Black Rain: Thriller (German Edition)
sah sich um. Auf der Lichtung war es ruhig, in der Ferne brannten die kleinen Feuer.
»Wer hat gewonnen?«, fragte Hawker.
Sie rieb sich den Nacken. »Das weiß ich nicht. Aber dann griffen die Zipacna an, und ich … ich …« Ihre Stimme verlor sich. Sie fragte sich, ob ihr Traum bedeutete, dass sie die anderen getötet hatte, ob ihre Unfähigkeit, zu sprechen und sie zu warnen, dafür stand, dass sie alle unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hierhergeführt hatte. Sie suchte die Lichtung nach Bewegung ab – nach irgendetwas, das nicht stimmte. Die absolute Ruhe verblüffte sie.
»Es war nur ein Traum«, sagte sie schließlich, als wäre sie sich dessen zum ersten Mal sicher.
Hawker lächelte sie an und sah ihr dabei lange genug in die Augen, um sie nervös zu machen. »Vielleicht«, sagte er schließlich und wandte den Blick ab.
Danielle studierte sein Gesicht. Sie erkannte das Lächeln jetzt wieder. Es war das gleiche durchtriebene Grinsen, das sie schon in Manaus an ihm gesehen hatte.
»Was verheimlichst du?«
Er nickte in Richtung Himmel, und sie folgte seinem Blick. Der Vollmond schien wie ein Leuchtturm, hell genug, um Schatten auf die Erde zu werfen, etwas, das sie in der Großstadt mit ihrer Beleuchtung nie sah. Sie betrachtete ihn, wie sie es als Kind getan hatte, als ihr Vater ein Teleskop nach Hause gebracht hatte und ihr Interesse an Wissenschaft zum ersten Mal erwacht war. Sie versuchte, sich an die Namen der Krater und Meere zu erinnern, suchte nach dem Mare Tranquilitatis, wo Menschen zum ersten Mal einen Fuß auf einen fremden Himmelskörper gesetzt hatten.
Es war ein beruhigender Anblick, aber keiner, der sie im Moment sonderlich interessierte, jedenfalls nicht, bis sie aufhörte, sich auf die Mondoberfläche zu konzentrieren. Plötzlich sah sie, was Hawker ihr hatte zeigen wollen: ein milchig weißer Hof umgab den Mond.
»In Marejo nennen sie ihn Lua de Agua «, sagte Hawker. »Den Wassermond. Das Mondlicht wird durch die Feuchtigkeit in der Luft gestreut. Es bedeutet, dass es bald regnet.«
Plötzliche Hoffnung durchzuckte sie, begleitet von der Furcht, es könnte eine trügerische Hoffnung sein.
»Der Wind hat ebenfalls gedreht«, sagte Hawker. »Er kommt jetzt aus Norden, von der Karibik herunter. Man kann die Feuchtigkeit auf der Haut spüren.«
Sie fühlte sie tatsächlich. Die Luft war weich, von dieser allgegenwärtigen Feuchtigkeit gesättigt, die normalerweise in den Tropen herrscht und die sie seit ihrem Aufbruch von Manaus sonderbarerweise vermisst hatten.
»Der Regen kommt«, sagte Hawker, »vielleicht morgen, vielleicht am Tag danach, aber er kommt.«
Danielle hob den Blick wieder zum Himmel, zu dem geisterhaften Mond. Zum ersten Mal, seit der Wahnsinn ausgebrochen war, glaubte sie, sie könnten tatsächlich überleben.
Achtundvierzigstes Kapitel
Die erste Hälfte der Nacht verlief ruhig, vielleicht wegen der Feuer oder der Zahl der in der Nacht zuvor verwundeten Tiere. Später jedoch begannen die Zipacna, wieder um die Lichtung zu streifen. Sie lösten mindestens zehnmal den Alarm aus, was stets mit einer kurzen Salve beantwortete wurde, aber nur zweimal versuchte ein Tier, auf die Lichtung vorzudringen. Beide Vorstöße kamen nicht sehr weit.
Hawker tötete beide Kreaturen mit Schüssen aus dem Scharfschützengewehr. Der erste Zipacna fiel einfach um und blieb reglos liegen, während der zweite in Stücke gerissen wurde wie eine Tontaube beim Skeetschießen. Kurz darauf gab es im Wald eine Explosion, als eins der Tiere versuchte, sich die Leiche zu holen, die sie mit Sprengstoff präpariert hatten.
Danach wurden die Tiere vorsichtiger, blieben tiefer zwischen den Bäumen, weg von dem flackernden Feuerschein und dem durchdringenden roten Laserstrahl. Als der Morgen anbrach, waren sie verschwunden, und das NRI-Team machte sich wieder an die Arbeit.
Sie begannen, Waffen und Munition auf die Spitze des Tempels zu schaffen, zu dem Punkt, den sie bis zuletzt verteidigen würden.
Der Plan war einfach: Die Zipacna fernhalten, bis der Regen kam. Auf dem Dach des Tempels hatten sie eine erhöhte Position mit einem erstklassigen Blickfeld inne. Die Zipacna würden buchstäblich die Zitadelle erstürmen müssen, um wieder hineinzukommen.
Ursprünglich nahmen sie an, ein Angriff könnte aus allen Richtungen kommen, aber als McCarter die Seiten des Tempels untersuchte, dankte er der Handwerkskunst der Maya. Die drei Seiten ohne Treppe waren steil, ein Winkel von
Weitere Kostenlose Bücher