Black Rose
stimmt das, Mr. Wiley?«
»Doch, das stimmt: Er änderte sein Testament.«
Morrison fixierte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Und
wie viel hat Mrs. St. James jetzt als Erbin zu erwarten, Mr. Wiley?«
»Nichts – er wollte sich gerade von ihr scheiden lassen, er
wollte …«
»Ihr geben, was dem Ehevertrag zufolge für sie vorgesehen
war. Ja, ich verstehe. Aber selbst das bekommt sie jetzt nicht, oder, Mr. Wiley?«
»Nein.«
»Und warum nicht, Mr. Wiley? Sagen Sie den
Geschworenen, weshalb die Frau, die ihren Mann angeblich wegen seines Geldes ermordet
hat, von seinem Tod überhaupt nicht profitiert.«
Rufus Wiley schluckte hart. »Er starb, bevor er sich hatte
scheiden lassen können.«
»Und deswegen bekommt sie gar nichts, nicht wahr? Sie
bekommt nicht das Haus in den Hamptons und auch nicht die Million Dollar im
Jahr.« Morrison schüttelte den Kopf. »Davon haben Sie noch nie jemandem etwas
erzählt, nicht wahr? Von der Tatsache, dass Nelson St. James sein Testament
geändert hatte, dass Danielle St. James keinen Cent erhalten würde,
dass – wenn sie es wirklich auf sein Geld abgesehen hätte – ihr letzter Wunsch Nelson
St. James’ Tod gewesen wäre!«
»Ich war Mr. St. James’ Anwalt. Was ich im Einzelnen
für ihn erledigte, war seine Privatangelegenheit.« Ein zynisches Lächeln umspielte
Wileys schmalen Mund. »Ich bezweifle auch, dass er es irgendjemandem erzählt
hat. Sie wusste also gar nicht, dass sie aus dem Testament gestrichen worden
war, oder?«
»In dem Moment, in dem Sie den Zeugenstand betraten, war klar
zu erkennen, dass Sie Danielle St. James nicht mögen. Natürlich hat er es ihr
gesagt, Mr. Wiley! Woher hätte ich es wissen sollen, wenn nicht von ihr?«
Mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel trat Morrison an
den Anwaltstisch und zog seinen Stuhl vor. »Noch eine Frage, Mr. Wiley: Als
Sie ihn damals zum letzten Mal sprachen, als er Sie bat, die
Scheidungsunterlagen fertig zu machen, klang er da wie ein Mann, der
allerbester Stimmung war, oder klang er vielleicht ein wenig deprimiert?«
»Nun, die ganze Situation war für ihn ziemlich belastend …«
»Sie war in der Tat recht belastend, denn ihm stand nicht
nur bevor, seine Frau zu verlieren, sondern auch noch alles andere, nicht wahr?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was Sie meinen.«
»Er war soeben von der Anklagejury eines Bundesgerichts
angeklagt worden, Mr. Wiley! Er sah sich mit Anklagen konfrontiert, die
ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis gebracht hätten! Das würde jeden
deprimieren, oder etwa nicht?«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass er sich Sorgen machte …«
Morrison ließ ihn nicht ausreden. »Da stand er nun«, sagte
er an die Geschworenen gewandt, »allein draußen auf dem riesigen Ozean, ein
Mann in den Sechzigern, der wenige Jahre zuvor eine schöne, wesentlich jüngere
Frau geheiratet hatte und dem jetzt drohte nicht nur sie zu verlieren, sondern
auch sein Geld, seinen guten Ruf und seine Freiheit. Da kann man sich schon
fragen, ob ein Mann in dieser Lage sich nicht vielleicht entschließt, seinem Leben
ein Ende zu setzen …«
13
Rufus Wiley hatte für die Verteidigung mehr
getan als jeder Zeuge, den Morrison hätte aufrufen können. Der Ehevertrag, den
Franklin als entscheidend für die Anklage gehalten hatte, ein Beleg dafür, was Danielle
bei einer Scheidung alles verloren hätte, bewies stattdessen vielmehr, was sie
gewonnen hätte. Bei der Ermordung von Nelson St. James ging angeblich alles um Geld,
doch wäre dem so gewesen, wäre das Schlimmste, was Danielle St. James hätte
passieren können, der Tod ihres Mannes gewesen. Statt ein Mordmotiv zu liefern,
war Nelson St. James’ Geld plötzlich zu Danielles bester Verteidigung geworden.
Die Staatsanwaltschaft konnte kein Tatmotiv nachweisen, und
ohne Tatmotiv konnte sie ihre Anklage nicht begründen. Es stimmte zwar, dass
sich auf der Waffe Danielles Fingerabdrücke befunden hatten, aber die von
Nelson St. James befanden sich ebenfalls darauf. Die Beweise sprachen ebenso
sehr für Selbstmord wie für Mord, und Morrison hatte den Zeugen der Anklage zu
dem Eingeständnis gezwungen, dass St. James unter Depressionen gelitten hatte.
Was immer Morrisons Verteidigungskünste ausmachte, so verstand er jedoch auch
zu warten. Er hatte mit keinem Wort die Schwierigkeiten erwähnt, in denen sich
St. James befand, bis er dem letzten Zeugen der Anklage die letzte Frage stellen
konnte.
Morrison selbst hatte keine
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