute Nacht mit mir zusammen
, sagte sie lächelnd.
Ich zeig ihm, wie man Spaß haben kann. Komm doch mit, wenn du willst.
    Nein, danke.
    Raymond fühlte sich jetzt langsam unwohl. Ich erkannte die wachsende Furcht in seinen Augen, die Angst, die Verwirrung. Es war fast so, als ob er erst jetzt, in diesem Moment kapiert hätte, wo er war und was er tat.
Komm, Raymond
, sagte ich leise.
Ich kauf dir einen Hotdog.
    |296| Er schaute schnell zu Stella, dann löste er sich von ihr. Sie drückte seine Schulter fester und zog ihn zurück.
    Was ist los?
, fragte sie mit einem Schmollmund.
Magst du mich nicht mehr?
    Er grinste sie verlegen an.
    Sie lächelte mir zu.
    In diesem Moment hatte ich einen Blick auf die Typen mit der Kamera und dem Mikro geworfen und jetzt hier so zu sitzen und mir dabei zuzusehen, war ziemlich verstörend. Während meine Augen für einen Sekundenbruchteil direkt in die Kamera blickten, beobachtete ich mich, wie ich mich selbst beobachtete. Der Pete Boland von der Kirmes; der Pete Boland aus dem Befragungsraum. Etwas Weißes. Damals und jetzt. Etwas Trauriges. Miteinander verbunden. Innerhalb und außerhalb der Zeit...
    Und plötzlich hörte ich Raymonds Stimme in meinem Kopf.
Ich meine, wir leben doch nicht in der Vergangenheit, oder? Und wir leben auch nicht in der Zukunft. Dann bleibt also nur die Gegenwart. Aber wann ist die Gegenwart? Wann
ist
jetzt? Wie lange dauert es? Eine Sekunde, eine halbe Sekunde
...
eine Millionstelsekunde? Du kannst doch nicht bloß für eine Millionstelsekunde leben, oder? Das ergibt keinen Sinn.
    Nichts von alldem ergab für mich einen Sinn.
    Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm und sah, wie ich auf Stella zutrat und direkt vor ihr stehen blieb. Ich blickte sie für einen Moment an, dann beugte ich mich vor und sprach ihr leise ins Ohr, damit niemand hören konnte, was ich sagte.
    Und niemand hörte es.
    »Stell lauter, Terry«, forderte Kommissar Barry Gallagher |297| auf und beugte sich zum Bildschirm vor, als Stella zurückflüsterte.
    Gallagher drückte den Lautstärkeregler, doch sie hatte bereits aufgehört zu flüstern und wir standen beide bloß da – Stella, die mich kalt anlächelte, während ich sie einfach nur anguckte. Als ich beobachtete, wie wir uns beide beobachteten – im Knistern des voll aufgedrehten Schweigens –, sah ich noch einmal die spöttische Leere in Stellas freudlosen Augen. Es war der Blick eines Mädchens, das ernsthaft glaubte, sie sei das einzig Interessante auf dieser Welt.
    Nach ein, zwei Sekunden begann die Bildschirm-Stella wieder zu sprechen und ihre Stimme dröhnte aus den Lautsprechern.
    DU WIRST DIR NOCH WÜNSCHEN, DASS DU DAS NICHT GETAN HÄTTEST.
    MEINST DU?
    DU HAST JA KEINE AHNUNG
...
    Gallagher drückte wieder den Lautstärkeregler, um den Ton leiser zu stellen, doch er musste den falschen Knopf oder so erwischt haben, denn mit einem Schlag begannen die Lautsprecher im Befragungsraum zu knistern und einen Moment lang klang die Tonspur merkwürdig verzerrt. Der Hintergrundlärm des Kirmesplatzes wurde lauter und dumpfer, es wummerte dunkel wie Unterwasserexplosionen und das brabbelnde Geschnatter der Menschenmenge schien mal lauter, mal leiser zu werden wie eine Art unheimlicher Albtraum-Chor. Ich schaute in Trance zu, wie der Bildschirm flimmerte, das Bild verschwand und die Helligkeit sich eintrübte... und dann knisterten die Lautsprecher noch einmal heftig – ein Geräusch wie ein gewaltiges Bersten – und

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