Black Rose
verbracht
hatte! Man brauchte kein Gesetzbuch, um zu wissen, dass so etwas nicht richtig
war.
Franklin war der Einzige, der nicht im mindesten besorgt
wirkte. Als wäre er der Verteidiger und nicht der Ankläger, stand er neben der
Geschworenenbank, legte eine Hand aufs Geländer und musterte die Zeugin mit
einem mitfühlenden Blick.
»Sie geben zu, dass sich Morrison an Bord der Black Rose befand, als Sie Palermo verließen und mit der Rundfahrt um Sizilien herum
begannen?«
Danielle hatte die Freundlichkeit in seiner Stimme nicht
erwartet. Verwirrt sah sie ihn an. »Ja«, erwiderte sie vorsichtig.
»Sie geben zu, dass er sich am Abend der Schießerei dort
befand, an dem Abend, an dem Sie, wie Sie sagen, Ihren Mann erschossen haben?«
»Ja.«
»Sie geben zu, dass Morrison ins Meer fiel, als Sie die
Waffe abfeuerten?«
»Sprang«, korrigierte sie ihn. Sie war inzwischen
überzeugt, dass er versuchte, sie mit vorgetäuschtem Mitgefühl aus dem Konzept zu
bringen. »Sprang«, wiederholte sie mit einem dünnen Lächeln.
»Sagen wir, er landete im Meer«, entgegnete Franklin nun
etwas strenger. »Aber Sie bleiben dabei, nicht ihn, sondern Ihren Mann erschossen
zu haben?«
»Das ist richtig. Genau das habe ich getan.«
Franklin drehte das Kinn etwas mehr zur Seite, um sie noch besser
sehen zu können. »Und das beschwören Sie unter Eid? Beschwören Sie, dass Sie
auf Ihren Ehemann Nelson St. James geschossen und ihn getötet haben?«
»Ja!«
Franklin starrte auf den Fußboden. Nach einer ganzen Weile erst
hob er den Kopf, und wieder war in seinen Augen ein Anflug von Mitgefühl zu
sehen.
»Was bedeutet, dass Ihr Mann am Leben war, dass er sich all
diese Monate auf der Black Rose befand …«
Ihr war nicht klar, weshalb er diese einfache Tatsache
nicht begreifen konnte. »Ja, das versuche ich Ihnen doch die ganze Zeit zu erzählen!
Nelson war am Leben!«
In einer Geste der Hilflosigkeit drehte Franklin die
Handflächen nach oben. »Und doch hat der Kapitän der Black Rose, Mustafa
Nastasis, davon kein Wort gesagt, nie auch nur angedeutet, dass … Tatsächlich –
ja, jetzt habe ich es! Bei diesem vorigen Prozess gegen Sie – Sie erinnern
sich! – war er auch schon Zeuge. Er sagte, er habe einen Streit mit angehört,
einen Schuss, und habe Sie mit einer Waffe in der Hand und überall Blut
vorgefunden – wessen Blut war das, Mrs. St. James? Erinnern Sie sich an die Beweise in dem Prozess,
diesem Mordprozess gegen Sie – die DNA-Analyse, die jeden Zweifel daran
beseitigte, dass das Blut das Ihres Mannes Nelson St. James war, desselben
Mannes, von dem Sie uns jetzt sagen, er sei ein zweites Mal gestorben?«
Danielles Oberkörper schnellte nach vorn. »Ja, aber das war
alles gelogen! Alles an diesem Prozess war Betrug!«
»Betrug! Wirklich? Sie haben aber unter Eid ausgesagt, Mr. St.
James sei tot, und nicht, Sie hätten ihn getötet, sondern er sich selbst. Hier
– lassen Sie mich Ihnen noch einmal vorlesen, was Sie gesagt haben.«
Franklin nahm das umfangreiche Prozessprotokoll, das er
nach dem Lunch mitgebracht hatte, und begann die Seiten durchzublättern. »Ja,
hier haben wir es.« Er blickte hoch und starrte Danielle hart an. »Es ist Ihr
Anwalt, Andrew Morrison, der die Fragen stellt:
Frage: ›Mrs. St. James, haben Sie Ihren Ehemann,
Nelson St. James, getötet oder nicht?‹
Antwort: ›Nein, ich habe Nelson nicht getötet. Er hat sich
selbst umgebracht. Aber es ist meine Schuld: Er hätte es nicht getan, wenn ich
nicht gewesen wäre.‹
Frage: ›Sie sagen hier unter Eid aus, dass Sie Nelson St.
James nicht getötet, dass Sie ihn mit dieser Waffe nicht erschossen haben – ist
das richtig? Sie sagen aus, Ihr Mann habe Selbstmord begangen?‹
Antwort: ›Ja, aber er hätte es nicht getan, wenn ich nicht
gesagt hätte, was ich sagte!‹
Frage: ›Was haben Sie denn gesagt?‹
Antwort: ›Er sagte mir, er werde es tun, und ich entgegnete
ihm:‹ Na los, dann tu’s doch! ›Ich sagte ihm:‹ Na los, bring dich um, mir ist
es egal. ›Er mag zwar abgedrückt haben, Mr. Morrison, aber ich bin
verantwortlich dafür. Wenn Sie mich also fragen, ob ich ihn umgebracht habe, so
lautet die ehrliche Antwort wohl ja.‹«
Franklin ließ das Prozessprotokoll in der Hand baumeln. »Die
ehrliche Antwort!« Mit einem vorwurfsvollen Lächeln schüttelte er den Kopf und
blätterte zu einer Stelle mehrere Seiten weiter.
»Hier nun, was Ihrer Aussage nach in der Nacht geschah, in der
Nelson St. James
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